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Dieses Thema hat 13 Antworten
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F-W Offline




Beiträge: 1.679

15.02.2008 23:26
Dinosauriersterben Antworten
Die Wellen des Tagesgeschäftes schlagen hoch. Die Zumwinkels und IKBs verstellen uns den Blick auf die langfristig wirksamen Veränderungen. Aber ab und zu scheinen sie auf, die weniger wahrgenommenen Ereignisse, die den Fortgang der Zeit markieren.

Als ich heute in der FAZ von der Einstellung des gedruckten Brockhaus-Lexiskons las, war das so ein Moment für mich. Immerhin geht damit ein Flaggschiff des deutschen Bildungsbürgertums unter. Ein weiteres Opfer des Internets, das aber auch nur eine Auswirkung der allumfassenden Digitalisierung ist.

Die Digitalisierung schlägt ein wie einst der Meteorit über Yukatan. Für mich erweist sich einmal mehr, dass sie eine Zeitenwende darstellt wie einst der Übergang von der Agrar- in die Industriegesellschaft.

Schon die jetzt festzustellenden Ausprägungen der Digitalisierung sind enorm. Die CDs, die einst die Schallplatten ins Liebhabereck schoben und nun selbst von der nächsten Generation der Tonträger gefressen werden. Oder die völlige Umgestaltung der Telekommunikation. Oder der schnelle Tod der Negativfotografie und und und.

Praktisch kein Lebensbereich bleibt unberührt. Und ich bin kein grosser Prophet wenn ich annehme, dass das, was wir bisher sehen nur der Anfang ist.

Und um den ganz grossen Bogen zu spannen: Das, was gemeinhin Globalisierung genannt wird, ist ein Produkt der Digitalisierung. Die Globalisierung hat 3 Triebfedern, die Revolution des Transportwesens mit einer eigentlich ganz simplen Erfindung, dem Container. Dann die weltweite Liberalisierung des Kapitalverkehrs und, als Grundlage, die diesen beiden Faktoren erst ihre Effizienz und Durchschlagskraft verliehen hat die Digitalisierung.

FW
Flecki5 Offline

Besucher

Beiträge: 250

16.02.2008 02:20
Dinosauriersterben Antworten
Zum Brockhaus I: Die Macher dessen wollen ja ihr Produkt weiterhin im Internet anbieten, und da bin ich sehr gespannt, wie sie gegen Wikipedia bestehen wollen. Meines Erachtens kann Wiki dem Brockhaus den Garaus machen, indem man, sagen wir 100000 Premiumthemen definiert und die dazu gehörenden Artikel einem Peer Review unterzieht. Die Menpower dafür hat Wikipedia in jedem Falle. Ich sehe schwarz für den Brockhaus.

Zum Brockhaus II: Dieses Teil wurde seit der Etablierung von professionell geförderter Forschung, also seit sicher 100 Jahren, fürchterlich überschätzt. Seitdem ist nämlich der Brockhaus Symbol für elitäres Halbwissen, das zum Fortschritt keinen Beitrag mehr leisten kann. Die Silikontitte im Pornofilm.

Bevor es zu boshaft klingt: Der Brockhaus hat 100 Jahre lang hervorragende Dienste geleistet.


Digitalisierung: Weshalb sollte die Globalisierung Produkt der Digitalisierung sein? Die Digitalisierung macht zwar alles schneller, aber die Globalisierung hätte es auch ganz analog gegeben. Den standardisierten Container finde ich in der Tat viel wichtiger, aber über allem steht für mich der Wegfall der politischen Aufteilung in Ost und West. Das hat die potentiellen Märkte mit einem Schlag enorm vergrößert und die Phantasien beflügelt.

Digital ist nicht besser, nur anders. Die CD z.B. konnte nur funktionieren, weil man sich intelligente Kompressionsverfahren ausgedacht hat, und diese fussen auf der herkömmlichen physiologischen Untersuchung des menschlichen Gehörs. Also viele, viele Hörproben, zigtausende Probanden und deren ausgefüllte Fragebögen.

