>>Die Ungleichheit bei der Vermögensverteilung basiert langfristig auf individuell erheblich beeinflussbaren Faktoren. >>Dass genügend Leute weder Lust zum Sparen haben noch generell mit Geld umgehen können sowie nur begrenzt Fleiß und Motivation in die Waagschale werfen wollen...
Ja, ne, ist klar. Der Pöbel ist doch, wie immer, selbst schuld. Die Putze ist halt ein faules Miststück, verglichen mit dem Ackermann. Wäre das proletarische Luder nur mal etwas fleisiger, könnte die mit Putzen jeden Bankvorstand locker im Vermögensrankin überflügel - selbst schuld, wenn der ollen die 2,5/h Brutto und das bei einem 24h Arbeitstag nicht ausreichen, um ordentlich Vermögen anzusparen.
Widerlich dieses Menschenbild - und sowas führt gerade dieses Land.
Zitat von Kater"Wenn ich jetzt mal den Durchschnittsverdienst von irgendwas um die 2300 EUR brutto nehme und 40 Jahre Erwerbstätigkeit, dann reichen ja schon 200 EUR sparen im Monat (je nach Zinsniveau natürlich), und die sollten bei diesem Verdienst kein Problem sein. Jetzt mal als Single gerechnet. Doppelverdiener haben es da tendenziell noch einfacher." Aha, und was macht dann so der Familienvater ?
Tja, je nachdem. Er versucht, die staatlichen Zuschüsse optimal einzusetzen, so schnell wie möglich wieder in die Doppelverdienersituation zu kommen und natürlich sein(e) Kind(er) zur Bescheidenheit zu erziehen.
Mein Vater z.B. hat das exzellent gemacht, und das obwohl der Staat damals lange nicht so großzügig war.
Steffen: Es geht wohl eher nicht um den Durchschnittsverdiener, sondern um das untere Drittel. Jene Leute, die auf der Basis von 1200 € Brutto leben müssen.
Warum die Vermögensverteilung so wichtig ist?
Weil es offensichtlich ein Anliegen des Staates ist, JEDEM seiner Bürger zu Vermögen zu verhelfen - Sparerfreibetrag, Vermögenswirksame Leistungen, usw.
Zitat Es geht wohl eher nicht um den Durchschnittsverdiener, sondern um das untere Drittel. Jene Leute, die auf der Basis von 1200 € Brutto leben müssen.
Das ist eben das große Problem in diesem Land, dass es anscheinend *nur* noch um diese Leute geht. Wenn man nur noch (Verteilungs-)Politik für die Unterschicht macht, darf man sich nicht wundern, dass diese Schicht immer größer wird.
Spock: "Wenn man nur noch (Verteilungs-)Politik für die Unterschicht macht, darf man sich nicht wundern, dass diese Schicht immer größer wird."
Den Zusammenhang hätte ich gerne mal erklärt. Insbesondere vor dem Zusammenhang, dass die Ungleichheit zwischen "Arm" und "Reich" in Deutschland überproportional zunimmt (gegenüber dem EU-Schnitt).
Lexx, kommst du nicht alle drei Tage mit einer neuen OECD-Studie an, die ausrechnet, dass es immer mehr Arme gibt in diesem Land? Außerdem, was interessiert mich der EU-Durchschnitt?
Das ist auch so eine neue Marotte von der Politik durch die Doof-Medien infiltriert, alles schon mittelmäßige oder schlechte in Deutschland mit irgendeinem Durchschnitt der EU oder Schwarzafrika oder Hinterindien zu vergleichen, um uns nicht ganz so jämmerlich erscheinen zu lassen.
Spock: Ich kann dir auf Anhieb keine Quelle nennen, aber ich bin mir ziemlich sicher, Statistiken gelesen zu haben, nach denen die Reallöhne in Frankreich, Italien, Großbritannien von 1990 bis dato stärker gestiegen bzw. weniger zurückgegangen sind als in Deutschland. Gerade im letzten Jahrzehnt erinnere ich mich an steigende Reallöhne in F, GB, I, A, CH, während die in Deutschland zurückgegangen sind.
Man kann also durchaus deutschland-spezifische Faktoren ausmachen, die diese Ungleichheit unterstützen. Das mag die geographische Lage sein, aber sicherlich auch die politische Mentalität.
