Politik wie leider auch die Medien behandeln die Finanzkrise wie sie es verstehen. Leider verstehen sie es kaum oder gar nicht und selbst die grossen Bezahlzeitungen wirken in ihren Erklärungen konfus und oberflächlich. In diesen Zeiten greift man auf das zurück was man zu verstehen glaubt. Das sind in erster Linie die Gehälter der Manager, die als ein Grundübel ausgemacht sind und die nun auf dem gesetzlichen Wege geregelt werden könnten, zumindest wenn es nach CDU und SPD geht. So berichtet das Handelsblatt, dass beispielsweise Aktienoptionen frühestens nach vier Jahren eingelöst werden können. Darüber hinaus solle der kurzfristige Erfolgsanteil am Gehalt höchstens das Doppelte der Grundvergütung betragen dürfen. Im Politikerdeutsch heisst das: Im Sinne der sozialen Marktwirtschaft und der Gerechtigkeit erscheint es erforderlich auch durch gesetzliche Maßnahmen sicherzustellen, dass das Verhältnis zwischen Vergütung und Leistung bei Wirtschaftsmanagern wieder in eine akzeptable Relation gebracht wird. So die Beschlussvorlage, die die beiden Leiter der Arbeitsgruppe, SPD-Fraktionsvize Joachim Poß und CDU-Finanzexperte Otto Bernhardt, ausgearbeitet haben.
In dem Acht-Punkte-Programm der Koalition sei geplant, dass bei Publikumsgesellschaften der gesamte Aufsichtsrat und nicht nur der Präsidialausschuss über die Vergütung von Vorstandsmitgliedern entscheide. So sollen Fälle wie zuletzt bei der Bahn ausgeschlossen werden. Zudem solle der Aufsichtsrat verpflichtet werden, die Vergütung von Vorstandsmitgliedern bei schlechter wirtschaftlicher Entwicklung nachträglich zu reduzieren.
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Nun, was auf den ersten Blick logisch oder meinetwegen auch gerecht anhört sieht bei näherer Betrachtung doch eher kompliziert, ungerecht und womöglich unnötig aus. Was bitte schön ist denn eine schlechte wirtschaftliche Entwicklung? Soll ein Fondmanager jetzt an der Performance seines Fonds oder am BIP Deutschlands gemessen werden? Am Ebit der Firma oder Netprofit? Ist ein IT Chef nun erfolgreich wenn er möglichst viele Stellen outsourced. Oder gleich ganz entlässt? Wer will das denn entscheiden? Eine Parlamentsgruppe? Boni an den Aktienkurs der Firma zu koppeln ist mindestens genauso ein zweischneidiges Schwert. Entnimmt der Eigner aus der Firma das Eigenkapital als Dividende kann der Aktienkurs fallen (gerade passiert bei meinem Arbeitgeber Tele Danmark, neuer Eigner entnimmt EK, Kurs fällt um 50%). Sollen die Mitarbeiter jetzt dafür büssen? Oder umgekehrt, der Eigner verknappt das Angebot an Aktien, zuletzt gesehen von Porsche bei VW, was den Kurs künstlich in die Höhe treibt. Die Mitarbeiter könnten hier überproportional profitieren ohne eigenes zutun. Soll das gerecht sein?
Mein Rat wäre: Finder weg von betriebsinternen Regelungen. Das regelt der Markt besser, trotz temporären Ungerechtigkeitsblasen.
DP: "Was bitte schön ist denn eine schlechte wirtschaftliche Entwicklung?"
Klingt für mich weder nach EBIT, Netprofit, noch Aktienkurs oder Fondperformance, sondern eher dem BIP. Sprich: Läuft die Branche schlecht, gibt es nicht nur geringere Lohnerhöhungen für die Arbeiter, sondern auch Gehaltskürzungen für das Management. Sieht auf den ersten Blick tatsächlich gerecht aus. Den Zweiten Blick habe ich noch nicht gemacht.
"....sondern eher dem BIP. Sprich: Läuft die Branche schlecht, gibt es nicht nur geringere Lohnerhöhungen für die Arbeiter, sondern auch Gehaltskürzungen für das Management.
Gerecht?
