Tja was ist das; Enteignung?, Regulierung?, Marktschaffung? Ein bisschen von allem. Heute hat die EU Kommission ihre Pläne vorgestellt, den Strommarkt neu zu gestalten. Kern des ganzen ist, Produktion und Verteilung von Strom in unterschiedliche Hände zu geben. Die grossen Stromfirmen wie Vattenfall, RWE oder Eon müssten dann entweder ihre Netze ganz abgeben oder an unabhängige Betreiber vermieten. Die Logik dahinter; Wer Netz und Verteilung in einer Hand hat hat kein Interesse, andere Firmen ins Boot zu holen.
Das hat auf der einen Seite den Geruch von Enteignung und anschliessender Planwirtschaft, und bei Lichte gesehen ist es das ja auch, andererseits ist so tatsächlich die Chance da, den Markt so zu gestalten, dass er für kleinere Anbieter attraktiv wird und so am Ende weit mehr Wettbewerb herrscht als bisher. Vorzeigebeispiel ist England, wo der Markt vollständig liberalisiert ist und wo die Strompreise durchschnittlich satte 30% unter dem oligopolen Markt von Deutschland liegt.
Liegt hier die Zukunft des deutschen Stroms? Sind solche Vorgehensweisen seitens der EU überhaupt wünschenswert?
Zunächst zur Überschrift: Die EU reguliert nicht, sie will es höchstens versuchen. Mit welcher Aussicht auf Erfolg wird man sehen. 7 Staaten haben sich gegen den Kommisionsvorschlag ausgesprochen, darunter D und F. Noch Fragen?
Weiter: Enteignung und Zerschlagung ist kein ausschliessliches Instrument der Volkssozialisten und Planwirtschaftler. Eine funktionierende Marktwirtschaft braucht ein starkes Kartellrecht, und dazu gehört als ultima ratio Zwangsentflechtung und Zwangsverkauf.
Leider ist unser europäisches Kartellrecht an der Stelle nicht so machtvoll wie das US-amerikanische. Dort sind immerhin Rockefeller und Bell zwangszerschlagen worden.
Der europäische Präzedenzfall steht noch aus. Die Entflechtung von Stromproduktion und -Verteilung wäre vielleicht kein schlechter Einstieg. Aber bei den politischen Konstellationen sehe ich die Eons, RWEs und EDfs nicht in Gefahr. Sarokozy träumt von machtvollen Konzernen, die letztlich unter der Fuchtel des Staates stehen. Das ist der Einstieg in die Planwirtschaft, nicht die zwangsweise Zerschlagung der Stromoligopole.
F-W schrieb am 19.09.2007 21:38
Zunächst zur Überschrift: Die EU reguliert nicht, sie will es höchstens versuchen. Mit welcher Aussicht auf Erfolg wird man sehen. 7 Staaten haben sich gegen den Kommisionsvorschlag ausgesprochen, darunter D und F. Noch Fragen?
Dass es hier massive Widerstände gibt war doch klar und trotzdem hat die EU Kommission das beschlossen. Sie ist also ernsthaft gewillt, gegen die Widerstände der Grossen das durchzuboxen.
Die Chancen mögen noch klein erscheinen, aber sie sind da. Die verfassungsrechtlichen Bedenken gerade Deutschlands konnten mit dem Vorschlag abgemildert werden, dass die Konzerne die Herstellungsbetriebe nicht abgeben sondern nur an eine neutrale Institution vermieten müssen. Sind also diese rechtlichen Bedenken ausgeräumt bleiben die politischen. Und da reden ja auch noch andere mit. Einige grosse im Westen, wie GB, hätten gegen diese Trennung nichts einzuwenden. Und mal schauen wie sich die anderen 20 EU Länder dazu sagen. Ob Merkel und Sarko das gegen den Willen von 3/4 aller Mitgliedsstaaten blockieren würden wäre eine ebenso spannende Frage wie Deine oben.
Nun, andererseits scheut sich die EU-Kommission nicht davor, dicke Bretter zu bohren. Die ganzen Privatisierungsaktionen der Staatsmonopole Telekom und Post sind nur mit entsprechendem Druck aus Brüssel zustande gekommen.
Mit Microsoft schlägt sich die Kommission seit Jahren herum und beweist langen Atem.
Und auch das Knacken des Sparkassenbereichs geht auf die Brüsseler Wettbewerbskommission zurück. Die von ihr erzwungene Aufhebung der Staatsgarantie legt das ganze Elend dieses Bereichs offen, wie er sich jetzt in den Skandalen um West- und SachsenLB offenbart.
Auch den ör-Rundfunk hat Brüssel auf dem Kieker, allerdings scheint da eine Art Waffenstillstand zu herrschen.
Sich den ganzen Energiebereich auf einmal vorzunehmen ist allerdings sehr mutig. Es geht dabei ja nicht nur um den Strom, sondern um alle netzgebundenen Versorger auf einmal.