Okay, Effizienz und Durchschlagskraft wurden durch die Digitalisierung natürlich enorm erhöht.

MfG, Flecki
Lexx Offline



Beiträge: 3.730

16.02.2008 09:49
Dinosauriersterben Antworten
Der Größte Beitrag der Digitalisierung zu welchem Fortschritt auch immer ist, dass Maschinen dem Menschen die Arbeit abnehmen.
- Der Computer sucht in Wikipedia statt man selbst im Brockhaus (um das Beispiel mal auchzunehmen).
- RFID-Chips übernehmen die Inventur für die Lagerarbeiter,
- Roboter präparieren dass Experiment, Labview führt es vollautomatisch durch und die selbstgeschriebene Simulation gleicht es mit der Theorie ab.
- Telefongespräche werden per Headset und Handy auf der Fahrt erledigt statt an einem festen Ort

kurzum: Es wird Zeit gespart...JEDE MENGE ZEIT.

Und das beudetet Bequemlichkeit/Komfort im Privaten und Effizienz in der Wirtschaft. Deswegen ist die Digitalisierung so erfolgreich wie einst die Industrialisierung.
Spock Offline



Beiträge: 2.377

16.02.2008 11:55
Dinosauriersterben Antworten

Zitat:

Digital ist nicht besser, nur anders. Die CD z.B. konnte nur funktionieren, weil man sich intelligente Kompressionsverfahren ausgedacht hat, und diese fussen auf der herkömmlichen physiologischen Untersuchung des menschlichen Gehörs.


Da muss ich grad mal klugscheißen: Die klassische CD benutzt keine Kompressionsverfahren, auf ihr befindet sich ein 1:1 abgetastetes digitalisiertes Abbild der akustischen Schwingungen. Die später entwickelten Kompressionsverfahren haben den Multimediadaten geholfen, ihren Weg durchs Internet zu finden. Damit wurde die Kompression zum Todesstoss der klassischen CD und vielleicht noch für die klassische Musikindustrie.

Mirkalf Offline




Beiträge: 11.626

16.02.2008 12:02
Dinosauriersterben Antworten

Zitat:

F-W schrieb am 15.02.2008 23:26
Schon die jetzt festzustellenden Ausprägungen der Digitalisierung sind enorm. Die CDs, die einst die Schallplatten ins Liebhabereck schoben und nun selbst von der nächsten Generation der Tonträger gefressen werden. Oder die völlige Umgestaltung der Telekommunikation. Oder der schnelle Tod der Negativfotografie und und und.



Wobei doch auf lange Sicht angeblich die Schallplatte und das Negativ die zuverlässigeren Datenträger sein sollen.

P.S.: Ich mag den Brockhaus.

---

„Manchen Völkern genügt eine Katastrophe, sie zur Besinnung zu bringen. Deutschen, so scheint es, bedarf es des Untergangs.”
--Arthur Moeller van den Bruck

„Wenn man so darüber nachdenkt ist es eigentlich erschreckend, wie wenig Politiker aufgeknüpft werden.”
--G. K. Chesterton

„Manchmal frage ich mich, ob die Welt von klugen Menschen regiert wird, die uns zum Narren halten, oder von Schwachköpfen, die es ernst meinen.”
--Mark Twain

Spock Offline



Beiträge: 2.377

16.02.2008 12:30
Dinosauriersterben Antworten
Die Zuverlässigkeit der Speicherung ist wieder ein anderer Aspekt. Die landläufige Meinung, digital gespeicherte Daten halten ohne Zutun ewig, ist ein böser Trugschluss.

Viele Privatleute merken das, wenn ihre mit Musik und Fotos gebrannten Rohling-Sammlungen langsam in die Jahre kommen. Ehemals zu schnell bespielte Billig-Rohlinge haben oft so massive Fehlerraten, dass sie schon nach wenigen Jahren nicht mehr lesbar sind.

