Wenn der Spiegel recht hat, lässt Löw die deutsche Mannschaft wieder in 4-2-3-1 Formation auflaufen. Personell unverändert, ausser dass Frings für Rolfes kommt.
Ein Interviewter hat nach dem Türkei-Spiel gesagt: "Zweimal sind die gleichen Spieler aufgelaufen, aber wir haben zwei verschiedene Mannschaften gesehen."
Und die FAZ schreibt: "Joachim Löw zog nach dem Triumph über Portugal tatsächlich noch mal den Hauptgewinn, indem er dieselben Spieler dasselbe System gegen einen völlig anderen Gegner spielen ließ. Heraus kam ein komplett anderes Spiel mit genau demselben Ergebnis: 3:2. Dieses numerische Supersystem trotz taktischen Totalschadens muss ihm beim russischen Roulette dieses Turniers erst einmal einer nachmachen."
Kann es diesmal wieder klappen, weil sich Spanier und Portugiesen im Spielsystem ähnlich sind?
Oder liegt der Schlüssel eher im mentalen Bereich, wie der von DP bereits zitierte Bernd Schneider meint? Die Spielpause ist so kurz, dass die mentale Anspannung nicht herunter- und wieder hochgefahren werden muss (was für die Spanier gleichermassen gilt).
Die Spanier gehen mit einem überlegen herausgespielten Sieg im Rücken auf den Platz, während die Deutschen gerade noch mal davongekommen sind.
Wer zieht daraus einen psychologischen Vorteil? Die Spanier? Oder lassen sie sich von ihrem Erfolgserlebnis einlullen? Die Deutschen? Lässt sie der Favoritenstatus der Spanier über sich hinauswachsen? Oder ist der Respekt zu gross?
Vor dem Spiel hat es geunkt, dass "die Mannschaft", was wohl identisch ist mit Frings und Ballack, sich für das 4 (3+2) 1 eingesetzt haben. Das wird diesmal nicht anders sein. Die Spanier haben genauso umgestellt gegen die Russen und dasselbe gespielt. Die Italiener spielen das seit vielen Turnieren, in D sind sie damit Weltmeister geworden. Löw wird da nicht mehr rangehen. Die Frage ist auch eher, wo die 2 offensiven Mittelfelder sich aufhalten und ob sie tatsächlich Freiheiten haben oder in der Abwehr beschäftigt werden, wie gegen die Türkei.
Eine andere Sache ist das Glück. Wer weiss wie die Deutschen gespielt hätten nach Gomez Tor in der 5. Minute? Wer weiss wie die Russen agiert hätten wenn das Tor in der 50. nicht gefallen wäre etc. Das ist alles viel zu eng um seriös vorauszusagen.
DP:
Das Spielsystem ist 4-2-3-1, nicht 4-3-2-1, gewesen. Rolfes und Hitzlsperger waren/sind beide defensiv, genauso wie Frings/Hitzlsperger. Der einzige Offensivmann ist Ballack.
FW: "Die Spanier gehen mit einem überlegen herausgespielten Sieg im Rücken auf den Platz, während die Deutschen gerade noch mal davongekommen sind. "
Wenn von einer Mannschaft viel mehr erwartet wird als von der anderen, dann spielt die eine Mannschaft in der Regel schwächer als die andere (bei dieser EM). Das haben wir bei Portugal-Türkei, Deutschland-Portugal, Holland-Russland, Spanien-Italien, Deutschland-Kroatien und allen Spielen gegen die Schweiz und Österreich gesehen.
Nach dieser Logik spricht der überlegene Sieg der Spanier nicht gerade für ihre Finalchancen.
Es kommt wie die letztenbeiden Male: Ein Spieler fällt aus und wir verlieren. 2002 war es Ballack, 2006 Frings, 2008 Ballack und Schweinsteiger. Es ist zwar noch nicht sicher, aber ich bin pessimist
Ob Bluff oder nicht, ich sehe unsere Mannschaft durch einen Ballack-Ausfall nicht sonderlich geschwächt.
Zunächst der Verweis auf die Vergangenheit: Bei der WM 2002 hat die dt. Mannschaft alle Spiele mit Ballack mehr schlecht als recht gespielt und wurde allein von einem Oliver Kahn in der Form seines Lebens bis in's Finale gebracht. Das Finale ohne Ballack lief dann endlich umgekehrt: Das erste gute Feldspiel der Deutschen, nur Kahn machte diesmal die Fehler.
Nun heute: Im Gegensatz zu allen Beobachtern konnte ich bei diesem Turnier nicht den Ballack sehen, den alle erwartet hatten. So hätte er z.B. gegen die Türkei in der Halbzeit ausgewechselt werden müssen, denn die Manndeckung gegen ihn hat nunmal glänzend funktioniert. Er hat zwar in allen Spielen viel geredet auf dem Platz, dafür ist aber zunächst der Trainer verantwortlich. Ein Spieler kann sich das nur dann leisten, wenn er durch spielerische Leistung für die anderen als Vorbild erkennbar ist.
Falls es doch kein Bluff ist: Ich würde Borowski auf die Ballack-Position stellen, denn das macht er bei Werder Bremen auch (gut, leider lange verletzt zuletzt). Die Führungspersonen bei uns sind derzeit ohnehin Lahm, Poldi, Schweini.
Ich stimme Flecki zu: eigentlich hat Ballack bei der EM bisher nur schlechte oder maximal durchschnittliche Spiele gemacht. Insbesondere wenn man es mit seinen Auftritten zuletzt bei Chelsea vergleicht, wo er wirklich teilweise exzellent gespielt hat.
Psychologisch wäre ein Fehlen natürlich trotzdem ungünstig, und letztlich ist Ballack auch dann, wenn er durchschnittlich spielt, immer noch für ein Kopfballtor gut. Vor allem gegen die Spanier, die da echte Probleme in der Abwehr haben - da heisst es über Außen spielen und zig Flanken hoch in die Mitte hauen. Quasi die klassische Taktik.
So schlecht würde ich die Rolle Ballacks in diesem Turnier nicht sehen. Gegen Portugal hat er sehr gut gespielt.
Jeder gute Spieler sieht schlecht aus, wenn er in Manndeckung genommen wird. Das ist aber nicht unbedingt ein Grund ihn auszuwechseln. Immerhin bindet er konstant mindestens einen Mann der generischen Abwehr (meistens den besten) und verschafft anderen mehr Freiräume. Und ob sein Ersatzmann besser aussieht ist auch noch lange nicht gesagt.
Solange er vom taktischen Konzept im defensiven Mittelfeld spielt, wie in der Vorrunde, hat er weniger Möglichkeiten offensiv zu glänzen.
Dass er auf dem Platz viel redet ist kein Fehler. Der Trainer erreicht die Leute auf dem Feld kaum. Und schlechte Spiele zeichnen sich oft dadurch aus, dass zu wenig geredet wurde.
Dennoch wäre sein Ausfall keine Ausrede für ein schlechtes Spiel. Die deutsche Mannschaft hatte mit die wenigsten Personalsorgen aller Mannschaften.