"Die Vereinten Nationen haben sich mehrheitlich für einen weltweiten Stopp aller Hinrichtungen ausgesprochen. Der Menschenrechtsausschuss der UN-Vollversammlung votierte mit 99 Stimmen für eine entsprechende Resolution, 52 Länder stimmten mit Nein, 33 enthielten sich. Deutschland und alle anderen EU-Länder gehörten mit zu den Unterstützern. Über die Resolution muss abschließend noch in der Vollversammlung entschieden werden, dies gilt in der Regel aber nur als Formsache." http://www.tagesschau.de/ausland/menschenrechtsausschuss2.html
Soweit so gut.
"90 Prozent der Hinrichtungen würden in sechs Ländern vollstreckt: China, Iran, Irak, Pakistan, Sudan und die USA."
Soweit so schlecht,
denn 2 dieser Länder haben Vetorecht im Sicherheitsrat und können alle verbindlichen Resolutionen blocken. So wird es auf absehbare Zeit bei unverbindlichen Resolutionen bleiben, die in den betroffenen Ländern wohl kaum etwas ändern.
Werden wir die Abschaffung der Todesstrafe noch erleben?
"90 Prozent der Hinrichtungen würden in sechs Ländern vollstreckt: China, Iran, Irak, Pakistan, Sudan und die USA."
Die Reihenfolge habe ich mir gedacht, der BR hat aber vor ein paar tagen die Meldung genau umgekehrt gebracht, USA zuerst. Na ja, journalistische Sorgfaltspflicht.
Ich zumindest werde die Abschaffung der Todesstrafe wohl nicht mehr erleben, dazu ist sie in zu vielen Rechtssystemen verankert. In den USA ist sie Sache der Bundesstaaten und damit durchaus demokratisch legitimiert.
Ich weiß ja nicht, was die UN sonst so treibt. Aber das ist mir doch zu plakativ.
Das konsequente Einfordern rechtsstaatlicher Prinzipien würde vielen Menschen z.B. in China oder dem Iran mehr helfen als die Forderung nach der weltweiten Abschaffung der Todesstrafe.
Was nützte es z.B. wenn die Chinesen die Todesstrafe abschafften und sich dann von der UN feiern lassen, aber weiterhin chinesische Dorfpolizisten missliebige Bürger ungestraft zum Krüppel prügeln dürfen?
WRL:
Richtig und die US-Staaten argumentieren ja teilweise auch, dass die Todesstrafe dort mehrheitsfähig ist.
Spock:
Natürlich ist das plakativ, sonst würde es kein Aufsehen erregen. Ich sehe die beiden Dinge aber unabhängig voneinander. Die Todesstrafe gibt es schließlich auch in Staaten, die die Menschenrechte ansonsten achten.
Davon unabhängig ist die Frage nach Menschen- und Bürgerrechten, bei denen China mindestens genauso am Pranger stehen dürfte. Nur wehrt sich das bei derartigen Äußerungen heftig und schreit zeter und mordio und irgendwas von einer verletzten Volksseele.
Da dürfte unplakatives Tun, das eben NICHT so ein Aufsehen erregt erfolgversprechender sein.
Da dürfte unplakatives Tun, das eben NICHT so ein Aufsehen erregt erfolgversprechender sein.
Hm.. da würde mich wirklich mal interessieren, was die UN in der Richtung macht. Unplakativ heißt ja nicht geheim.
Ansonsten kann ich den Groll der Amis gegen die UN immer besser nachvollziehen. Die haben ein respektables Rechtssystem, in den auch jedem Todeskandidat ein langer Instanzenweg, Öffentlichkeit und Begnadigungsrecht zusteht und müssen sich trotzdem im selben Atemzug mit den übelsten Schurkenstaaten nennen lassen.
Spock schrieb am 16.11.2007 10:14
Ansonsten kann ich den Groll der Amis gegen die UN immer besser nachvollziehen. Die haben ein respektables Rechtssystem, in den auch jedem Todeskandidat ein langer Instanzenweg, Öffentlichkeit und Begnadigungsrecht zusteht und müssen sich trotzdem im selben Atemzug mit den übelsten Schurkenstaaten nennen lassen.
Es gab vor einigen Monaten (Wissenschaftsteil der NZZ?) einen Bericht über eine Untersuchung von US-Rechtswissenschaftlern. Dabei wurde mit modernen Analysemethoden (DNA-Analyse, u.a) anhand von archiviertem Beweismaterial eine sehr hohe Fehlerquote bei Todesurteilen festgestellt. Hauptursache: Unzuverlässige menschliche Beobachtung und Erinnerung, die Zeugenaussagen waren schlicht falsch.