Lexx, dass die Reallöhne in Deutschland weniger gestiegen sind als in den anderen entwickelten Industrieländern Europas (der Vergleich ist erlaubt), habe ich auch so im Kopf. Ergibt auch Sinn, Deutschland hat sich vom Status des ausgeprägten Hochlohnlandes etwas nach unten angeglichen.
Das trifft aber noch nicht den Kern meiner These, dass sich Politik und Medien seit einigen Jahren fast überproportional mit einer - so proklamierten - wachsenden Unterschicht und deren nötiger Alimentierung befassen.
Spock: ►"Ergibt auch Sinn, Deutschland hat sich vom Status des ausgeprägten Hochlohnlandes etwas nach unten angeglichen."◄
Aber auch da ist interessant, dass die Löhne hochbezahlter - Verwalter ("Manager"), Berater, usw. - gestiegen sind, während der Rückgang besonders den "einfachen Mann" betrifft. Die austauschbare Arbeitskraft verliert hierzulande massiv an Wert; die typischen Angestellten, von der ungelernten Arbeitskraft bis zum Ausbildungsberuf, müssen mit weniger Lohn und schlechteren Arbeitsbedingungen klarkommen. Das ist der qualitative Unterschied zu den anderen Ländern.
►"Das trifft aber noch nicht den Kern meiner These, dass sich Politik und Medien seit einigen Jahren fast überproportional mit einer - so proklamierten - wachsenden Unterschicht und deren nötiger Alimentierung befassen."◄
Überproportional zu was?
Was ich seit geraumer Zeit erlebe ist, dass die Bevölkerung einer Kapitalisierung ihrer Lebenswelt wahrnimmt. Immer und überall wird mit "Markt" argumentiert. Abläufe und Arbeitsverträge werden rationalisiert. Neuverträge sind niedriger entlohnt und haben schlechtere Bedingungen als Altverträge (Stadtwerke). Arbeitgeber beuten ihre Mitarbeiter aus (Lidl, katholische Kirche), überwachen sie und spionieren sie aus (Lidl), um Geld zu sparen. Reicht der Staat den Unternehmen den kleinen Finger (Leiharbeiter) wird das zur Gewinnmaximierung ausgenutzt, indem die billigen Arbeitskräfte Stammarbeiter ersetzen.
Wer früher noch mit mittlerer Reife und einem Ausbildungsberuf die Aussicht auf ein sicheres Einkommen hatte, muss heute selbst mit Abitur bangen und sieht sich unvermittelt Abgründen wie Hartz IV gegenüber.
Diese neue Art des Wirtschaftens, die mit der fortschreitenden Globalisierung in die deutsche Wirtschaft Einzug gehalten hat, hat die Bevölkerung überrollt. Diese neue Mentalität hat vor allem diejenigen getroffen, die noch die frühere Zeit kennen, als Familienunternehmen sich noch mit Qualität gerühmt haben, wo die AGs heutzutage nurnoch auf Profit und Aktienkurs aus sind.*)
Dadurch ist ein Großteil der Bevölkerung einer neuen, fundamentalen Unsicherheit ausgesetzt: Der Unsicherheit des eigenen Lebensunterhalts. Dementsprechend häufig ist dieses Thema Gespräch bei gemeinsamen Essen, Feiern, Festen, Partys und sonstigen Anlässen, zu denen man sich trifft.
Aus markttechnischer Sicht gibt es ein massiv gesteigertes Interesse an dem Thema soziale Sicherung - und das wird enstprechend bedient.
*) Diese Darstellung ist gewollt überspitzt um zu verdeutlichen, wie das Ganze bei "den Leuten" ankommt.
"Die austauschbare Arbeitskraft verliert hierzulande massiv an Wert;"
ja, das ist unzweifelhaft so zu sehen. Nur, warum ist das so? M.E. liegt das daran, dass eine Zeitlang die Lohnstandards für ungelernte Kräfte im Vergleich zu der Produktivität des Arbeitsplatzes hoch waren. Heute haben wir die Situation, dass wir vieles, was bei uns früher produziert wurde (und wo es eine Menge an Arbeitsplätzen für Ungelernte gegeben hat) schlicht garnicht mehr bei uns sondern in China, Bangla Desh oder Nordkorea produziert wird. D.h., der Großteil dieser Arbeitsplätze sind weggefallen.