Der zweite Blick könnte doch so aussehen: Der Automobilbranche geht es schlecht, nur die Firma Opel, seit kurzem durch MBO von GM abgenabelt, hat durch kluge Marken- und Preispolitik des neuen Managements enorm aufgeholt und den Marktanteil schlicht verdoppelt und den Gewinn vervierfacht.
Ähem, da kommt dann der "Rat für leistungsabhängige Gehaltsanteile an Managergehältern" daher und bestimmt dass auch der Opelvorstand seine Gehälter um 43,5 % kürzen muss und obendrein 25 % der Gehälter der letzten 2 Jahre zurückzahlen muss.
Dieses ganze Reinregieren-Wollen in die Wirtschaft ist doch schlicht krank - da soll ein diffuses Gerechtigkeitsgefühl bedient werden, wobei es ja nicht die "Gerechtigkeit" ist, um die es geht sondern der pure Neid.
Edit: Wobei es ja durchaus verständlich ist wenn man hinterfragen will, warum Manager die Gehälter bekommen, die sie erhalten und ob sie die auch tatsächlich wert sind. Aber in den "Publikumsgesellschaften" (wie auch anderswo) hat darüber der Eigentümer zu befinden und sonst niemand.
Nein wrl, schon zu schnell gedacht. Zuerst kommt der Rat der Branchenweisen und definiert, welche Branche hier zuständig ist und wer da reingehört; Zulieferer?, Rohstofflager?, outgesourcte IT Abteilungen?, Konstruktionsbüros?, welche Regionen, welche Länder, welche Tarifgebiete etc. Dann erst wird es überhaupt spannend; wie misst man den Erfolg der Branche und wie anschliessend den Bonus? "BIP" ist ja wirtschaftlich gesehen schon Blödsinn, wenn dann sprechen wir von Umsatz. Dann knüppeln alle nur noch Umsatz, Marge ist völlig egal oder was? Na da freut sich doch jeder Manager auf solche Ziele. Man stelle sich vor; die Manager von Mercedes, VW und Porsche bekommen fette Boni, obwohl die Firmen darben, weil der Umsatz steigt jedoch der Gewinn stark zurück geht. Die Leiter von Opel und Audi hingegen bekommen nichts, weil ihre Unternehmen zwar gute Gewinne einfahren, aber das interessiert ja niemanden, die Umsätze sind leicht rückläufig.
Murx hoch 10, Lexx, und auf sowas kommst du nicht selber??
So langsam kommt mir der Verdacht, dass die Maßnahmen der Politik beflügelt durch die Krise weitaus schlimmere Auswirkungen haben werden als die Krise selbst.
Gelöschtes Mitglied
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13.11.2008 14:54
#6Neues Gesetz zur Deckelung von Manager Gehältern
"Aber in den "Publikumsgesellschaften" (wie auch anderswo) hat darüber der Eigentümer zu befinden und sonst niemand. "
Nun, das wird ja hier gerade umgesetzt.
Denn:
"dass bei Publikumsgesellschaften der gesamte Aufsichtsrat und nicht nur der Präsidialausschuss über die Vergütung von Vorstandsmitgliedern entscheide"
ist ein Schritt in diese Richtung. Wenn auch mal wieder zu kurz gesprungen.
Denn ein Problem bei den Managergehältern ist doch gerade, dass die in internen Kungelrunden ausgemacht werden, wobei der Eigentümer (also der Aktionär) nicht einmal erfährt, was dabei rausgekommen ist.
Gruss
Kater
Gelöschtes Mitglied
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13.11.2008 14:56
#7Neues Gesetz zur Deckelung von Manager Gehältern
"udem solle der Aufsichtsrat verpflichtet werden, die Vergütung von Vorstandsmitgliedern bei schlechter wirtschaftlicher Entwicklung nachträglich zu reduzieren. "
Nun, die Beispiele aus der letzten Zeit bieten ja genug Material für so eine Definition. Ich würde sagen, wenn die Firma Pleite geht oder zum Überleben Staatsmittel braucht, gibt es nix. Damit kann man die schlimmsten Auswüchse schon mal in den Griff bekommen.