Ich sehe Todesstrafen durchaus positiv, setze dabei aber voraus, dass Urteile zweifelsfrei sind.
Zur Eingangsfrage: Ich denke nicht, dass die Todesstrafe abgeschafft wird. Nimmt man sentimentale Überlegungen aus, dann sinkt mit zunehmender Bevölkerung der Erde der 'Wert' des Menschen. Die Bereitschaft, Schwerstverbrecher um jeden Preis sicher zu verwahren, wird also eher abnehmen. Auch wenn Europa da nicht mitzieht: Die Bevölkerungsreichsten länder werden den Ton angeben.
Ein gutes Rechtssystem ist aber unabdingbare Voraussetzung für eine möglichst niedrige Fehlerquote. Oder gibt es eine Untersuchung sudanesischer Rechtsgeleerter zu den Fehlurteilen im Sudan, mal ganz abgesehen davon, dass dort Frauen wegen Ehebruchs gesteinigt werden?
Die These vom 'sinkenden Wert des Menschen' teile ich, auch wenn sie einen unschönen Geschmack hat. Auch aus diesen Gründen frage ich mich, was die Resolution überhaupt soll.
Spock schrieb am 16.11.2007 10:52
Ein gutes Rechtssystem ist aber unabdingbare Voraussetzung für eine möglichst niedrige Fehlerquote. Oder gibt es eine Untersuchung sudanesischer Rechtsgeleerter zu den Fehlurteilen im Sudan, mal ganz abgesehen davon, dass dort Frauen wegen Ehebruchs gesteinigt werden?
Ich wollte Dir da nicht widersprechen. Dein Punkt spricht sogar dafür, eher die Straf- und Rechtsnormen zu vereinheitlichen. Das passt zumindest in das Zeitalter der Globalisierung.
Werden wir die Abschaffung der Todesstrafe noch erleben?
Erleben sicher nicht, denn erleben bedeutet ja irgendwie sinnhaft nachvollziehen und selbst wenn die Voten eindeutiger ausfallen sollten (99 dafür und 85 dagegen oder Unentschieden ist ja reichlich uneinheitlich), mehr als eine Zeitungsnotiz, dass ferne Länder ihre Justiznormen ändern, wirds für uns nicht.
Also mir ist es ehrlich gesagt wurscht, ob im fernen China Drogenlieferanten gehenkt oder lebenslang mit 10 anderen Knackies in eine Dreckszelle gesperrt werden.
Dignitas wäre wohl aus humanitären Gründen für ersteres.
ich habe ja im anderen thread erwaehnt, dass das wieder so eine Resolution ist, die die Amihasser loskicken.
Da die USA, also die Bundesregierung UN Mitgleid ist, und nicht die 50 Staaten, der jeder sein eigenes, von der Bundesregierung (Praesident und Kongress)nicht beeinflussbares souveraenes Kriminalrecht hat, was die Amihasser geanu wissen, ist es immer nett, auf die Amis zu hauen ueber etwas, ueber das weder der Kongress noch der Praesident irgendeinen Einfluss hat.
Die Ausnahme sind Bundesverbrechen, die ich ja im anderen thread erklaert habe.
Exakt die gleiche Masche existiert mit der ICC Unterschrift, die Schlauberger Clinton am 30. Dezember 2000 geleistet hat, und er damit ein faulEs Ei dem Bush in's Nest gelegt hat. Die ICC anzuerkennen koennte nur der Chief Justice des US Supreme Courts tun nach einer Verfassungsaenderung. Der Praesident hat nach der Verfassung weniger Macht darueber als die Putzfrau des Superme Courts. Die kann wenigstens nicht-oeffentlich mit dem Chief reden.
Die absolute Gewaltenteilung drei gleichberechtigter Zweige ist ein Konstrukt, das nirgendwo anders in der Welt existiert, oft nicht verstanden wird, und wer's versteht, dazu benutzt den jeweiligen Praesidenten anzupissen, der oft voellig machtlos dasteht.
Die Gitmo Sache wuerde eine lange Erklaerung benoetigen, ist aber auf der gleichen Ebene, in der die umstaendliche und zeitraubende Kommunikation zwischen den drei Zweigen, die verfassungsmaessig nur oeffentlich stattfinden kann, als Anti-Amerikanismus Material wild verwendet wird , und die jeweiligen Zweige versuchen sich den schwarzen peter zuzuschieben.
Die Iraq Diskussion zwischen der Executive und dem Kongress bis zum 20. Januar 2009 ist genau von der Sorte. Jeder weiss, dass sich die Dinge im Iraq rapide beruhigen, und am Ende von 2008 ein erheblicher Teil der Soldaten zurueck in der USA ist. Die Frage ist: Wer kriegt die Loorberen, der Kongress oder der Bush, und wer hat den schwarzen Peter in der hand.
