ich kenne die wechselvolle Geschichte Spaniens und zu wenig, um mich in irgendwelche Erklärungsversuche einzureihen. Die gibt es zuhauf.
Interessanter finde ich das aktuelle Machtspiel darum, wie und ob Sezessionen in der EU oder gar im Euroraum überhaupt möglich sind.
Als Normalsterblicher der Neuzeit hätte ich erwartet, dass eine spanische Zentralregierung eine in Katalonien organisierte Volksabstimmung über eine Abspaltung hätte passieren lassen können, mit der Überlegung, dass das Ergebnis letztlich irrelevant ist, weil es eine klare Gesetzeslage gibt. Experten des internationalen Rechts sind zu Hilfe gekommen, und haben eigentlich zulässigen Unabhängigkeitsbestrebungen einen Dämpfer verpasst, wenn keine Unterdrückung, sondern ein hoher Grad an Freiheit vorliegt.
Ist es also dumme Sturheit und mangelnde Sensibilität, dass Madrid eine Volksabstimmung mit roher Gewalt zu verhindern suchte? Es fällt mir schwer, an diese Version der Lagebeschreibung zu glauben. Weitere Maßnahmen Madrids sind massiv: Quasi über Nacht wurde ein Gesetz erlassen, das den in Katalonien ansässigen Firmen ohne Einhaltung bisher geltender Regeln das Verlagern des Firmensitzes aus dem katalonischen Einflussbereich erlaubt. Große Firmen oder Banken haben das anscheinend bereits umgesetzt. Bankruns drohen. Die EU unterstützt Madrid uneingeschränkt. Aus den Reaktionen schließe ich, dass viel auf dem Spiel steht. Unklar ist für mich, wer letztlich am längeren Hebel sitzen wird, wer welche Pfeile im Köcher hat.
Abseits der Mainstreamanalysen daher ein Blick auf den Saker: http://thesaker.is/maidan-in-spain-and-s...w-dog-whistles/ (letzter Teil). Ist die ganze Sache Teil eines geopolitischen Spiels, ein von außen gesteuerter spanischer Maidan? Verwiesen wird auf die Planung einer strategischen Gaspipeline Midcat von Algerien nach Katalanien, die Gas durch Frankreich leiten und den Russen das Geschäft abgraben soll. Wer Katalanien kontrolliert hat einen künftigen Hebel auf die EU, das über Katalanien nicht nur Gas, sondern auch ein großer Teil des Warenhandels nach Resteuropa läuft. Also die Aussicht auf Wegelagerei https://helpcatalonia.blogspot.de/2014/0...eminder-of.html.
Ein weiterer Aspekt ist die hohe Verschuldung Katalaniens. Spanien hat Katalanien in der Vergangenheit mit Milliardenkrediten geholfen, durch Ausgabe spanischer Anleihen. Bei einem Austritt Kataloniens blieben diese Schulden an Restspanien hängen, würden seine relative Verschuldung hochtreiben und damit auch den Euro in eine neue Krise bringen. Dies wurde bereits im Mai thematisiert: https://wolfstreet.com/2017/05/24/catalo...-default-banks/ .
Welche Karten werden stechen? Wird Katalonien wirklich von außen mitgesteuert, oder sind es nur ein paar lokale Irre, die hier ihr Süppchen kochen möchten?
Die Unabhängigkeitsbewegung soll massiv von Katar finanziell unterstützt werden. Manche sagen, ein unabhängiges Katalonien soll als Einfallstor für Islamisten dienen und als Brückenkopf in Europa. Ich lehne das Vorgehen Rajoys ab, aber die Unabhängigkeitsbestrebungen sehe ich mit gemischten Gefühlen.
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„Manchen Völkern genügt eine Katastrophe, sie zur Besinnung zu bringen. Deutschen, so scheint es, bedarf es des Untergangs.” --Arthur Moeller van den Bruck
„Wenn man so darüber nachdenkt ist es eigentlich erschreckend, wie wenig Politiker aufgeknüpft werden.” --G. K. Chesterton
„Manchmal frage ich mich, ob die Welt von klugen Menschen regiert wird, die uns zum Narren halten, oder von Schwachköpfen, die es ernst meinen.” --Mark Twain
Heute finden in der Lombardei und in Venetien ebenfalls Referenden statt, die merkwürdigerweise kaum in den Online-Medien erwähnt werden. Es geht dort um mehr Autonomie, nicht um die Ablösung vom Zentralstaat. Es geht aber um mehr Unabhängigkeit in Sachen Bildung, Infrastruktur, Justiz und Umwelt. Es dürfte dann nur eine Frage der Zeit sein, bis auch die Unabhängigkeit der Finanzen auf dem Plan ist. Norditalien finanziert den Süden.
„Manchen Völkern genügt eine Katastrophe, sie zur Besinnung zu bringen. Deutschen, so scheint es, bedarf es des Untergangs.” --Arthur Moeller van den Bruck
„Wenn man so darüber nachdenkt ist es eigentlich erschreckend, wie wenig Politiker aufgeknüpft werden.” --G. K. Chesterton
„Manchmal frage ich mich, ob die Welt von klugen Menschen regiert wird, die uns zum Narren halten, oder von Schwachköpfen, die es ernst meinen.” --Mark Twain
Zitat In diesem Gesetz, das rückwirkend gelten soll, wurde auf Drängen von Carles Puigdemont, dem Führer von Junts, der umstrittene Begriff „lawfare“ aufgenommen. Der Begriff ist von „warfare“ abgeleitet und soll das frühere Handeln der spanischen Justiz als schmutzigen und illegalen Justizkrieg gegen die katalanische Unabhängigkeitsbewegung diskreditieren.
Das überproportionale parlamentarische Gewicht der Kleinparteien, bei denen ehemalige Straftäter das Sagen haben, schlägt zu. Die Sozialisten werden unter Druck gesetzt. Es riecht nach unruhigen Zeiten in Spanien.