Ohne lange zu fackeln, das Wichtigste als Zitat: "Die Gesamtbelastung durch Steuern und Sozialabgaben ist in Deutschland geringer als in allen anderen großen europäischen Volkswirtschaften. Das ist das Ergebnis einer internationalen Vergleichs-Studie, die die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) in Berlin und Paris veröffentlicht hat. Gemessen am Bruttoinlandsprodukt (BIP) liegt besonders das Steueraufkommen mit 21,9 Prozent weit unter dem Durchschnitt der OECD-Länder von 26,8 Prozent."
Grund: Geringe Grund-, Erbschafts-, Vermögens- und Schenkungssteuer, 0,9% des BIP; OECD-Schnitt 1,9%
Niedriger sind nur Länder mit geringeren Vermögen.
"Dem gegenüber steht laut OECD eine sehr hohe Steuer- und Sozialabgabenbelastung für Arbeitnehmer in Deutschland. Die Pflichtbeiträge zu den Sozialversicherungen summierten sich im vergangenen Jahr auf 13,7 Prozent. Im OECD-Mittel waren es dagegen nur 9,2 Prozent (2005). Lediglich in der Slowakei und in Tschechien waren die Sozialbeiträge, gemessen am BIP, noch höher als in Deutschland."
Resultat: Im Vergleich zum Schnitt sind hierzulande die mittleren und niedrigeren Einkommen besonders hoch belastet (durch die Beitragsbemessungsgrenze)-
"Laut OECD hat dies fatale Folgen - sozialversichungspflichtige Beschäftigung im Niedriglohnbereich entstehe erst gar nicht oder werde zu Gunsten beitragsfreier geringfügiger Beschäftigung sogar abgebaut."
Quelle: http://www.tagesschau.de/wirtschaft/steuerbelastung2.html
Der Vorschlag der OECD: nachhaltige Kostendämpfung in den Sozialsystemen und mehr Steuerfinanzierung dieser. Vorschläge: höhere Mehrwertsteuer, Steuern auf Umwelt- und Ressourcennutzung, höhere Vermögenssteuer.
Meine Meinung: Ich würde es begrüßen, wenn diese Studie ähnliche Resonanz hätte wie der PISA-Test.
Als provokanten Seitenhieb kann man noch anfügen, dass das "Gefühl der Sozialen Ungerechtigkeit" hierzulande anscheinend doch nicht so ganz falsch ist.
Ach Gottl nee, Steuererhöhung wieder mal als Generalantwort auf alles. Nee da kann man drauf verzichten. Ich denke ein guter Teil des Aufschwungs in D resultiert aus gerade dieser moderaten Abgaben. Der hier vorgeschlagene 'skanidanavische Weg'; Steuerehöhung, Finanzierung der Sozialsysteme aus Steuermitteln etc. hat die letzten Jahre ziemlichen Schiffbruch erlitten. Das ist in der OECD wohl noch nicht angekommen.
Aber die Erkenntnis, dass gerade bei uns die mittleren und einkommensschwachen Arbeitnehmer hoch belastet sind, steht dennoch im Raum. es wäre ja nicht einfach eine Steuererhöhung, sondern eine Steuererhöhung zur Beitragssenkung - jedenfalls in der Idee. unsere Politiker würden letzteres wohl stillschweigend unter den Tisch fallen lassen.
Man sollte die aus der Studie resultierende Fragestellung an die SPD weiterreichen. Denn sie will ja gerade die Bezugsdauer des ALG I für Ältere verlängern. Das geht zulasten der Beitragszahler, denn die SPD will zur Finanzierung die AL-Beiträge weniger stark senken, als das bisher ins Auge gefasst ist.
Lexx schrieb am 18.10.2007 01:07
Aber die Erkenntnis, dass gerade bei uns die mittleren und einkommensschwachen Arbeitnehmer hoch belastet sind, steht dennoch im Raum.
Wie kann man denn ersthaft eine Studie erstellen mit solch einer schwachsinnigen Schlussfolgerung? Gemessen an an den Arbeitnehmern mit sehr hohem bis extrem hohem Einkommen sind mittlere und einkommensschwache Arbeitnehmer logischerweise immer verhältnismässig höher belastet. Trotzdem ist diese Binse die Basis sozialdemokratischer und grüner Politik, naja.
DP schrieb am 17.10.2007 19:05
Ach Gottl nee, Steuererhöhung wieder mal als Generalantwort auf alles. Nee da kann man drauf verzichten. Ich denke ein guter Teil des Aufschwungs in D resultiert aus gerade dieser moderaten Abgaben. Der hier vorgeschlagene 'skanidanavische Weg'; Steuerehöhung, Finanzierung der Sozialsysteme aus Steuermitteln etc. hat die letzten Jahre ziemlichen Schiffbruch erlitten. Das ist in der OECD wohl noch nicht angekommen.
