Im Zumwinkel-Thread wurde das Thema Elite angeschnitten. Hierzu ein interessanter Artikel zum Einstieg in die Diskussion, in dem die momentane Situation in Deutschland geschildert wird:
Zitat:
Ein Jahr lang besuchte Julia Friedrichs, 28, sogenannte Eliteschmieden. Sie fragte sich, was Elite eigentlich ist. Heute sagt sie: An Elite-Schulen werden Menschen dem normalen Leben entzogen. Ein Interview über einen vielgebrauchten Begriff und darüber, was er mit Angst zu tun hat
Welche Unis hast du für deine Recherche besucht?
Ich war vor allem an der European Business School (EBS) in Oestrich-Winkel – dort habe ich einen Studenten über ein Jahr hinweg immer wieder getroffen. Dann war ich an der Bucerius Law School in Hamburg, an der WHU in Vallendar und dann habe ich noch Studenten der Bayerischen Eliteakademie getroffen.
Wo hast du selbst studiert?
In Dortmund.
Was ist der Unterschied zwischen den Unis?
An den privaten Wirtschaftsunis studieren nur 25 bis 30 Prozent Mädels - die kommende Wirtschaftselite scheint eine männliche zu sein. Und mir ist aufgefallen, dass alles nach wem heißt. Das neueste Gebäude an der EBS heißt Kiep-Center nach Walther Leisler Kiep*. Der Eingangsbereich heißt nach einer Möbelfirma, die Hörsäle heißen „Deutsche Bank“-Hörsaal oder Daimler-Chrysler-Raum.
Vielleicht schwer, aber: Kannst du „Elite“ definieren?
„Elite“ ist für viele ein Label, sich selbst zu pushen. Der Begriff wird unscharf benutzt. Jeder benutzt ihn, wie er ihn braucht. An den Internaten, wo Noten keine Rolle spielen, wird gesagt: Wir sind eine Verantwortungselite. An den Wirtschaftsunis wird gesagt: Wir sind eine Leistungselite. Mein Eindruck aber war, dass dort die Geldelite eine wichtige Rolle spielt. Deshalb halte ich den Begriff heute für eine gesellschaftliche Debatte für unbrauchbar. Wenn mich jemand fragt, ob wir Eliten brauchen, könnte ich nicht sagen: Ja oder Nein.
Ist nur der Begriff ein Problem? Oder ist es ein Problem, dass es prinzipiell Bereiche gibt, in die sich „Geldeliten“ oder „Leistungseliten“ zurückziehen können?
Die private Bildungskarriere beginnt heute mit zwei Jahren. Eltern kaufen sich Kindergärten für 1.000 Euro im Monat und dann geht das so weiter bis zum Ende des Studiums. Diese Entwicklung halte ich für falsch. Weil ich das Gefühl habe, dass diese Kinder aus dem normalen Leben rausgezogen werden und mit allem, was normal ist, wenig zu tun haben.
Ist das ein Kennzeichen von Elite?
Ja. Allein die Orte sind sehr exklusiv. Dadurch wird ja schon eine Botschaft gesendet: Hier ist etwas Erlesenes. Und Elite funktioniert, indem man ein paar Leute nimmt und ihnen sagt, sie seien Elite. Die Studenten der Bayerischen Eliteakademie, die ich als sehr nachdenklich erlebt habe, die hatten deshalb ein Riesenproblem mit dem Begriff Elite. Weil die immer gesagt haben: Wir sind gute Studenten, wir strengen uns an. Aber von uns gibt es noch soviel mehr!
Warum ist der Begriff so populär geworden? Es scheint mir, als würde der Begriff wie ein Werkzeug eingesetzt, mit dem man diverse Probleme, zum Beispiel in der Bildung, kurieren kann.
