"dann lassen sich die Leute (ich will das mal nicht auf die Deutschen reduzieren) sogar schlechten Industriefraß teuer verkaufen."
Ich würde den schwarzen Peter nicht so leichtfertig dem Konsumenten zuschieben. Schließlich versucht die Anbieterseite mit äußerst raffinierten Methoden zu verschleiern, dass die Zusätze nicht echt sind und nutzen das Vertrauen der Käufer in die Vorderseite schamlos aus.
Das ist alles eine Frage der Prioritäten. Selbst einfache Gemüter machen eine Wissenschaft aus dem, was sie in ihr Auto kippen. Aber jeden Müll aus dem Supermarkt stopfen sie sich in den Hals, wenn die Packung nur schön bunt ist?
Ich nehme die Konsumenten da nicht ganz aus der Pflicht. Wir hatten das Thema hier ja schon einige Male. Ich kann mich nur immer wieder wundern, wie schwer das mit der einheitlichen Inhaltsstoff-Kennzeichnung in Europa ist.
Die Weltbevölkerung wird dieses Jahr noch die 7 Mrd. Schwelle überscheiten. Die 10 Mrd. werden die meisten von uns noch erleben. Experten aller Zünfte machen sich Gedanken, wie diese Masse Mensch ernährt werden soll.
In der ZDF-Sendung Abenteuer Wissen am 8.7. versuchte Moderator Karsten Schwanke uns mit den neuesten Visionen der Wissenschaftler über die Ernährung der Zunkunft vertraut zu machen. Z.B. über Fleisch aus dem Labor.
Was wir hier diskutieren, nämlich Ersatzstoffe, die uns Fleisch oder Käse vorgaukeln ist nichts anderes als ein Vorgriff auf diese Vision, für viele auch eine Schreckens-Vision, nämlich dass die Weltbevölkerung nicht mehr ausschliesslich mit „natürlich“ hergestellten Lebensmitteln ernährt werden kann.
So gesehen ist an Käse- oder Schinkenimitaten nichts verwerfliches solange sie nicht gesundheitsschädlich sind. Was bleibt ist die Täuschung der Verbraucher, dass man sie nicht darüber aufklärt, dass sie Laborfutter zu sich nehmen.
Das räumt ja auch inzwischen auch ein Sprecher der Lebensmittelindustrie im Spiegel-online Interiew ein, dass da mehr Klarheit gefordert ist. Solange der Verbraucher nicht getäuscht wird, sondern klar über die Zusammensetzung der Fertiggerichte informiert wird, ist an der Verwendung von Käse-, Garnelen oder Schinkenimitaten nichts aussetzen. Zumal, wie wir aus dem Interview lernen, mancher Pizzabäckjer das Käseimitat nicht nur einsetzt um an den Kosten für die Zutaten zu sparen, sondern weil er die Backzeit der Pizza damit drastisch verringern kann. Das spart nicht nur Energie, sondern stellt auch die eiligen Kunden zufrieden. Schliesslich ist Pizza kein kulinarischer Hochgenuss, sondern wie Burger, Döner oder Currywurst mit Fritten Schranke ein wesentlicher Träger der Systemgastronomie.
Spock: Natürlich sind die meisten Verbraucher in der Lage, zumindest im Supermarkt auf die Inhaltsstoffe zu achten und Fälschungen zu erkennen (was in der Gastronomie oder auf dem Wochenmarkt schon deutlich schwieriger wird). Aber dafür muss er erstmal dafür sensibilisiert wird. Wenn er keine Ahnung hat, dass eine "Surimi-Garnele" garkeine Garnele ist, sondern ein Nachbau aus Fischabfällen und Hühnerfett, dann wird er da auch nicht genau nachfragen, was das ist. Er denkt sich "Garnele ist Garnele" und kauft das falsche Zeug, ohne es zu wissen.
Im Moment profitieren die Hersteller also von einem Vertrauen, dass schamlos ausgenutzt wird (in meinen Augen ist sowas GANZ nah dran an der Sittenwidrigkeit). Wenn diese Fälschungen jetzt jahrelang thematisiert werden, dann ändert sich das vielleicht - dann verlieren die Supermarktanbieter das Vertrauen und versuchen es sich vielleicht mit klaren Kennzeichnungen ("mit echtem Käse") wieder zurück zu holen.
FW: Ein Vorgriff auf etwas, was in 60-70 Jahren ist?
Theoretisch müsste heute niemand hungern, wenn Getreide nicht zur Viehfütterung verwendet werden würde - mit Brot könnte man alle satt machen. Das ist natürlich Utopie. Aber die Probleme, die sich im Jahr 2070 für die Weltbevölkerung stellen, werden meiner Meinung nach andere sein, als wie man jeden mit Käse und Fleisch versorgen kann. Zumal die Bevölkerung in Europa schrumpft, unsere Ackerfläche also sogar WENIGER Menschen als jetzt versorgen muss. Und die Amis haben auch genug Reserven. Deswegen sehe ich langfristig keine Notwendigkeit, dass wir hier in Europa oder den USA "Laboressen" aus Verteilungsgründen essen müssen. Das wäre eher für Afrika interessant, wobei die vermutlich viel größere Probleme mit der Wasserversorgung haben werden.
