Kleine Räume sind sicher je nach Gebäudesituation ein Problem, Gruppenarbeit ist aber nur eine Form der Unterrichtsgestaltung. Davon abgesehen sind die Arbeitsergebnisse von z.B. 8 Gruppen a 4 Schülern in einer Unterrichtsstunde kaum mehr vorzustellen. Der Lehrer kann auch kaum 8 Gruppen in der Erarbeitungsphase gut betreuen.
Große Klassen verleiten die Lehrer also ohnehin zu viel Frontalunterricht, weil der noch am besten machbar (aber nicht immer die beste Lehrmethode) ist.
Jeder Erwachsene, der eine berufliche Weiterbildung oder meinetwegen einen Tauchkurs im Urlaub bucht, guckt nach den Größen der Lerngruppen und sieht sich in der kleineren Gruppe besser aufgehoben. Niemand bei Verstand würde einen Skikurs oder ein IT-Seminar mit 30 Teilnehmern buchen. Unseren Schülern wird das aber 10-Jahre lang zugemutet.
Und dann noch das Gerede von der Integration Schwächerer und Abschaffung der Hauptschule:
In so einer Realschulklasse hat man heute ein Spektrum von knapp der Hauptschule entgangen bis fast Gynmasium. Auf die Unterschiede, die da herrschen, könnte ein guter Lehrer in kleinen Klassen von 20 sicher noch angemessen eingehen, bei 30+ ist es unmöglich.
Wie Lexx schon andeutet, wird die Disziplinierung eines Haufens von 30 schwierig. Der Lärm soll nicht von Wänden geschluckt werden, sondern möglichst gar nicht erst entstehen.
Ich habe ja mal eine Zeitlang (knapp zwei Jahre) Kurse für Arbeitsamt (Elektrotechnik für Anfänger) gemacht mit teilweise deutlich über 30 Teilnehmern, von denen eine ganze Menge komplett unmotiviert waren. Die wurden da eben vom Arbeitsamt hingeschickt, weil es sonst keine Stütze mehr gab. Da wurde morgends als erstes die "Praline" aufgeklappt und die Füsse auf den Tisch gelegt, andere haben in diesen Kursen eine echte Chance gesehen.
Letztlich waren die mit Gruppenarbeit am besten zu bändigen. Wenn man die Gruppen gut durchmischt hat, haben die besseren den schlechteren was erklärt, um die Gruppen konnte man sich adäquat kümmern. Letztlich hat sich dadurch die Zahl der effektiv durch mich zu betreuenden Schüler deutlich reduziert, weil die sich das faktisch selbst gegenseitig beigebracht haben. Und auch die besseren Schüler haben dadurch, dass sie das den anderen erklärt haben, den Stoff deutlich intensiver aufgenommen.
Deswegen bin ich übrigends auch ein absoluter Gegner des dreigliedrigen Schulsystems.
Übrigends ist Frontalunterricht aus meiner Sicht mit Abstand die anstrengendste Unterrichtsform. Das habe ich so weit reduziert, wie es ging.
Allerdings ist das Problem, dass es bereits jetzt zu wenig Lehrer gibt. Es fallen Jährlich etwa 12 mio. Unterrichtsstunden* aus, weil Lehrkräfte ausfallen und nicht zu ersetzen sind. Das entspricht 17.000 Lehrern, die fehlen**.
Wenn man jetzt noch die Klassen verkleinert braucht man nicht nur mehr Klassenräume (Baukosten), sondern auch mehr Lehrer, die es schlicht und einfach nicht gibt. Würde man diese Verkleinerung stur durchführen würde die Unterrichtsqualität tatsächlich also sinken, weil dann für einen (größeren) Teil der Schüler überhauptkein Unterricht mehr stattfindet.
Die Lärmreduktion dagegen wäre eine praktikable Möglichkeit, die Unterrichtsqualität zu akzeptablen Kosten zu verbessern, ohne dass deratige Probleme im Weg stehen.
*Errechnet aus: (geschätzt) 3% Ausfall bei 12,5 mio. Schülern mit (geschätzt) im Schnitt 20 (Zeit-)Stunden/Woche (40 Wochen im Jahr) und (geschätzt) 25 Schülern pro Klasse; die angenommene Ausfallquote kann falsch sein.
**Bei einer (geschätzten) durchschnittlichen Unterrichtszeit von 18 Zeitstunden oder 24 Unterrichtsstunden pro Woche.
Nee, das ist keine Theorie, das höre ich jeden Tag aus der Praxis.
Und wie schon gesagt, eine heutige Realschulklasse hat schon ein hohes Leistunsgefälle. Und wie ebenfalls schon gesagt, Gruppenarbeit ist was tolles, aber mit der Zahl der Gruppen wird Betreuung und Ergebnissicherung (Vorstellung der Arbeitsergebnisse) nunmal schlechter.
Davon abgesehen eignet sich nicht jedes Thema für Gruppenarbeit. Frontale Phasen wird es immer geben. Apropos Phasen: Der Switch zwischen Gruppen und Klasse/Frontal geht mit 20 natürlich auch viel reibungsloser als mit 35 Schülern.
