Martin: "trifft das nicht auch auf Deine Beiträge zu?"
Das solltest du vielleicht einen Dritten fragen. Aber selbst wenn, gibt es noch zwei gewaltige Unterschiede:
1. schreibe ich Argumentationen, die nicht den Anspruch darauf haben, die objektive Wahrheit zu sein (im Gegensatz zu den Tatsachenbehauptungen des Autors)
2. Würde ich meine Beiträge nicht als Artikel in eine von hunderttausenden gelesene Zeitung setzen, sondern allenfalls als Leserbrief.
"das Problem der Kinderarbeit ist aber immer das, dass ein Kind, auch wenn es nur auf dem schönen Acker arbeitet, in der Zeit nicht in seine Weiterbildung investieren kann. "
Das ist wahr.
"Zu den Ländern: Wo hast Du denn das her (Meinung oder Wahrheit)?"
Der Mechanismus ist der gleiche wie in Europa Die Firmen ziehen dahin, wo sie am billigsten produzieren können. Hier in Europa bedeutet das, dass Autofertigungen und Handy-Werke in Deutschalnd schließen und in Rumänien wiedereröffnen, weil die Lohnkosten ddort niedriger sind. In Südostasien bedeutet das, dass die Fabriken in z.b. Laos ihre Aufträge verlieren, weil die Besitzer in z.b. Bangladesh ein billigeres Angebot gemacht haben.
Das ist ein völlig natürlicher Vorgang in der globalisierten Marktwirtschaft.
"Ist das Ziel der Schulbuchschreiber, Schüler kompetent für den Alltag vorzubereiten, oder ihnen eine etwas einseitig politisch motivierte Distanz zum Alltag zu vermitteln? "
Das Ziel der Schulbuchschreiber ist es, Geld zu verdienen.
Frank: "Ich habe einmal bei der Kartoffelernte mitgemacht. Das hat mir gereich für´s Leben. MfG Frank"
Daran zweifle ich nicht. Ist beides keine schöne Arbeit.
FW:
Das Buch verwendet Neoliberalismus nicht als Schlagwort oder Propaganda. Nur weil etwas neoliberal genannt wird, bedeutet das nicht die Übernahme linker Parolen.
Wikipedia zeigt dir eine andere Verwendung des Begriffes neoliberal.
Wie auch immer, den entscheidenden Punkt hast du unterschlagen: Es wird nicht (zumindest nicht in erster Linie) selbst über diese Richtungen geurteilt oder interpretiert, sondern stattdessen die Originaltexte der Autoren (bzw. der deutschen Ausgaben der Bücher) eingestellt.
So finden sich in dem Buch Texte sowohl Keynes' als auch Friedmans.
Damit bleibe ich dabei, dass dies das zweite Gegenbeispiel gegen die These des Autors ist.
"Frank:
"Ich habe einmal bei der Kartoffelernte mitgemacht. Das hat mir gereich für´s Leben. MfG Frank"
Daran zweifle ich nicht. Ist beides keine schöne Arbeit. "
Die eine unschöne Arbeit ist also die Kartoffelernte - ist die andere das Leben an sich? Die Meinung kann ich nicht teilen.
Oder bezieht sie sich aufs Schulbuch-Schreiben?
Zu meiner Schulzeit wurden Schulbücher geschrieben mit der Intention, die Vorgaben des Kulturminimums bezüglich curricularer Lehrpläne umzusetzen, tunlichst besser als es die Kollegen im letzten oder vorletzten Jahr getan haben, denn sonst hätten sich die Bücher nicht verkauft. Und so richtig wohlhabend ist vom Schulbuch-Schreiben keiner geworden, da war das eigene Ego wohl viel eher der Antrieb dazu.
Flecki5 schrieb am 17.04.2008 03:17
Interessant die Beispieltexte und seine Beschreibung dessen, was ein Schüler, der Meinung unseres jungen Freundes nach, da herauslesen mag. Das was er dort interpretiert, könnte ein 9- oder 10-Klässler aber nur herauslesen, wenn er von Natur aus linkslastig interpretieren würde. Die Themen für einen Schüler sind ja neu, entsprechend wenig Material hat er, um es in die Texte zu projizieren.