Dazu kommt, dass viele der mittelständischen Unternehmen international aufgestellt sein müssen, z.B. weil sich die Entwicklung von Hightech-Elektronik für einen nationalen Absatzmarkt nicht rentiert. Meine Firma ist in einem Nischenmarkt tätig. Eine Schaltung, die wir vor 5 Jahren entwickelten ist bis heute mindestens einmal überarbeitet worden (obwohl sich an der Funktion nichts geändert hat) weil z.B. die Prozessoren (oder andere Bauteile), die wir vor 5 Jahren eingesetzt haben, nicht mehr geliefert werden. Oder weil sich die Produktionsprozesse zwischenzeitlich geändert haben (z.B. RoHS eingeführt wurde) wegen gesetzlicher Vorgaben.
Dann gibt es so nette Vorhaben wie die "unbezahlten" Einpackkräfte in einigen Supermärkten. Spricht man mit den Leuten sind sie glücklich über den relativ hohen Stundenlohn, auf den sie wegen der Trinkgelder kommen. Was aber passiert? Die Gewerkschaften und eine ganze Reihe von "Gutmenschen" jaulen auf, weil jemand "umsonst" arbeitet.
Ist schon über 30 Jahre her, da hat ein Bekannter (Schüler) am Samstag an einer Autowaschstrasse gearbeitet - dafür sorgen, dass die Leute richtig einfahren, Antennen etwas abkleben, dass sie von den Walzen nicht mitgenommen werden etc. Am ersten Samstag kam er nach Hause und war extrem stolz über sein Einkommen - allein fast 80 DM Trinkgeld. Der Waschpreis war nämlich DM 3.80 und die meisten haben ihm die 20 Pf als Trinkgeld gegeben. Wenn dann jemand freundlich und dienstbereit angekommen ist, war das selbstverständlich.
Wenn ich in den USA am Flugplatz ankomme dann kreisen da eine Menge Schuttlebusse, um die Leute zu den diversen Parkplätzen, Autovermietungen, Hotels etc zu bringen. Schaut man sich die Fahrer an, dann sind die oft jenseits der Pensionierungsgrenze, meist Latinos oder "african Americans" (ich hoffe, das war jetzt politisch korrekt ausgedrückt) - das sind Arbeitsplätze, die es bei uns schlicht so gut wie nicht gibt.
Schau Dir mal die Anforderungen in den Lehrberufen an. Wenn jemand vor 30 Jahren Maler gelernt hat, war das Anforderungsprofil ziemlich einfach. Heute muss der selbe Malerlehrling jede Menge über Chemie wissen, über die Zusammensetzung der Farben Bescheid wissen etc etc. Kein Wunder, dass der Meister lieber einen Realschüler einstellt als einen Hauptschüler. Wir haben schlicht die einfachen Arbeitsplätze wegrationalisiert, sei es aus wirtschaftlichen Gründen, sei es, weil es der Gesetzgeber so befohlen hat, sei es auch aus anderen Gründen. Damit hat sich aber auch die Nachfrage nach diesen Arbeitsplätzen drastisch geändert - das Ergebnis ist bekannt.
Für "Manager" gibt es einen Markt - zumindest glauben das offensichtlich die Aufsichtsräte so, sonst würden sie nicht so (ver)handeln. Dass Manager hierzulande sehr oft viel zu viel verdienen ist m.E. klar. Aber das sind frei ausgehandelte Verträge, frei ausgehandelt zwischen 2 unabhängigen Parteien. Pikanterweise haben wir ja in weiten Bereichen ein hohes Mass an Mitbestimmung, das heißt, dass die Vertreter der Gewerkschaften den Verträgen zugestimmt haben....
So, jetzt muss ich ins Büro.
Schönen Tag WRL
"Glückliche Sklaven sind die größten Feinde der Freiheit!" Marie von Ebner-Eschenbach “Politiker sind wie Windeln. Man muss sie oft wechseln und das aus denselben Gründen.” (Mark Twain)
Zitat Was ich seit geraumer Zeit erlebe ist, dass die Bevölkerung einer Kapitalisierung ihrer Lebenswelt wahrnimmt. Immer und überall wird mit "Markt" argumentiert. Abläufe und Arbeitsverträge werden rationalisiert. Neuverträge sind niedriger entlohnt und haben schlechtere Bedingungen als Altverträge (Stadtwerke). Arbeitgeber beuten ihre Mitarbeiter aus (Lidl, katholische Kirche), überwachen sie und spionieren sie aus (Lidl), um Geld zu sparen. Reicht der Staat den Unternehmen den kleinen Finger (Leiharbeiter) wird das zur Gewinnmaximierung ausgenutzt, indem die billigen Arbeitskräfte Stammarbeiter ersetzen.