Ich bin absoluter Gegner des Gleichmacher-Schulsystems, weil ich selber in einem solchen gesessen habe und damit jahrelang unter meinen Möglichkeiten geblieben bin. Und das war noch in der autoritären DDR, wo ein Anschiss vom Lehrer noch die erhoffte Wirkung und nicht einen Brief vom Anwalt der Eltern zur Folge hatte. Ich habe Nachmittage in Lernpatenschaften den Schwächeren Russisch und Mathe eingepaukt. Das hat meine eigenen Leistungen sicher verbessert. Ein Russisch-Diskussionszirkel oder ein Mathe-Leistungskurs unter Gleichstarken wären aber mit Sicherheit besser für mich gewesen.
Allerdings ist das Problem, dass es bereits jetzt zu wenig Lehrer gibt. Es fallen Jährlich etwa 12 mio. Unterrichtsstunden* aus, weil Lehrkräfte ausfallen und nicht zu ersetzen sind. Das entspricht 17.000 Lehrern, die fehlen**.
Richtig, mehr Lehrer kosten Geld und das will keiner in die Hand nehmen.
Dass so viele Stunden ausfallen, hat aber auch was mit der Motivation der Lehrkräfte zu tun. Die ist wohl allgemein eher niedrig, was wiederum am System mit wenig Anreizen aber viel Bequemlichkeit liegt.
Wenn ich die Beiträge hier so lese, dann frage ich mich, wie meine Klassenkameraden und ich jemals in der Lage waren, einen Schulabschluß zu machen. Bis zur Untersekunda waren wir fast vierzig in der Klasse - ab da wurd's weniger weil einige nach der Mittleren Reife abgingen und andere... - na ja. Auch das Lärmproblem empfand ich nicht als so furchtbar groß. Die Lehrer haben uns einfach angehalten, das Maul zu halten, wenn wir nicht gefragt waren; ansonsten gab's was an die Ohren. Und was war? - Ruhe war. Immerhin haben wir trotz dieser widrigen Umstände das Abitur geschafft. Kaum zu glauben...
Soweit ich informiert bin ist der Rahmen für körperliche Züchtigungen heute etwas enger gesteckt. Das mag zwar hinterwäldlerisch und engstirnig sein, aber leider Realität und deshalb ein Rückblick wenig zielführend.
"Wenn ich die Beiträge hier so lese, dann frage ich mich, wie meine Klassenkameraden und ich jemals in der Lage waren, einen Schulabschluß zu machen. "
Da sieht man mal wieder schön das Kernproblem in der deutschen Schuldiskussion.
Zu viele alte Säcke, die mit den Methoden der 40er Wissen der Jahrtausendwende vermitteln wollen.
Das gilt auch für diesen Beitrag:
"weil ich selber in einem solchen gesessen habe und damit jahrelang unter meinen Möglichkeiten geblieben bin. Und das war noch in der autoritären DDR, wo ein Anschiss vom Lehrer noch die erhoffte Wirkung "
Und an diesen Beiträgen sieht man auch gleich, was bei Euch falsch gelaufen ist. Keine, Ideen, keine Phantasie, nur alte Lösungen auf neue Probleme, lediglich die Dosierung soll geändert werden.
kater_5 schrieb am 24.10.2008 13:45
Und an diesen Beiträgen sieht man auch gleich, was bei Euch falsch gelaufen ist. Keine, Ideen, keine Phantasie, nur alte Lösungen auf neue Probleme, lediglich die Dosierung soll geändert werden.
Gruss
Kater
Falsch gelaufen? - Kann ich nicht sagen. Immerhin hat's funktioniert.
Keine Ideen, keine Phantasie? - Habe ich auch gar nicht in Anspruch genommen, entwickeln zu wollen. Als "alter Sack" habe ich lediglich etwas festgestellt.
Wo allerdings die neuen Ideen bleiben, die dazu auch nachweislich zielführend sind, hat hier noch keiner dargelegt, auch Sie nicht, Sie junger Schnösel.
"weil ich selber in einem solchen gesessen habe und damit jahrelang unter meinen Möglichkeiten geblieben bin. Und das war noch in der autoritären DDR, wo ein Anschiss vom Lehrer noch die erhoffte Wirkung "
Und an diesen Beiträgen sieht man auch gleich, was bei Euch falsch gelaufen ist. Keine, Ideen, keine Phantasie, nur alte Lösungen auf neue Probleme, lediglich die Dosierung soll geändert werden.
Keine Phantasie? Na da möchte ich lieber nicht an die leidige Steuerdiskussion erinnern. Du hast dein Leben lang Zettelchen fürs Finanzamt gesammelt und kannst dir nur deshalb nix anderes vorstellen? Ein recht böser Vorwurf wäre das.
Ich bin im Prinzip für alles denkbare offen, halte es aber für nix als gutmenschliche Sozialromantik, den Hauptschüler und den Gymnasiasten gemeinsam zum Abschluss zu schleifen. Auch im bestehenden Dreigliedrigen System gibt es genug Niveauunterschiede, die sich sinnvoll nutzen ließen. Aber komischerweise setzt der Topicaufhänger ja auch auf Sektiererei, nur hier zwischen Jungs und Mädchen.... Da stimmt doch irgendwas nicht.
Spock:
Du kannst soviel Geld in die Hand nehmen wie du willst, die Lehrer sind schlicht und einfach nicht da! Nicht umsonst wird immer wieder diskutiert, wieviele Quereinsteiger man an die Schulen bringen kann. Es herrscht enormer Fachkräftemangel.