Der Schüler soll überhaupt nicht interpretieren sondern nur eines: lernen. Dass die Themen links-, rechts-, oder sonswie lastig sind merkt er ja nicht, für ihn sind Schulbuchtexte zu lernende Wahrheit. Deshalb wird der Schüler mit dem Gelernten nie auf die Idee kommen, dass der grundsätzliche Ansatz, dass Marktöffnung gefährlich und wirtschaftspolitisch falsch ist, hingegen staatliche Regulierung richtig und gut, links ist. Er wird diesen Ansatz für wirtschafts- und sozialpolitisch korrekt ansehen.
ich habe mir nochmal die Passage mit den Kaffeepreisen angesehen. Was dort zwischen den Anführungsstrichen steht, ist, für sich gelesen, doch nur eine Beschreibung der Wirklichkeit. Nur was drumherum steht, ist eine Bewertung des Artikelautors, der ja auch selbst vom "Tenor dieser Passage" redet. Wo hat er denn diesen Tenor herbekommen? Aus dem bereits festgefügten Weltbild eines 9.- oder 10.-Klässlers? Doch wohl eher von der Stiftung, die ihn bezahlt.
Nun möchte der Autor gerne etwas von den wirklichen Ursachen der Armut im Schulbuch finden, aber ging es auch darum? Wir wissen nicht, aus welchem Zusammenhang der Text gerissen wurde. Was im Buch steht, scheinen mir Maßnahmen zu sein, die heute ganz konkret durchgeführt werden. Das trifft jedenfalls auf Fair Trade, Frauen stärken usw. zu, unabhängig von den Ursachen. Oder seine Kritik an der Kaum-Erwähnung der Steuern in den Abnehmerländern. Da habe ich ja schon Mühe, den Zusammenhang zur Armut in den Erzeugerländern einigermaßen sattelfest zu erklären, was verlangt man da von den Schülern?
Mir ist nicht klar, warum in den Schulbüchern besonders großer Wert auf die Beschreibung marktwirtschaftlicher Lösungen gelegt werden sollte. Zwar finde ich es auch ärgerlich, welcher große Anteil Planwirtschaft bei uns betrieben wird, aber meine Wunschvorstellung "Mehr Markt" entspricht nun mal nicht der Realität. Es ist nur normal, in den Schulbüchern viel Wert auf den Staatseinfluss zu legen, denn der Anteil des Staates ist nun mal sehr groß und erwünscht. Dieser gesellschaftliche Konsens findet sich auch bei allen im Bundestag sitzenden Parteien.
Pikant finde ich, dass der Autor nicht auf die Idee kommt, das Fach Staatsbürgerkunde (in neuem Gewande) gänzlich aus der Schule zu streichen. Hier kommt ihm der Staatseinfluss sicher sehr gelegen, nur passen ihm die Inhalte noch nicht. Und ob die genannten Passagen nun besonders glücklich sind oder nicht, sie laden jeden Lehrer zur Verbreitung seiner eigenen Vorstellungen ein.
Der Artikel ist gänzlicher Schwachsinn, weil der Autor nicht zwischen Schule und Wirklichkeit unterscheidet.
Wenn man der Meinung ist, dass Schule und Wirklichkeit absolut nichts miteinander zu tun haben müssen, das hast du Recht.
in das Gehirn des Schülers soll die Wirklichkeit eingebrannt werden, aber das Brenninstrument enthält nicht notwendigerweise diese Wirklichkeit. Wie bei herkömmlichen Fernsehgeräten: Das Bild auf der Mattscheibe entspricht keinem der Teilbilder, die durch die Elektronenröhren produziert werden. Alle Teilbilder des Brenninstruments sind falsch, das sichtbare Bild ist dennoch das, was wir sehen wollen. Beim Brennen eines Computerchips ist dieser Umweg nicht notwendig, was auf dem Wafer erscheint, ist tatsächlich ein 1:1 von der verwendeten Maske. So wie in der Technik wählt sich der Lehrer aus seinem Didaktik-Baukasten das jeweils passende Instrument aus.
Nehmen wir nun unsere krude Mischung aus Markt- und Planwirtschaft: Man kann den Schülern den reinen Markt und den reinen Plan erklären, weil diese beiden Grenzmodelle noch gut beschreibbar und verstehbar sind. Die Realität ist irgendwas dazwischen, was sich nicht beschreiben lässt, weil es von aktuellen Strömungen bis hin zu Wahlergebnissen abhängt. Immer wenn die Wirklichkeit nicht klar lokalisiert ist, ist es nützlich, sie wenigstens einzugrenzen.
Flecki5 schrieb am 19.04.2008 14:10
Es ist nur normal, in den Schulbüchern viel Wert auf den Staatseinfluss zu legen, denn der Anteil des Staates ist nun mal sehr groß und erwünscht.
Aha. Jetzt musst du mir nur noch verkaufen, dass alle gern Steuern zahlen.