Warum regst du dich so auf? Du gehörst doch zu den Leuten mit mittleren Einkommen. Dir will keiner was wegnehmen, im Gegenteil, Du sollst entlastet werden.
---
„Manchen Völkern genügt eine Katastrophe, sie zur Besinnung zu bringen. Deutschen, so scheint es, bedarf es des Untergangs.” --Arthur Moeller van den Bruck
„Wenn man so darüber nachdenkt ist es eigentlich erschreckend, wie wenig Politiker aufgeknüpft werden.” --G. K. Chesterton
„Manchmal frage ich mich, ob die Welt von klugen Menschen regiert wird, die uns zum Narren halten, oder von Schwachköpfen, die es ernst meinen.” --Mark Twain
Also 1. rege ich mich absolut nicht auf. 2. Tangiert mich persönlich das anal peripher wie ihr das in Deutschland regelt und 3. Fände ich das selbst zu doof hier über die Auswirkung auf die eigenen Umstände zu diskutieren.
FW: "Man sollte die aus der Studie resultierende Fragestellung an die SPD weiterreichen. Denn sie will ja gerade die Bezugsdauer des ALG I für Ältere verlängern."
Schön wär's, FW, wenn es nur die SPD wäre. Leider gibt es aber auch in der CDU eine Riege, die das gleiche will, die "Rüttgers-Riege".
DP: "Gemessen an an den Arbeitnehmern mit sehr hohem bis extrem hohem Einkommen sind mittlere und einkommensschwache Arbeitnehmer logischerweise immer verhältnismässig höher belastet."
Bedauerlicherweise scheinst du dir die Begründung für die Schlussfolgerung nicht angesehen zu haben. Die OECD nennt ganz konkret die Beitragsbemessungsgrenze. Dadurch würde für kleine Einkommen der volle Lohnanteil fällig, bei größeren Einkommen sinke dagegen die prozentuale Belastung, da nicht mehr der komplette Lohn für die Sozialbeiträge herangezogen wird.
Deswegen ist die Lösung ja auch so einfach: weniger Sozialabgaben mit degressiver Belastung, dafür mehr Steuern mit progressiver Belastung.
Deswegen ist die Lösung ja auch so einfach: weniger Sozialabgaben mit degressiver Belastung, dafür mehr Steuern mit progressiver Belastung.
Das Dumme an der Einfachen Lösung ist nur, dass es nicht genug Spitzenverdiener gibt, um nennenswerte Einnahmen zu erzielen. Wer das will, meint in Wirklichkeit die mittleren Einkommen. Ich will keine Phrasen dreschen von der Mittelschicht als Leistungsträger der Gesellschaft. Ich habe auch viel Hochachtung vor einem Mitarbeiter bei McDonalds, der im Akkord 8h Buletten baut. Allerdings wird Deutschland den globalen Wettbewerb nicht auf dem Niveau von Bulettenbauern bestreiten können.
Spock:
Die OECD gibt uns einen klaren Einkommensbereich vor, den sie mit mittleren und niedrigen und mit hohen Einkommen meint: Die Beitragsbemessungsgrenze.
Die liegt bei momentan 5250 € bzw. 4550 € im Monat.
Alles darüber wird laut im Vergleich zu den Einkommen darunter bei den Sozialbeiträgen entlastet, je höher desto mehr. Das geht logischerweise auf Kosten der Einkommen darunter.
Ich denke was der OECD vorschwebt, bzw. was das Prinzip der Idee ist, die Lasten (aufkommensneutral) neu zu verteilen, sodass die Einkommen über dieser Grenze relativ gesehen stärker herangezogen werden, durch Steuern, während die Einkommen darunter eine Senkung der Sozialbeiträge spüren.
Man beachte hierbei, dass laut OECD die Steuern hierzulande vergleichsweise niedrig, die Sozialabgaben vergleichsweise hoch sind, man könnte es also als eine Anpassung an den Schnitt sehen. Nach den Werten des statistischen Bundesamtes wären in erster Linie selbsständige (Schnitt: 5200€ brutto), Beamte (Schnitt: 53xx € brutto) und Angestellte (Schnitt: 48XX €) davon betroffen.
Disclaimer: Ich versetze mich in die Sichtweise der OECD und argumentiere von ihrem Standpunkt aus. Das heißt aber nicht, dass ich mich ihren Forderungen anschließe. Ob die vorgeschlagenen Maßnahmen sinnvoll sind, hoffe ich aus der Diskussion hier zu ersehen.
