Cameron macht ernst und verweigert sich den neuen avisierten Vertragsänderungen von Merkozy. Während Schweden und Tschechien noch ihre Parlamente konsultieren und zu den 23 anderen EU Staaten stossen werden scheint der Weg für Ungarn weit, für England ist der Zug abgefahren. Der Guardian nennt Camerons Entscheid die "wichtigste Veränderung in der 38jährigen Geschichte Britanniens in der EU".
Merkel Forderung nach einem neuen Stabilitätspakt wurde heute durchgesetzt. Die jährliche Neuverschuldung darf demnach nicht mehr als 0,5% betragen, deutlich weniger also als das Maastricht Kriterium von 3%. Auch alle anderen wesentlichen Forderungen hat das Duo Merkel/Sarkozy durchgebracht; Schuldenbremsen werden verankert, die EZB bleibt unabhängig, Eurobons sind vom Tisch.
Die Zeit schreibt dazu: Über das historische Urteil würden letztlich die Märkte entscheiden. Wenn sie Merkel Recht gäben, gehe sie als Retterin des Euro in die Geschichte ein. Gehen die Spekulationen unvermindert weiter, wird die deutsche Kanzlerin als diejenige in Erinnerung bleiben, die einen Keil in die EU getrieben hat.
Cameron verabschiedet sich und sein Land mit den Worten: "Wir wünschen ihnen alles Gute. Grossbritannien wird der Eurozone niemals beitreten und diese Art der Souveränität aufgeben."
alle wussten, dass Cameron gar nicht zustimmen kann. Sie hatten auch keinerlei Druckmittel in der Hand. Also war das Ergebnis bewusst herbeigeführt. Sarkozy hat Cameron auch schon vor einigen Wochen gesagt, dass er in Eurofragen nichts zu sagen habe. Das war es wohl mit Großbritannien, die Briten werden weiter auf Distanz zur EU gehen.
Den Bedingungen konnte GB so nicht zustimmen, den Bedingungen Englands konnte Merkozy nicht zustimmen. Cameron war mit seiner Haltung bisher ziemlich rigoros. Aber das kann alles auch noch Teil des Spiels sein. Sozusagen eine öffentliche Verhandlung. Vielleicht gibt es sogar ein Referendum dazu in Britannien?
UK und Ungarn regeln ihre Währung über die Wechselkurse, es ist völlig unsinnig, dass diese Länder Eurolandregeln zustimmen, die nur dafür gedacht sind, den unzureichend regulierten Finanztransfer innerhalb der Euroländer in den Griff zu bekommen. Es macht für das UK keinen Sinn, Camerons rigorose Haltung ist alternativlos .
Das mit den Finanzmarktregeln war ein 'nice try', aber Cameron wird sich doch nicht den Ast absägen auf dem er sitzt.
Darum sagen wir "Auf Wiedersehen!" Die Zeit mit euch war wunderschön Es ist wohl besser jetzt zu gehen Wir können keine Tränen sehen Schönen Gruß und auf wiedersehen...
GB war seit jeher lediglich der Spion der USA in der EU und seine Aufgabe war es, die EU wo es nur geht zu sabotieren, damit kein ernsthafter Rivale für die USA entstehen kann.
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„Manchen Völkern genügt eine Katastrophe, sie zur Besinnung zu bringen. Deutschen, so scheint es, bedarf es des Untergangs.” --Arthur Moeller van den Bruck
„Wenn man so darüber nachdenkt ist es eigentlich erschreckend, wie wenig Politiker aufgeknüpft werden.” --G. K. Chesterton
„Manchmal frage ich mich, ob die Welt von klugen Menschen regiert wird, die uns zum Narren halten, oder von Schwachköpfen, die es ernst meinen.” --Mark Twain
Zitat von DPUngarn hat mittlerweile den "unsinnigen" neuen Euroland Regeln zugestimmt.
Na, dann würde ich mal abwarten wie die Sanktionsmechanismen aussehen, abgesehen davon, dass bisher kein Parlament zugestimmt hat. Die Länder haben lediglich zgestimmt darüber zu beraten. Die einzelnen Bedingungen werden dann schon noch auf den Tisch kommen.
Eine "WON" Ueberschrtift beschreibt mein Sentiment recht genau:
"EU-Beschlüsse lassen Anleger ratlos zurück"
Ich bin wohl kein Anleger, aber ich habe genau so wie diese die Uebersicht verloren.