Flecki5 schrieb am 19.04.2008 14:56
Nehmen wir nun unsere krude Mischung aus Markt- und Planwirtschaft: Man kann den Schülern den reinen Markt und den reinen Plan erklären, weil diese beiden Grenzmodelle noch gut beschreibbar und verstehbar sind. Die Realität ist irgendwas dazwischen, was sich nicht beschreiben lässt, weil es von aktuellen Strömungen bis hin zu Wahlergebnissen abhängt. Immer wenn die Wirklichkeit nicht klar lokalisiert ist, ist es nützlich, sie wenigstens einzugrenzen.
"Die Realität ist irgendwas dazwischen" --> ja eben und darauf wollte der Autor hinaus, dass eben eine Beschreibung nicht ausreicht.
Die Leute wollen viel Staat und dennoch keine Steuern zahlen. "Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht nass" ist zwar eine Lebenslüge, aber dummerweise eine sehr beliebte.
"Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht nass" ist zwar eine Lebenslüge, aber dummerweise eine sehr beliebte.
... und da wäre es doch schön, wenn die Schule zwar keine Lobeshymnen auf die Marktwirschaft singen würde, aber ihre Delinquenten vor dieser populären Lebenslüge zu bewahren versuchte.
Das könnte etwa geschehen durch eine kritisch-konstruktive Auseinandersetzung mit Chancen und Risiken der Marktwirtschaft. Immerhin ist es die globale Marktwirtschaft, die Deutschland seinen Wohlstand beschert und von der auch Lehrer und Schulbuchautoren gut leben. Aber da wären wir wohl schnell wieder bei der personifizierten Lebenslüge...
Spock: "Das könnte etwa geschehen durch eine kritisch-konstruktive Auseinandersetzung mit Chancen und Risiken der Marktwirtschaft."
Ich weiß ja nicht, wie es bei euch war. Der Titel "Chancen und Risiken der Marktwirtschaft" kommt mir irgendwie bekannt vor....
Ich frage an dieser Stelle aber auch, ob ob den Schülern überhaupt festgebrannte Bewertungen in die eine oder andere Richtung beigebracht werden sollen, oder es vielleicht besser ist, bei der reinen Beschreibung zu bleiben, und es dem Schüler selbst zu überlassen eine Bewertung dieser Mechanismen vorzunehmen. Marktwirtschaft und Planwirtschaft sind nunmal von sich aus weder gut noch schlecht. Erst durch Präferenzen bestimmter Kulturen und Geselschaften entwickeln sich Bewertungen, die das eine oder andere System bevorzugen.
Es gibt m.E. kein besseres Schulbuch als eins, das genau das tut: Dem Schüler erklären, was es an Grenfzällen gibt, dann was es bei uns konkret gibt und dann, warum es das bei uns konkret gibt.
Oder sagen wir besser: Es gibt m.E. keinen besseren UNTERRICHT als diesen. In welcher Weise das Schulbuch dazu beiträgt ist nämlich garnicht so wichtig. Der entscheidende Faktor ist immernoch der Lehrer.
Nachtrag: WRL: "Die eine unschöne Arbeit ist also die Kartoffelernte - ist die andere das Leben an sich?"
Marktwirtschaft und Planwirtschaft sind nunmal von sich aus weder gut noch schlecht. Erst durch Präferenzen bestimmter Kulturen und Geselschaften entwickeln sich Bewertungen, die das eine oder andere System bevorzugen.
Der Satz klingt zwar toll, ich halte ihn aber für ausgemachten Unsinn.
Planwirtschaften haben nie funktioniert und ihre Bürger immer in schlechte Lebensverhältnisse geführt. Außerdem wirken selbst in der drakonischst gelenkten Planwirtschaft die Kräfte des Marktes.
Spock:
Achso: Ich meinte natürlich die Zentralverwaltungswirtschaft, nicht die Planwirtschaft etwa der der Stromwirtschaft.
Frag mal einen ländlichen Russen, der wird dir etwas anderes über diese ZVW erzählen.
Nach UNSEREN Maßstäben war die ZVW nicht erfolgreich. Dem Fischer am Kaspischen Meer, der unter ihr in einem Kombinat tätig war und jetzt seine Arbeit verloren hat war sie aber sicherlich lieber.
Frank: "Ich habe einmal bei der Kartoffelernte mitgemacht. Das hat mir gereich für´s Leben. MfG Frank"
Daran zweifle ich nicht. Ist beides keine schöne Arbeit.
<nurbtw>
Wenn ich nicht irre, gabs schon seit Anfang des letzten Jahrhunderts Rodemaschinen hinterm Gaul, die die Kartoffeln aus dem Boden holten/schleuderten und diese nur noch aufgesammelt werden mussten. In unseren Zeiten gibts Vollernter - da sortiert der Mensch am Band nur noch Steine u.ae. aus.
Spargelstich, Erdbeerenernte, Putzen, Altenpflege u.ae. duerften da weitaus anstrengender sein.
</nurbtw>