"Wenn er keine Ahnung hat, dass eine "Surimi-Garnele" garkeine Garnele ist"
Wer seine Augen einigermassen aufmacht sieht auf den ersten Blick, dass die Surimi-Garnele eben keine richtige Garnele sein kann.
Ich fand auch gerade das Beispiel mit dem Surimi-Zeugs weit hergeholt, mit Ausnahme der Verpackung auf der noch "..gefangen in.." steht - das ist echte Täuschung.
Wenn ich richtig informiert bin, wurde die "künstliche Garnele" in Asien zuerst produziert um Fischabfälle auch zu verwerten (was ja prinzipiell nicht schlecht ist). Natürlich darf man so etwas nicht als gefangenen Fisch bezeichnen (auch wenn man ja argumentieren kann, dass das ja nicht falsch ist - die Fische von denen die Abfälle stammen sind sicher irgendwo auch mal gefangen worden.
Wie wäre es, wenn in jedem Wahlprüfstein zur kommenden Bundestagswahl die deutlichere Auszeichnung von Lebensmitteln ganz vorne stünde? Ob das etwas helfen würde?
Guten Appetit WRL
"Glückliche Sklaven sind die größten Feinde der Freiheit!" Marie von Ebner-Eschenbach “Politiker sind wie Windeln. Man muss sie oft wechseln und das aus denselben Gründen.” (Mark Twain)
FW, dein Einwand zur Ernähnrung der Weltbevölkerung ist zwar ein interessanter Aspekt, trifft aber m.E. nicht den Kern.
Wir erzeugen und verzehren in den Industrieländern Kohlehydrate und pflanzliche sowie tierische Fette im Überfluss. Daneben ist der Fleischanteil unserer Ernährung sehr hoch (ich lasse mal das 'ZU hoch' außen vor, zumindest ist es mehr, als notwendig wäre).
Die Bereitstellung von Kohlehydraten für die Menschen der Welt über diverse Getreide sollte kein Problem sein, problematischer aber auch nicht unlösbar sind die Proteine, allerdings nicht erzeugt durch den Fleischkonsum, den wir uns in den Industriestaaten leisten.
Die Produkte, die hier konkret in der Kritik stehen, sind folgerichtig auch keine Grundnahrungsmittel, sondern eher ernährungstechnisches Beiwerk oder gar für die gesunde Ernährung unnütz bis kontraproduktiv.
Zitat von F-WDie Weltbevölkerung wird dieses Jahr noch die 7 Mrd. Schwelle überscheiten. Die 10 Mrd. werden die meisten von uns noch erleben. Experten aller Zünfte machen sich Gedanken, wie diese Masse Mensch ernährt werden soll.
Mein letzter Stand (irgendeine UN-Projektion) war, dass die Weltbevölkerung bei knapp über 9 Mrd. ein Maximum erreicht, und dann langsam wieder sinkt. Ist das überholt?
Zitat von F-W Was wir hier diskutieren, nämlich Ersatzstoffe, die uns Fleisch oder Käse vorgaukeln ist nichts anderes als ein Vorgriff auf diese Vision, für viele auch eine Schreckens-Vision, nämlich dass die Weltbevölkerung nicht mehr ausschliesslich mit „natürlich“ hergestellten Lebensmitteln ernährt werden kann.
Das mag eine Schreckensvision sein, aber letztlich eine ohne wissenschaftliche Grundlage. Es gibt jede Menge bisher ungenutzte potenzielle landwirtschaftliche Nutzfläche, sogar in Westeuropa. Bewässerung und Düngung ist preiswert genug, um auch in Afrika, Südamerika und Asien in der Breite eingesetzt zu werden, aber da fehlt es halt an Wohlstand, Know-How und teilweise auch stabiler Staaten - genau deshalb werden dort aber auch künstliche Lebensmittel keine Chance haben.
Ich schließe nicht aus, dass "Kunstessen" uns in Zukunft ernähren wird, aber fehlende landwirtschaftliche Produktionsmöglichkeiten werden sicher nicht der Grund dafür sein.
Lexx, ich habe kurz die ZDF Sendung erwähnt um einen zusätzlichen Kontext bezgl. Kunstessen einzubringen. Das sollte nicht heissen, dass ich mir deren Annhamen zueigen mache.
Steffen. Es gibt viele Annahmen zur Entwicklung der Weltbevölkerung. Ich tendiere auch zu der Annahme, dass bei ca. 10Mrd Schluss ist mit dem Wachstum. Die Industrieländer nehmen jetzt schon ab. Bei den Chinesen zeichnet sich die Überalterung und damit ein Kippen der Wachstumskurve auch schon ab (auch dank der Ein-Kind-Politik). In den anderen Ländern wird das Wachstum auch abnehmen, auch weil die Landflucht weiter anhält und in den Städten, vor allem in den Mega-Cities das Bev.-Wachstum weit niedriger als auf dem Land ist.
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