Lexx, die fetten Jahre sind halt vorbei.
Der deutsche Arbeitnehmer konkurriert zunehmend mit Kollegen aus Osteuropa und Asien. Die arbeiten für einen Bruchteil der deutschen Löhne, ohne Tarifvertrag, Betriebsrat und den ganzen Kram. Das schlimme dabei: Durch Know-How-Transfer sind immer mehr höherqualifizierte Jobs betroffen. Aber was, außer über den bösen Markt zu jammern, willst du dagegen machen? Deutschland vom Markt abschotten? Das wird wohl kaum funktionieren.
WRLs aufgezeigter Weg in billige Dienstleistungsjobs kann auch nicht das Allheilmittel sein. Irgendwer muss noch die gut bezahlte Arbeit machen, um sich den billigen Dienstleister auch leisten zu können. Wobei ich inzwischen zweifle, dass die Deutschen jemals eine Dienstleistungsnation werden.
Also wie kommen wir aus der Misere? Wir haben kein Erdöl und kein Gold, also müssen wir weiter unser Know-How verkaufen. Das Züchten echter Eliten darf dabei u.a. kein Tabuthema sein.
WRL, Spock: Ich hab einfach mal aufgezählt, was mir so einfällt, das die Leute als negative Veränderung zu früher wahrnehmen (könnten). Das ist eine Zustandsbeschreibung, um Spocks These zu erklären, dass die Medien sich seit geraumer Zeit verstärkt auf soziale Probleme konzentrieren.
Diese Veränderungen treffen nunmal diejenigen mit der geringsten Qualifizierung oder anderen z.b. körperlichen Nachteilen am stärksten. Dadurch wird bestehende Ungleichheit, die in den 80er Jahren vllt. noch nicht so auffällig war, natürlicherweise verstärkt und die meisten deutschen sind davon zumindest mittelbar betroffen (sie selbst, eigene Familie, Verwandte, Freunde, Arbeitskollegen, ...).
Hinzu kommen Nachrichten wie die diversen Datenskandale (Telekom, Lidl), Überwachungsskandale (Lidl), schlechte Arbeitsbedingungen (Schlecker, Lidl), Verhinderung von Betriebsräten (Lidl), ausgebeutete illegale Einwanderer, Schwarzarbeit oder "Betriebsratsverseucht" als Unwort des Jahres; Zeitarbeit, Leiharbeit, Hartz-Reformen - die Politik trägt ihr Übriges dazu bei.
All das hat sich in den Köpfen der Menschen verankert und daraus resultiert das Interesse an sozialen Themen. Ein wenig selbstverstärkender Effekt spielt da natürlich auch rein (Durch Berichtberstattung verankert sich das Thema, dadurch steigt das Interesse und es wird mehr berichtet) et voila - es wird "fast schon überproportional" über "eine wachsende Unterschicht" berichtet.
Das betrifft im übrigen die gesamte Fernsehlandschaft. Dokusoaps von überschuldeten Familien oder Betrieben, Restaurants am Rand des Ruins und Super-Nanny-therapierten Problemkindern und ihren Eltern haben ebenso Konjunktur wie Reportagen über die Ausnutzung von Leiharbeitern (kam erst gestern im WDR) und das besagte Hart aber Fair.
Was die aktuellen Probleme angeht, bin ich im übrigen der Meinung, dass die derzeitigen Zustände sich umkrempeln, wenn der Pillenknick in der Bevölkerungspyramide voll durchschlägt. Die heutigen Zustände sind rein markttechnisch auf ein massives Überangebot im niedrig-qualifizierten Bereich zurück zu führen. Nicht nur, dass in letzter Zeit sehr geburtenstarke Jahrgänge auf den Arbeitsmarkt gedrängt sind, sondern auch die wirtschaftliche Öffnung der Landesgrenzen trägt dazu bei, dass die Arbeitgeber sich die Arbeitskräfte auf der einen Seite aussuchen können und auf der anderen Seite selbst Konkurrenzdruck haben.
