ypsilantisieren (DP) = aus wahltaktischen Überlegungen im Vorfeld verschiedene zukünftige Optionen ausschliessen.
Hmm, mal sehn, was geht eigentlich nicht mehr: - Jamaika - haben die Grünen auf ihrem Parteitag ausgeschlossen - Ampel - hat die FDP auf ihrem Parteitag ausgeschlossen - rot-rot-grün hat die SPD auf Bundesebene ausgeschlossen - Niemand will im Bund mit der Linken koalieren
Das heisst; nach Lage der Dinge ist Angela Merkel schon mal neue Kanzlerin und jetzt kommt es nur noch auf den Juniorpartner an. Linke und Grüne haben sich im Vorfeld selbst aller Optionen beraubt. Die FDP setzt auf eine einzige Chance. Die SPD ist in derselben Lage wie die anderen kleinen Parteien und muss genau wie diese warten, ob für sie was vom Regierungskuchen abfällt.
Ist doch eigentlich idiotisch, wie sich die Parteien hier einschränken. Man hat Angst vor dem taktischen Wähler und möchte eine klare Botschaft senden; mit mir geht das nicht oder nur das oder das auch nicht. Dabei wird jede Botschaft sofort von der Konkurrenz angezweifelt und propagandistisch verwertet.
Und so hätte man es haben können: Die SPD hätte mit rot-rot-grün eine realistische Option auf die Kanzlerschaft, die FDP hätte mit der Ampel eine Alternative, falls die Union doch noch schwächelt, die Linke hätte sich mit einem moderaten Programm im Bund als Regierungsoption empfohlen, wobei automatisch jede weitere Diskussion um Regierungsbeteiligungen obsolet wären, die Grünen hätten mit Jamaika und Ampel zwei realistische Optionen und könnten sich sogar von der SPD etwas emanzipieren. Ein bunter Haufen an Möglichkeiten, die keinen potenziellen Wähler verschrecken sondern eher motivieren sollten, seinen Favoriten gestärkt ins Rennen um den Regierungspoker zu schicken.
Tenor: Koalitionen vor der Wahl auszuschließen ist Missachtung der Wähler. Demokraten sollten grundsätzlich bereit sein, mit jedem zu koalieren und Koalitionen erst nach der Wahl ausschließen. Andernfalls wird der Wählerwillen vorweggenommen.
DP: Wenn es für Schwarz-Gelb reicht sind die jetzigen Koalitionsausschlüsse sowieso irrelevant. Interessant wird es, wenn diese Mehrheit NICHT steht. Dann geht es für die FDP nämlich ganz konkret um die Frage "Ampel oder Opposition" und nicht darum, sich tatktisch zu positionieren.
Nun diese Frage hat die FDP ja nun entschieden; sie hat die Ampel definitiv per Parteitagsbeschluss ausgeschlossen. Und mal ehrlich; wie soll das denn gehen; die FDP positioniert sich als rechts-bürgerlich liberale Partei und verhilft dann rot-grün zur Macht und steht dann für flächendeckende Mindestlöhne, Atomkraftende, Einheitsschulen, Frauenquoten, Regelwut, steigende Sozialausgaben.
Vielleicht noch ergänzend zum Eingangsbeitrag; Für die SPD ist die Situation völlig schizophren: Sie attackiert die Union und spricht sich gegen die grosse Koalition aus, auch wenn das überhaupt ihre einzige Regierungsoption ist. Und den Beschluss der FDP will sie einfach nicht akzeptieren und ignoriert das Votum der Liberalen wie ein trotziges Kind, dabei ist die FDP doch der andere erklärte Gegner der SPD. Völlig grotesk.
"Tenor: Koalitionen vor der Wahl auszuschließen ist Missachtung der Wähler. Demokraten sollten grundsätzlich bereit sein, mit jedem zu koalieren und Koalitionen erst nach der Wahl ausschließen. Andernfalls wird der Wählerwillen vorweggenommen."
Nun, wenn es um den vielbeschworenen Wählerwillen geht, dann hat sich die FDP völlig richtig verhalten - eine extrem große Mehrheit Ihrer Wähler will schwarz/gelb.
Für meine eigene Entscheidung gilt: Da ich persönlich jede Regierung ausser schwarz/gelb für noch wesentlich schlechter halte als es momentan eh schon ist ist es klar, dass ich diesmal FDP wähle. Das könnte ich aber nicht, wenn sie sich alle Optionen offen hält, denn dann würde ich ja notfalls die Ampel gewählt haben...
Der feste Entschluss der FDP nur für schwarz/gelb zur Verfüggung zu stehen bringt ihr mindestens 3 % mehr Stimmen, die allerdings der CDU/CSU fehlen werden, so dass es für das Lager als solches egal ist, nicht aber für das Ergebnis der FDP.