Lexx schrieb am 18.10.2007 22:17
Die OECD nennt ganz konkret die Beitragsbemessungsgrenze. Dadurch würde für kleine Einkommen der volle Lohnanteil fällig, bei größeren Einkommen sinke dagegen die prozentuale Belastung, da nicht mehr der komplette Lohn für die Sozialbeiträge herangezogen wird.
Deswegen ist die Lösung ja auch so einfach: weniger Sozialabgaben mit degressiver Belastung, dafür mehr Steuern mit progressiver Belastung.
Das überzeugt mich nicht. Verhältnismässig wird von einer Anhebung der Mehrwertsteuer der mit dem kleinen und mittleren Einkommen mehr getroffen als der mit dem grösseren. Zumindest solange es in D einen Supermarkt gibt, in dem alle gleich einkaufen können und das Stück Butter für Manager wie für die Hausfrau 1.50 kostet und das Prinzip noch nicht nach sozialen Gesichtspunkten getrennt wird (Manager 5 Euro, Hausfrau ,30.-).
Also wird diese Umschichtung nur Tasche rein-Tasche raus bedeuten und die OECD könnte freudestrahlend über die neue gerechte Verteilung in Deutschland berichten.
Im Prinzip fordern die doch nichts anderes, als was hier im Rahmen der Mindestlohndebatten vehement verteidigt wurde.
Denn ob ich einen niedrigen Lohn, der ja auch wegen der Lohnnebenkosten nicht zum Leben reicht, über Hartz4 aus Steuergeldern bezuschusse, damit man davon leben kann, oder die Lohnnebenkosten/Sozialabgaben senke und die Sozialabgaben dafür aus Steuern bezahle, macht ja letztlich keinen Unterschied.
Mal davon abgesehen, dass sich die Betroffenen den Weg zum Arbeitsamt sparen können.
"Dadurch würde für kleine Einkommen der volle Lohnanteil fällig, bei größeren Einkommen sinke dagegen die prozentuale Belastung, da nicht mehr der komplette Lohn für die Sozialbeiträge herangezogen wird."
Da ist schon was wahres dran. Wer knapp unter der Beitragbemessungsgrenze verdient, bekommt von einem Euro Gehaltserhöhung fast nichts mehr rauas, weil Sozialabgaben linear steigen und die Einkommensteuer schon recht hoch ist.
Wenn man drüber ist, macht Leistung schlagartig 20% mehr Spass, wobei ein Alleinstehender ohne Famile sogar noch schlagartig weitere 50% bei der Krankenversicherung spart.
Ja sag ich doch, vom Prinzip her ist das egal. Ich wollte nur hinweisen, dass es einigermassen Unsinn ist, diese Umverteilung unter der Rubrik 'soziale Gerechtigkeit' laufen zu lassen.
Ich habe die OECD-Studie im Detail nicht gelesen, aber einer vergleichenden Studie zu Belastungen speziell in Bereich der Sozialabgaben sollten dann auch die daraus resultierenden Leistungen gegenübergestellt werden. Sonst ist jede Schlussfolgerung Spucken in die Luft. In D ist der 'Sozialbeitrag' in die gesetzliche Krankenkasse an das Einkommen gekoppelt, die Kassenleistung dagegen nicht. Dagegen ist mit der einkommensabhängigen Beitragszahlung zur Versicherung bei Arbeitslosigkeit und zur gesetzlichen Rentenversicherung bis zur Deckelung auch eine analoge Leistung bis zur Deckelung verbunden. Wenn nur Prozente verglichen werden, dann geht unter, ob die jeweiligen Versicherungsbedingungen vergleichbar sind.
Statt einer Verschiebung in eine Steuerfinanzierung könnte man nämlich genauso gut die relativ niedrigen Steuersätze erhalten, und den Menschen mehr Eigenverantwortung 'aufbürden'. Das beginnt bei gesetzlichen Krankenversicherungen mit Selbstbeteilung, und endet bei den jetzt verkürzten Bezugszeiten für Arbeitslosengeld. Im Fall der Rentenversicherung gibt es bereits Zuschüsse aus Steuergeldern. Hier wäre eher zu prüfen, ob diese nicht wegen versicherungsfremder Leistungen erhöht werden müssten.
Im Übrigen ist dem wohl selbsternannten OECD-Experten wohl auch entgangen, dass die Bundesanstalt für Arbeit Geld übrig hat, was bisher keinesfalls zu einer Senkung der Beiträge geführt hat.