Im nächsten Jahrzehnt wird sich allerdings immer mehr ein Mangel an Arbeitskräften, vor allem Facharbeitern, herauskristallisieren. Dann können sich die Unternehmen den derzeitigen Jugendwahn nicht mehr in dem Umfang leisten wie bisher, sondern müssen mehr und mehr selbst um die Arbeitskräfte konkurrieren statt umgekehrt. Wenn die Politik es schafft, die Bildungsquote zu erhöhen um den Fachkräftemangel auszugleichen, wird das Angebot im niedrig-qualifizierten Sektor automatisch verknappt, was die Arbeitsbedingungen womöglich wenigstens ein wenig verbessert.
So viel Weitsicht traue ich der aktuellen Regierung allerdings nicht zu....ebensowenig wie der Opposition.
WRL: "Dazu kommt, dass viele der mittelständischen Unternehmen international aufgestellt sein müssen"
So manches Unternehmen übertreibt es damit allerdings massiv. Beispiel Märklin: Märklin, einst führender Modellbahnhersteller, hat sein Geschäftsmodell amerikanisch umgestellt. Es wurde gnadenlos rationalisiert. D.h. Preise erhöht und gleichzeitig die Produktion nach Rumänien und China verlagert. Das Ergebnis waren Qualitätsprobleme, weil besonders das chinesische Partnerunternehmen nicht die Standards hatte wie die deutschen Werke (Den gleichen Fehler hat übrigens seinerzeit Opel in den 90ern gemacht. Man hat die günstigsten Zuliefererteile genommen. Und die waren dann eben nicht nur günstig, sondern auch billig). Auch dadurch hat Märklin massive Absatzprobleme bekommen. Der chinesische Partner wurde dann von einem chinesischen Konkurrenten gekauft, der kurz danach neue Modelle im Angebot hatte - der hat nämlich dadurch die Spritzformen der Märklin-Modelle erhalten.
Was macht ein Unternehmen mit Absatzproblemen nach kapitalischem Vorbild? Es holt sich einen Berater. Leider haben die Berater das Unternehmen regelrecht ausgenommen. In einem Jahr hatte Märklin einen Verlust von 16 mio. € - die Beraterhonorare machten 14,5 mio. € aus.
Dieser neokapitalistische Kurs hat Märklin letztlich in die Insolvenz getrieben. Heute schreibt das Unternehmen wieder schwarze Zahlen und der Insolvenzverwalter sucht nach einem Investor.
Hätte die Familie Märklin das Unternehmen nicht verkauft, sondern selbst weitergeführt und auf die bisherigen Tugenden - Qualität made in Germany - gesetzt, wäre das Ganze womöglich nicht passiert.
"Märklin, einst führender Modellbahnhersteller,.. " und "Hätte die Familie Märklin das Unternehmen nicht verkauft.."
Es lässt sich vieles an einem Einzelbeispiel herbei- oder hinwegdiskutieren.
Es war, finde ich, spätestens dann kein mittelständisches Unternehmen mehr als es von einem Investor übernommen wurde.
Natürlich gibt es eine Menge Veränderungen in den letzten Jahren, DAS bezweifelt nun wirklich niemand mehr. Die Frage ist doch, welchen Einfluss hat jeder Einzelne auf die Veränderungen und wie sieht die Reaktion darauf aus. (Das ist jetzt nur ein Beispiel: Es bezweifelt auch niemand, dass sich das Klima ändert, die Frage ist, was trägt der Mensch dazu bei und wie stellt er sich darauf ein. Da wo ich wohne, war vor - sagen wir mal - 15000 Jahren noch 100 m Eis, wenn das keine Veränderung ist!). Derzeit scheinen die meisten Bundesrepublikaner auf die Probleme zu starren wie das Kaninchen auf die Schlange und immer nur von anderen zu verlangen, dass es die Probleme wegmachen soll.
Um nochmal ein off-topic-Beispiel zu bringen: Mein Eindruck in der beginnenden Umweltproblematik vor so 30 bis 35 Jahren war, dass der überwiegende Teil der Bevölkerung gesagt hat: Klar, wir müssen was für die Umwelt tun, gaaanz klar. Fangt ihr schon mal an, ich komme dann nach!