Robert Mundell wird ja als der "Vater des Euro" gefeiert. ich habe uber ihn viel gelesen so zwischen 1999 und 2002. Er hat damals sogar ueber eine "World Currency" gelehrt, zu dem der Euro (damals noch ECU) sowas wie ein Modell sei. Sehr ueberzeugt, der Nobelpreistrager. Der Nobelpreis basiert auf seiner 1961 Pionier Arbeit von "OCAs – "A Theory of Optimum Currency Areas".
In Lindau, 2011, war sein Vortrag, well, fuer einen Laien wie mich schlicht unverstaendlich. Ein Telegraph Financial reporter sagt zu seiner Pionier Arbeit:
quote If you read his own pioneering work on OCAs – "A Theory of Optimum Currency Areas" in the American Economic Review of 1961- it is hard to see how the eurozone can possibly qualify. He argued then that even Canada and the US might have benefited from a break-up into East and West dollars to reflect regional economies. end quotes
Und zu den Lindau (annual gathering of Nobel price winners of all sorts), sagt er:
Well, ist schwer zu zitieren, wie gesagt, nicht nur ich scheine ratlos zu sein, was er wirklich sagt.
Nun, es ist natuerlich schwer, und auch unanstaendig, die Aussagen eines Nobelpreistraegers irgendwie zu argumentieren, Widerspruechliches zu vermuten, oder Fragen zu stellen.
Aber , wenn man Paul Krugman liest, der so um die gleiche Zeit einen Nobelpreistrager geworden ist, der ohne Zweifel unbegrenztes Gelddrucken von den Notenbanken favorisiert, und Mudell's kryptische Aussagen in Lindau, die in die gleiche Richtung geht (und eindeutig , natuerlich before the fact, die Merkel kritisiert), koennte man auf die Idee kommen, dass das Wirtschafts-Nobelpreis Komittee aus irgendeinem Grunde die Welt in die Insolvenz nobelpreist....
Er redet davon, dass eben einige Nationen "fiscally irresponsible" seien. Aber, wenn jeder in der Welt ein Engel waere, dann haetten wir das Welt- Paradies, und alle diese Theorien waeren nicht notwendig...
Wie gesagt, ich habe die Ubersicht verloren. Das waren einige ungereimte Gedanken in meiner Verwirrung.
Vielleicht ist was grundsaetzlich falsch ist mit den wirtschafts-Theorien des 20sten Jahrhunderts (die primaer auf Keynes basieren) , und man muss nicht nur bei der Physik (wie DP spekuliert) von vorne in der Grundlagenforschung anfangen.
Zitat von GerdEine "WON" Ueberschrtift beschreibt mein Sentiment recht genau:
"EU-Beschlüsse lassen Anleger ratlos zurück"
Mich lässt vor allem die Berichterstattung ratlos zurück. Warum genau soll Camerons Entscheidung nun "gegen Europa" und "gegen die EU" gewesen sein? Das momentane Problem ist ein Euro-Problem. Die Engländer haben keinen Euro. Die beschlossenen Maßnahmen zur Finanzmarktregulierung sind absoluter Schwachsinn. Die Sanktionsmechanismen werden entweder zahnlose Tiger sein oder im Falle des Falles (z.B. wenn sie Deutschland oder Frankreich oder Italien treffen würden) nicht durchsetzbar sein.
Und weil die Engländer - im Gegensatz zu uns - noch nicht völlig verblödet sind, haben sie diese Debattierrunde mit EU-Zentralstaatsambitionen inklusive starkem Demokratiedefizit jetzt verlassen.
OK, vielleicht lobe ich die Engländer da auch zuviel, vermutlich hatte Cameron die City of London im Hinterkopf, die seinen Etat maßgeblich bestreitet. Aber immer noch besser das richtige aus den falschen Gründen zu tun als andersrum.
Gruß, Steffen
F-W
(
Gast
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Beiträge:
10.12.2011 09:53
#11 RE: "Wir wünsche Ihnen alles Gute" - England verabschiedet sich aus Kerneuropa
Ich habe die Berichterstattung nicht so im einzelnen verfolgt, so sind mir Beschlüsse zur Finanzmarktregulierung vermutlich entgangen.