Anonymer User schrieb am 13.11.2008 14:56
"udem solle der Aufsichtsrat verpflichtet werden, die Vergütung von Vorstandsmitgliedern bei schlechter wirtschaftlicher Entwicklung nachträglich zu reduzieren. "
Nun, die Beispiele aus der letzten Zeit bieten ja genug Material für so eine Definition. Ich würde sagen, wenn die Firma Pleite geht oder zum Überleben Staatsmittel braucht, gibt es nix. Damit kann man die schlimmsten Auswüchse schon mal in den Griff bekommen.
Gruss
Kater
Das hiesse also für die Finanzbranche, beim nächsten Zusammenbruch (1929 - 2008 - 2087?) in etwa 79 Jahren könnte es ein schlechtes Jahr geben für die Manager. Mann, werden die zittern.
Gelöschtes Mitglied
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13.11.2008 15:36
#9Neues Gesetz zur Deckelung von Manager Gehältern
Spock schrieb am 13.11.2008 14:53
So langsam kommt mir der Verdacht, dass die Maßnahmen der Politik beflügelt durch die Krise weitaus schlimmere Auswirkungen haben werden als die Krise selbst.
***
Bis jetzt gibt es keine Maßnahmen. Es gibt nur Beschwichtigungssprüche für eine Bevölkerung, die emotional so aufgewühlt ist, dass selbst populistisch-diktatorische Sprüche der Sozialisten wieder gesellschaftsfähig sind.
Bei aller gerechtfertigten Kritik: auch der kleine Mann ist nun mal Teil unserer Demokratie und zunächst das gleiche Recht auf Meinungsfreiheit und Ausübung seines Wahlrechts wie die hier versammelten selbst ernannten Experten. Soll heissen: wenn Millionen Wähler zornig sind über die derzeitige Situation, dann haben diese Massen das Recht, das GOTTVERDAMMTE RECHT diesen Zorn politisch umzusetzen. Das mag euch zu wieder sein - aber so steht´s im Grundgesetz. Fall´s ihr es vergessen haben solltet: so funktioniert Demokratie.
Von daher finde ich das derzeitige Krisenmanagement gar nicht mal sooo schlecht. Erst mal ein wenig Zeit gewinnen, bis auch der "Normalo" am Stammtisch merkt, dass die Krise gar nicht sooo krisenhaft ist.
Wenn dazu auch ein paar markige Sprüche gehören, dann ist das eben so.
MfG Frank
Gelöschtes Mitglied
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13.11.2008 15:38
#10Neues Gesetz zur Deckelung von Manager Gehältern
DP schrieb am 13.11.2008 15:02
Das hiesse also für die Finanzbranche, beim nächsten Zusammenbruch (1929 - 2008 - 2087?) in etwa 79 Jahren könnte es ein schlechtes Jahr geben für die Manager. Mann, werden die zittern.
***
Für mich persönlich müssen die gar nicht zittern. Schon gar nicht kollektiv. Aber nennt mich einen unverbesserlichen naiven Träumer - aber die Vorstellung, dass ein Wirtschaftscrash mit dreistelligen Milliardenverlusten auch im Portemonaie der ökonomischen Elite ihre Spuren hinterlässt, erscheint mir sympathisch...
Nein, so funktioniert Demokratie gerade nicht. Politik ist nicht dazu da, tagesaktuelle Wutausbrüche, Verwunderungsanfälle oder mediengeschürte Panikattacken des Durchschnittsbürgers in neue Gesetze zu giessen. Politik muss führen, das heisst unterrichten, aufklären, Alternativen aufzeigen. Der Bundestag als gesetzgebendes Organ sollte tätig werden, wenn ein reiflich überlegter Prozess zu einer konsensualen Lösung führt und keine Schnellgesetze im Affekt herbeischwätzen.
Gelöschtes Mitglied
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13.11.2008 16:30
#12Neues Gesetz zur Deckelung von Manager Gehältern
1. Du wechelst munter zwischen den Begriffen "Demokratie" und "Politik" hin und her. "Politik" hat es aber auch in der DDR gegeben.
