SPON zieht mal wieder über Merkel (resp. die Deutschen) her These; Merkel will die Banken am Risiko, Kredite an finanzschwache Länder zu vergeben, beteiligen und bringt damit eben die finanzschwachen Länder gegen sich auf, Deutschland wird wieder zum Buhmann. O Ton: Deutschland steht in der Kritik wie schon lange nicht mehr. Das Image der Kanzlerin ist schwer angekratzt, die Bilder Merkels in den Tageszeitungen vieler EU-Staaten zeigen meist eine grimmige Frau. Mitten in der großen Krise Europas kehrt das verschwunden geglaubte Image des hässlichen Deutschen zurück: übermächtig, präpotent und arrogant.
Also 1. wird es wohl nie einen passenden Zeitpunkt geben für solche Ankündigungen, einer ist immer empört. 2. ist es grundsätzlich richtig, dass auch die Finanzinstitute hier beteiligt werden und somit das Risiko gestreut wird. Und 3. handelt Merkel hier im Interesse aller europäischen Steuerzahler. Wie will man denn einem estnischen Bürger erklären, der ab 1.1.2011 neu den Euro als Zahlungsmittel hat, dass er das Risiko trägt für den Ausfall portugiesischer Staatsanleihen, die Deutsche Bank aber nicht?
Im übrigen finde ich das Gerede von der Wirkung immer mindestens zweischneidig. Natürlich kann man als nette Person immer glänzen aber Statur kann man auch zeigen, wenn man die Dinge in Ordnung bringt und kranke Systeme langfristig saniert. Dann kann man immer noch nach der Wirkung fragen.
Zum einen ist Merkel nicht dazu da, etwa dem irischen oder portugiesischen Finanzminister zu gefallen, sondern ihren Wählern. Zum anderen hat sie sich ihren internationalen Respekt sicher nicht durch Nettigkeiten erarbeitet. Respekt erwirbt man vor allem durch Kompetenz und Härte in Sachfragen gepaart mit der nötigen Diplomatie.
Davon abgesehen wissen die Regierenden der anderen EU-Länder genau, dass der Euro und Europa nur mit strengen Regeln und Übernahme von Verantwortung eine Chance haben. Aber die machen halt auch ihren Job, sich ihren Wählern zu verkaufen.
Der Spiegel sollte sich erst mal entscheiden, wer der grössere Buhmann/-frau für ihn ist, Merkel oder das böse internationale Finanzkapital. Ich dachte eigentlich letzteres, aber dann hätte man ja Merkel zustimmen müssen. Es gibt also noch schlimmeres als Heuschrecken.
Aber im Ernst.
Natürlich hat Merkel recht mit ihrer Haltung, aus vielerlei Gründen.
Vordergründig war ihre Haltung purer Populismus, wie soll man dem Wähler erklären, dass immer der Steuerzahler und nie die Banken/Spekulanten den Schaden bezahlen während sie den Gewinn kassieren, wenn alles gut geht.
Ob sie vorausgesehen hat, dass die angekündigte Teilprivatisierung der Länderrisiken so schnell zu so stark steigenden Zinsen führen wird, weiss ich nicht. Auch die Experten (selbsternannte wie tatsächliche) haben diesem logischen Effekt vorher keine grosse Bedeutung beigemessen. Und hinterher sind alle schlauer. Ich halte diese Verteuerung für sehr gesund, denn sie zwingt die Pleiteländer viel effektiver zu Spar- und Sanierungsanstrengungen als eine böse Merkel oder seelenlose EU-Kommission das je könnten. Dass Griechen, Iren, Portugiesen und bald Spanier der Merkel und damit Deutschland den Teufel an den Hals wünschen ist verständlich. Sparen tut weh. Ist doch schön, wenn man auf diese Weise vom Versagen der eigenen Politik ablenken kann.