Was die teilnehmenden Nicht-Euro Länder betrifft, für die sind Haushaltsdisziplin und Eingrenzung der Verschuldung sicher nicht falsch. Zumal einige von ihnen faktisch Euroländer sind, weil sie ihre Landeswährung fest an den Euro gebunden haben. Im speziellen Fall Ungarn, das am Rande der Staatspleite balanciert, dürfte denen gerade noch rechtzeitig eingefallen sein, dass sie von Cameron und seiner Verweigerung keinen Cent Hilfe zu erwarten haben, Zugang zu den Brüsseler Kassen gibt es nur zu Brüsseler Bedingungen.
Das ist vielleicht die positivste Erkenntnis des Gipfels: Erstmals hat sich die Mehrheit nicht mehr von der Veto-Drohung Einzelner erpressen lassen. Ungarn und England sind ihre Blockaden erstmals nicht mit Sonderzugeständnissen abgekauft worden. Sie haben unterschiedliche Konsequenzen gezogen. Ungarn hat in letzter Sekunde noch beigedreht. Cameron zog es vor mit leeren Händen nach Hause zu fahren statt in Brüssel sein Gesicht zu verlieren. Aber wie sagte er vorr ein paar Tagen?: Er sei kein besonders guter Schachspieler.
FW, es gibt keine Beschlüsse zur Regulierung des Finanzmarktes. Es war auch nie geplant welche zu diskutieren, geschweige denn zu beschliessen. Cameron hat sie als einziger auf den Tisch gebracht nach dem Motto Beitritt gegen Sonderregelungen für den Finanzplatz London. Das ist so ziemlich allen 26 Ländern sauer aufgestossen und Merkel, Sakozy und Van Rampensau konnten nicht anders als Cameron ignorieren, sonst wären alle gekommen und hätten Sonderregelungen für Lappland, Karpaten oder Sizilien gefordert. Ich nehme an, Cameron hat gemeint, er muss nur solange den Kaczynski spielen bis er seine Forderungen durch hat aber Merkel und Sarkozy war es ernst als sie schon im Vorfeld von der Spaltung der EU redeten. Alle wussten das, nur Cameron nicht.
grundsätzlich sind die heutigen Geldsysteme im Vergleich zum alten Goldstandard recht komplexe Regelsysteme, die von Hand gesteuert werden. So muss man wohl Mundell lesen: Er würde gerne in ein Regelwerk eingreifen, das für ihn zu komplex geworden ist. Das ist so als wollte man einen Nurflügler wie den Stealthbomber ohne Computerhilfe steuern wollen.
Zu den EU-Beschlüssen: Die von Deutschland geforderte Haushaltsdiziplin aller Euro-Länder ist eine wesentliche Voraussetzung dafür, dass Deutschland (und einige andere Nordländer) nicht auf Dauer die Verschuldungsorgien der Südländer bezahlt. Deshalb müssen diese ihre Neuverschuldung auf nahezu Null bringen. Faktisch ist heute Deutschland über den Target2-Mechanismus der Kreditgeber für Italien, Griechenland, u.a. (bislang um die 600 Mrd. €), ohne dafür irgendwelche Sicherheiten als Gegenleistung zu bekommen. Das ist anscheinend zwar gegen die Statuten der EZB, nur kann der EZB-Rat dies recht unabhängig beschließen (D ist dort in der Minderheit). Das einzige Druckmittel Merkels dürfte sein, dass sie mit dem Austritt Deutschlands aus dem Euro-System drohen kann.
Die Haushaltsdisziplin ändert aber an den Schulden nichts, es ändert höchstens die Bereitschaft Deutschlands, Stützungsmaßnahmen für Banken oder Regierungen mitzutragen. Das Problem der Haushaltsdisziplin - wenn dann auch noch in voller Breite praktiziert - ist die daraus resultierende Rezession. Es wird sich zeigen, ob Europa bei einer schweren Rezession die Austeritätsmaßnahmen durchhalten kann.
Der deutsche Lösungsvorschlag, den Europäischen Gerichtshof über Länderhaushalte entscheiden zu lassen, ist wohl vom deutschen Ansatz abgeschaut (der Haushaltsentwurf von NRW ist kürzlich gerichtich abgelehnt worden). Das kann für Regierungen (Regierungsparteien) durchaus ein Vorteil sein, wenn sie Sparmaßnahmen nicht selbst verantworten müssen. Die Parteien treten mit vollmundigen Versprechungen zur Wahl an, und späterer lassen sie sich von den obersten Gerichten zurückpfeiffen: Die Schuldigen sind dann demkratisch nicht gewählte Richter.