2. Könntest du deine interessante Sichtweise von "Demokratie" auch noch irgendwie belegen? Ich habe für meine Argumentation immerhin das Grundgesetz auf meiner Seite. Was hast du zu bieten? ;-)
3. Du regst dich doch jetzt nur auf, weil du befürchtest, der Mann von der Straße könne anders entscheiden, als du es für richtig empfindest. EXAKT DEINE WORTE höre ich aber seid Jahren vor allem aus dem links-pseudoökologischen Lager, die auch ständig was vom "natürlichen Führungsanspruch der Elite" erzählen. Und damit meinen, bestimmte Themen gehörten nicht in die Hände des dummen Volkes, sondern müssten mit wohlwollender, zukunftsorientierte Führung zum Ruhme des Volkes... und so weiter. Ich denke, du siehst, worauf ich hinaus möchte.
Ich reg mich überhaupt nicht auf, denn die Politik, die für mich relevant ist, über die kann ich selbst bestimmen, nämlich im Gemeindesaal der Gemeinde, der ich meine Steuern hinterlasse. Da stimmt die Krankenschwester ab, der Manager und der Dorftrottel also bitte belehre mich nicht über Demokratie und lass den persönlichen Scheiss aussen vor.
Zitat:
weil du befürchtest, der Mann von der Straße könne anders entscheiden, als du es für richtig empfindest.
Endlich mal ein Vorwurf der auch zutrifft; ich bin nämlich überraschenderweise tatsächlich gegen Meinungen, die gegen meine eigene Meinung sind. Und dagegen polemisiere ich auch noch im Internet, na sowas. Kann mich ja irren, aber nennt man nicht so etwas Diskussion?
Gelöschtes Mitglied
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13.11.2008 17:23
#14Neues Gesetz zur Deckelung von Manager Gehältern
DP schrieb am 13.11.2008 17:14
Ich reg mich überhaupt nicht auf, denn die Politik, die für mich relevant ist, über die kann ich selbst bestimmen, nämlich im Gemeindesaal der Gemeinde, der ich meine Steuern hinterlasse. Da stimmt die Krankenschwester ab, der Manager und der Dorftrottel also bitte belehre mich nicht über Demokratie und lass den persönlichen Scheiss aussen vor.
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DP, liest du eigentlich mal ab und an, was du schreibst? ;-)
Deine Worte:
" Politik ist nicht dazu da, tagesaktuelle Wutausbrüche, Verwunderungsanfälle oder mediengeschürte Panikattacken des Durchschnittsbürgers in neue Gesetze zu giessen. Politik muss führen, das heisst unterrichten, aufklären, Alternativen aufzeigen. "
Und das hat mal gar nichts zu tun mit "denn die Politik, die für mich relevant ist, über die kann ich selbst bestimmen,". Wenn den eklatanten Unterschied dieser beiden Aussagen nicht sehen willst, dann lassen wir es eben.
MfG Frank
Gelöschtes Mitglied
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13.11.2008 17:49
#15Neues Gesetz zur Deckelung von Manager Gehältern
"Das hiesse also für die Finanzbranche, beim nächsten Zusammenbruch (1929 - 2008 - 2087?) in etwa 79 Jahren könnte es ein schlechtes Jahr geben für die Manager. Mann, werden die zittern."
So etwas passiert alle naselang.
Aber es geht auch gar nicht nur ums zittern. Wenn ich mir aber ansehe, dass in den gebeutelten Banken immer noch Prämien in Milliardenhöhe ausgeschüttet werden, würde es schlicht helfen. Denn diese Prämien zahlt direkt der Steuerzahler. Und offensichtlich gibt es keine Möglichkeit die Auszahlung dieser Prämien zu verhindern, ich gehe mal davon aus, dass die Arbeitsverträge schlicht so gestaltet sind. Wobei man mal wieder die Frage stellen kann, wieso Arbeitsverträge so gestaltet sein können, dass bei einer Fastpleite eine Prämie gezahlt wird. Das kann wohl kaum im Sinne der Eigentümer sein und ist wohl vor allem eine Folge der Kungelrunden, die jetzt erschwert werden sollen.
Eine gesetzliche Regelung würde solche Arbeitsverträge aushebeln und dafür sorgen, dass die Steuergelder da hingehen, wo sie hinsollen.