Derzeit versucht "Jeder" erstmal seine persönliche Verantwortung auf den Staat abzuwälzen - ein beliebtes Spielchen hierzulande, schon seit langer Zeit, seit der Wiedervereinigung ist das noch schlimmer geworden.
Ich bin auch sehr enttäuscht von unserer Regierung (die ich, möglicherweise als einziger, so kommt mir vor, gewählt habe), aber bei aller Enttäuschung bin ich mir halt klar, dass letztendlich nur ich selber bestimme wie ich mein Leben führe. Ich kenne niemanden ernstzunehmenden (damit sind die meisten Politiker draußen vor) der uns Menschen ein Leben in Saus und Braus versprochen hat.
Schönen Tag WRL
"Glückliche Sklaven sind die größten Feinde der Freiheit!" Marie von Ebner-Eschenbach “Politiker sind wie Windeln. Man muss sie oft wechseln und das aus denselben Gründen.” (Mark Twain)
WRL: "Derzeit scheinen die meisten Bundesrepublikaner auf die Probleme zu starren wie das Kaninchen auf die Schlange und immer nur von anderen zu verlangen, dass es die Probleme wegmachen soll."
Viele Bürger nehmen die Zustände so wie sie sind hin und versuchen sich so gut es geht damit zu arrangieren, so jedenfalls mein Eindruck. Die Politikverdrossenheit ist da nur die Spitze des Eisbergs einer tiefen Enttäuschung gegenüber den verantwortlich handelnden. Wenn einem alles diktiert wird und "die da oben" sowieso tun, was sie wollen, ist natürlich die Bereitschaft gering, sich selbst aktiv einzubringen. Die Angst der Politik vor Volksentscheiden auf Bundesebene ist ein bestes Beispiel für den Graben zwischen der Elite unseres Landes und der Bevölkerung. Die Basis fühlt sich hintergangen und die Spitze wundert sich über so breite Ablehnung von der Basis.
Kommen wir zurück zu den Problemen, die den Alltag der Leute direkt betreffen. Wenn es um schlechte Arbeitsbedingungen und/oder Entlohnung geht, höre ich immer wieder ein "das ist eben so". "Was soll ich machen?" Man ist mit der Situation unzufrieden, aber will auch nicht riskieren, noch tiefer zu rutschen. Ein schlechter Arbeitsplatz ist immernoch besser als garkeiner. Das betrifft insbesondere die älteren 50+ die nirgendwoanders mehr genommen werden/würden.
"Kaninchen vor der Schlange" ist da schon kein so falscher Ausdruck. Viele wissen sich eben nicht zu helfen und/oder sehen nicht, was sie selbst tun könnten. Denen müsste man erstmal erklären, was ihre "persönliche Verantwortung" sein könnte. Zudem wissen viele oftmals nicht, was sie eigentlich für Rechte haben und das viele Zustände eigentlich nicht hingenommen werden müssen, dazu komme ich unten.
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Das Beispiel Märklin (#1) ist natürlich nur ein Einzelbeispiel - Roco (#3) ist trotz Insolvenz seinem Geschäftsmodell weitgehend treu geblieben. Fleischmann (#4) trotz Übernahme durch die Mutter von Roco auch.
Vielleicht ist für mein Argument das Beispiel Lidl passender. Während Aldi Nord und Süd ihr Konzept seit Jahrzehnten weitgehend unverändert fortführen fällt Lidl durch schlechte Bezahlung, schlechte Arbeitsbedingungen und schlechte Behandlung ihrer Mitarbeiter auf. So Fälle, wo jemand mit gebrochenem Arm seine Schicht durcharbeiten muss, bevor er (sie) zum Arzt darf; Wo eine Filiale geschlossen wird, weil dort ein Betriebsrat gegründet wurde, und wo unliebsame Mitarbeiter mutmaßlich dazu genötigt werden, ein Geständnis zu unterschreiben, dass sie etwas geklaut hätten (alles Lidl) zeichnen ein Menschenbild, das mich erschaudern lässt. Dahinter steckt m.E. mehr Geldgier/Gewinnsucht als echter Konkurrenzdruck. Denn die Mitbewerber, Aldi und Plus/Netto schaffen es augenscheinlich ohne solche Schikanen. Das ist eine neue Wirtschaftsmentalität, die sich m.E. eher neben der Globalisierung als durch sie verursacht breitgemacht hat.