Im Übrigen halte ich es für wichtig, dass die Programme wenigstens soweit übereinstimmen dass man einen Kompromiss findet den man vor den eigenen Wählern vertreten kann und nicht, dass unbedingt eine regierung gebildet werden kann. Mir ist persönlich "KEINE" Regierung lieber als eine "HANDLUNGSUNFÄHIGE". Als Beispiel dazu eine Aussage von Herrn Riester, befragt nach den unterschiedlichen Ansätzen der beiden regierungsfraktionen zur Gesundheitsreform: Man kann es nach Art der CDU genauso machen wie nach Art der SPD - was man auf keinen Fall machen darf ist, beide Systeme zu vermengen. Leider hat es aber genau eine Vermengung der beiden Systeme gegeben!
Ich bin mir schon seit Monaten ziemlich sicher, dass es für schwarz/gelb nicht reichen wird, also wird es entweder zur Fortsetzung der jetzigen Regierungskoalition kommen mit dem Unterschied, dass noch weniger gehen wird als bisher oder es wird rot/rot/grün kommen mit Wowi oder unserem Umweltheini als Kanzler. Da ich beide geradezu für die Inkarnation politischer Dummheit halte bin ich nicht sonderlich optimistisch.
Na ja, ich bin ab Mitte der Woche in den USA, vielleicht beantrage ich politisches Asyl.. :-)
Schönen Abend WRL
"Glückliche Sklaven sind die größten Feinde der Freiheit!" Marie von Ebner-Eschenbach “Politiker sind wie Windeln. Man muss sie oft wechseln und das aus denselben Gründen.” (Mark Twain)
Zitat von WRLDer feste Entschluss der FDP nur für schwarz/gelb zur Verfüggung zu stehen bringt ihr mindestens 3 % mehr Stimmen, die allerdings der CDU/CSU fehlen werden, so dass es für das Lager als solches egal ist, nicht aber für das Ergebnis der FDP.
Das muss nicht so sein, denn für die taktischen Wähler gibt es jetzt die endgültig sichere Option Erststimme CDU/Zweitstimme FDP, was die Zahl der Überhangmandate erhöhen könnte.
Dass das eine relevante Größe sein könnte, zeigt ja schon das aufgeregte Gegacker von SPD, Grünen und der SED. Gerade die SPD ist doch nun schon seit 11 Jahren an der Regierung, da hatten sie doch wahrlich genug Zeit für Änderungen - aber 1998 und 2002 hat man WIMRE noch von Überhangmandaten massiv profitiert.
Zitat von LexxDazu gibt es auch einen passenden Kommentar: http://www.tagesschau.de/kommentar/wahlkampf130.html Tenor: Koalitionen vor der Wahl auszuschließen ist Missachtung der Wähler. Demokraten sollten grundsätzlich bereit sein, mit jedem zu koalieren und Koalitionen erst nach der Wahl ausschließen. Andernfalls wird der Wählerwillen vorweggenommen.
Selten einen schwachsinnigeren Kommentar gelesen. Die jetzigen Aussagen - FDP nicht in die Ampel, Grüne nicht in eine Jamaika-Koalition, SPD nicht mit der SED - sind allesamt Aussagen, die aufgrund der Wahlprogramme völlig selbstverständlich sind. Wobei da die SPD-Aussage, nur aus außenpolitischen Gründen nicht mit der SED zu können, schon bedenklich ist.
Für mich als Wähler ist es essentiell, zu wissen, was meine persönliche Wahl für Koalitionsoptionen in Aussicht hat. Die FDP respektiert das durch ihre klare Aussage. Das finde ich gut, man weiss genau woran man ist. Hätte sich die FDP alle Optionen offen gehalten, wäre sie ja komplett unglaubwürdig - wieviele Inhalte könnte sie wohl in einer Ampel durchsetzen? Den potenziellen Grünen-Wählern dürfte es genauso gehen.
Dass den meist linken Journalisten das gegen den Strich geht, ist aber natürlich klar. Entsprechend war die Reaktion der meisten Medien vorhersehbar.
Interessanter Weise ist es so, dass die Grünen zwar Jamaika ausgeschlossen haben, aber nicht Schwarz-Grün. Mit der Union meinen sie also, mehr Überschneidungen zu haben als mit Union und FDP. Die Grünen haben also am ehesten die FDP ausgeschlossen, während die FDP am ehesten die SPD ausgeschlossen hat - Jamaika steht nicht auf der Abschussliste. Die SPD wird nicht mit der Linken zusammen gehen. Dafür ist den SPD-Spitzenpolitikern die Glaubwürdigkeit zu wichtig.
DP: Das lässt sich einfach erklären: Schwarz mit Rot gibt einen Kompromiss zwischen Schwarz und Rot. Gelb mit Rot ergibt einen Kompromiss zwischen Gelb und Rot. Schwarz und Gelb ergibt einen Kompromiss ohne Rot.
Was die SPD mit der "Verteufelung" (wie auch immer die jetzt genau aussehen mag) tut ist nichts weiter als zu bekunden, dass man keine Regierung ohne die eigene Beteiligung will. Das versteht sich also eigentlich von selbst und tut der Glaubwürdigkeit keinen Abbruch.
Bemerkenswerter ist für mich, wie FDP und CSU aufeinander rumhacken, obwohl sie jeweils erklärte Wunschpartner sind.