Ich tippe auf Bush fuer die Loorbeeren, weil die Nancy sich schon sehr verhaspelt hat mit der far left, die nur defeat akzeptiert, kein victory, und der Reid fuer solch ein High Roller Spiel zu doof ist, obwohl er von Las Vegas ist.
Beim Streiten zwischen dem Kongress und der Executive wird immer darauf gehofft, dass sogar die Amerikaner die Konsequenzen dieser absoluten gewaltenteilung nicht verstehen, was im allgemeinen eine korrekte Hoffnung ist.
Rocky:
Ich denke nicht, dass bei der Resolution irgendjemand speziell gegen die Amis haut (basht), sonst hätte die Resolution keine europäische Unterstützung bekommen. Das hat sie aber - beschwert drüber hat sich zum Beispiel Singapur, wie der Quelle zu entnehmen ist.
Allein von der Dimension her dürfte das Hauptziel in Asien liegen:
China hat laut AI-Zählung letztes Jahr gut 1000 Menschen hingerichtet, andere Schätzungen gehen von 5000-8000 Hinrichtungen aus - teilweise vor 1000en Zuschauern. In den USA waren es im gleichen Zeitraum 53 und die dann meist nur vor einem kleinen Kreis von Zuschauern (war es nicht so, dass die Angehörigen der Opfer zuschauen dürften? Oder ist diese Info veraltet?).
In anderen Ländern wiederum, wie Iran und Sudan wird die Todesstrafe im Rahmen der Scharia vollstreckt. Das ist umso schlimmer, alsdass die Todesstrafe hier Vergeltungscharakter hat (und daher teils sehr brutal ausgeführt wird - Steinigungen wurden ja schon erwähnt)
Diese Resolution speziell auf die USA zu beziehen wäre also hart an der Grenze zur Arroganz.
Die Öffentlichkeitswirksamkeit zieht vor allem die Staaten in den Fokus, von denen man bisher noch nicht so recht wusste, dass und wie die Todesstrafe Anwendung findet - und das allein ist m.E. schon eine Existenzberechtigung für die Resolution, die mit ihrem nicht-bindenden Charakter kaum mehr bewirken kann, als das Thema wichtiger zu machen.
Lexx schrieb am 16.11.2007 16:30
Rocky:
Ich denke nicht, dass bei der Resolution irgendjemand speziell gegen die Amis haut (basht), sonst hätte die Resolution keine europäische Unterstützung bekommen. Das hat sie aber - beschwert drüber hat sich zum Beispiel Singapur, wie der Quelle zu entnehmen ist.
Allein von der Dimension her dürfte das Hauptziel in Asien liegen:
China hat laut AI-Zählung letztes Jahr gut 1000 Menschen hingerichtet, andere Schätzungen gehen von 5000-8000 Hinrichtungen aus - teilweise vor 1000en Zuschauern. In den USA waren es im gleichen Zeitraum 53 und die dann meist nur vor einem kleinen Kreis von Zuschauern (war es nicht so, dass die Angehörigen der Opfer zuschauen dürften? Oder ist diese Info veraltet?).
In anderen Ländern wiederum, wie Iran und Sudan wird die Todesstrafe im Rahmen der Scharia vollstreckt. Das ist umso schlimmer, alsdass die Todesstrafe hier Vergeltungscharakter hat (und daher teils sehr brutal ausgeführt wird - Steinigungen wurden ja schon erwähnt)
Diese Resolution speziell auf die USA zu beziehen wäre also hart an der Grenze zur Arroganz.
Die Öffentlichkeitswirksamkeit zieht vor allem die Staaten in den Fokus, von denen man bisher noch nicht so recht wusste, dass und wie die Todesstrafe Anwendung findet - und das allein ist m.E. schon eine Existenzberechtigung für die Resolution, die mit ihrem nicht-bindenden Charakter kaum mehr bewirken kann, als das Thema wichtiger zu machen.
Glaub' mir, es ist eine anti-amerikanische Resolution.
Diese Resolutionen sind nur anti-amerikansich oder anti-israelisch.
Der Rest ist collateral damage.
Hast Du mal nachgeschaut, wer Mitglied des UN Menschenrechtsausschusses ist?
Gerd
Was nützte es z.B. wenn die Chinesen die Todesstrafe abschafften und sich dann von der UN feiern lassen, aber weiterhin chinesische Dorfpolizisten missliebige Bürger ungestraft zum Krüppel prügeln dürfen?
Das passiert doch in den USA auch.
Manchmal werden die sogar erschossen.