Tja, am Ende dachte ich, ich hätte Mitleid mit dem Wort. Weil es eines der am meisten instrumentalisierten Wörter in der aktuellen Diskussion ist. Man will zum einen die deutsche Hinterherhink-Angst bekämpfen. Zum anderen benutzen es vor allem die privaten Bildungseinrichtungen, um sich selbst aufzuwerten. Es ist schicker zu sagen, dass hier Elite erzogen wird. Das klingt besser als "Wir sind für Kinder wohlhabender Eltern eine gute Schule oder Uni".
Welche Erlebnisse hast du aus dem einen Jahr Recherche mitgebracht?
Ich war zum Beispiel in einem privaten Kindergarten und habe dort eine Hausführung bekommen. Mir wurde dann auch der Keller gezeigt: Da war eine komplette Wellnesslandschaft mit Sauna und Physiotherapie – weil die auch schon oft Rückenschmerzen hätten. Das war wie ein Vorgriff auf das Managerleben. Hochgradig absurd.
Gibt es eine Verschärfung der Bildungsbedingungen? Dass der Mensch, naja, nutzbarer gemacht werden soll?
Das hat sich durch meine Recherchen gezogen: Wissen soll immer direkt verwertbar sein. Das ist schon bei Zweijährigen zu beobachten, deren Eltern über Englisch und Chinesisch nachdenken, weil sie die Sprache für nutzbar halten. Und nicht, weil sie sie schön finden. Es geht um bessere Chancen auf dem Arbeitsmarkt. Und, noch ein Beispiel: Wir waren in einer Kleinkindschule für "ab 2-Jährige" - da lernen die Kinder Marketing!
Wirklich? Mit zwei Jahren?
Sie müssen ein Spielzeugmonster entwerfen unter dem Gesichtspunkt: Wie soll das Monster aussehen, damit es die meisten Kinder kaufen? Und die sind zwei, die Kinder!
Derzeit gibt es so viele Privatschulen wie noch nie. Der Anteil an den allgemeinbildenden Schulen ist auf 7,5 Prozent gewachsen. Haben diese Schulen wegen der Angst der Eltern soviel Zulauf?
Das streben die Eltern an: Meinem Kind sollen die ganzen Sorgen erspart werden. Deshalb findet zwischen den Eltern der Kleinkinder schon ein Wettrüsten statt. Powerpointkurse für Vierjährige zum Beispiel – alles im Angebot.
*) Wie schon in dem anderen Thread erwähnt: Angesichts solcher Tatsachen darf man sich über nichts mehr wundern.
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„Manchen Völkern genügt eine Katastrophe, sie zur Besinnung zu bringen. Deutschen, so scheint es, bedarf es des Untergangs.” --Arthur Moeller van den Bruck
„Wenn man so darüber nachdenkt ist es eigentlich erschreckend, wie wenig Politiker aufgeknüpft werden.” --G. K. Chesterton
„Manchmal frage ich mich, ob die Welt von klugen Menschen regiert wird, die uns zum Narren halten, oder von Schwachköpfen, die es ernst meinen.” --Mark Twain
Mirkalf schrieb am 15.02.2008 17:42
An Elite-Schulen werden Menschen dem normalen Leben entzogen.
Naja, "Zu dumm zum Fegen" hat man frueher auch schon Gymnasiasten, Abiturienten und besonders Studenten nachgesagt
Zitat:
Vielleicht schwer, aber: Kannst du „Elite“ definieren?
„Elite“ ist für viele ein Label, sich selbst zu pushen. Der Begriff wird unscharf benutzt. Jeder benutzt ihn, wie er ihn braucht.
Aber ohne die den "Mehr Schein als Sein"-Gott anbetende, dumme Masse, die an die Augenwischereien und elitaeren Titel der Schaumschlaeger glauben, gaebs viele "Eliten" gar nicht... wozu eben oft auch sogar die Gegner der Eliten gehoeren...
Zitat:
Die private Bildungskarriere beginnt heute mit zwei Jahren.
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weil die auch schon oft Rückenschmerzen hätten.
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Das ist schon bei Zweijährigen zu beobachten, deren Eltern über Englisch und Chinesisch nachdenken