Die Kommerziellen Datenarchivare haben im Prinzip dasselbe Problem. Auf lange Sicht bewahren lassen sich digitale Daten bisher nur durch regelmäßiges Umkopieren. Ein ewig haltendes Medium gibt es m.E. noch nicht.
F-W Offline




Beiträge: 1.679

16.02.2008 13:05
Dinosauriersterben Antworten

Zitat:

Flecki5 schrieb am 16.02.2008 02:20

Zum Brockhaus II: Dieses Teil wurde seit der Etablierung von professionell geförderter Forschung, also seit sicher 100 Jahren, fürchterlich überschätzt. Seitdem ist nämlich der Brockhaus Symbol für elitäres Halbwissen, das zum Fortschritt keinen Beitrag mehr leisten kann. Die Silikontitte im Pornofilm.



Man könnte ja jetzt böse sein und sagen, dass das von den deutschen Feuilletons so beweinte deutsche Bildungsbürgertum nichts anderes als elitäre Selbstüberschätzung war. Der Grosse Brockhaus als „Symbol für elitäres Halbwissen“ passte da als dresscode hervorragend ins heimische Bücherregal.

Zitat:

Flecki5 schrieb am 16.02.2008 02:20

... aber die Globalisierung hätte es auch ganz analog gegeben.



Das wesentliche Merkmal der gefühlten Globalisierung ist ja die enorme Geschwindigkeit der Veränderungen. Und die Tatsache, dass für viele Menschen die Veränderungen im persönlichen Umfeld direkt darauf zurückzuführen sind.

Handel und Arbeitsteilung, die auch die Kernelemente der Globalisierung sind, begleiten die menschliche Entwicklung seit die ersten Jäger sesshaft wurden und sich Ackerbau und Viehzucht widmeten. Ihre Auswirkungen waren für die menschliche Entwicklung immer eminent wichtig. Aber für das Individuum war dieses grosse Zahnrad im Weltengetriebe nicht erkennbar. Sie konnten den Zusammenhang mit ihrer direkten Umgebung nicht erkennen.

Ja, der Zusammenbruch des realen Sozialismus spielt eine wichtige Rolle. Aber die 80er Jahre waren auch der Zeitpunkt, als die Produkte der Digitalisierung den Sprung aus den Labors und von Spezialanwendungen in den Alltag machten. Der IBM-PC, Microsoft und die CD traten auf die Bühne. Mindestens genauso wichtig: In diesem Zeitraum schoben die Banken, Versicherungen und Grosskonzerne die Computerisierung an. Aus riesigen Mainframeungeheuern, die Konten führten und Auszüge druckten wurde das Gehrin und Rückgrat der Firma, die zentrale Infrastruktur.

Vielleicht waren die 10 Jahre von '80 bis '90 die entscheidenden, weil da so viel zusammenkam und miteinander agierte und reagierte. In der Rückschau bewerte ich das so.

Vielleicht rührt meine Sichtweise daher, dass ich zu diesem entscheidenden Moment gerade mal weg war.

Ich bin 1978 für meinen AG nach Schwarzafrika gegangen. In eine Welt ohne TV, ohne Telefonverbindung nach Europa (man musste Überseegespräche beim Operator Stunden vorbestellen), mit elektromechanischen Buchungsmaschinen und Telex als Verbindung zur Welt.

Natürlich streckte der Fortschritt seine Fühler auch so langsam nach Afrika aus. Aber trotzdem: Als ich 1984 zurückkehrte, landete ich in einer Welt, die mit der, die ich 6 ½ Jahre vorher verlassen hatte, nicht mehr viel zu tun hatte. Zumindest, was das berufliche Umfeld betraf. In den Büros wurden gerade die Working-Stations mit online-Zugriff auf die Zentral-EDV installiert. Überall standen PCs (die schönen alten ATs mit den grossen Disketten in Papphüllen). Ich habe, komibniert mit fachlicher Weiterbildung, anderthalb Jahre Resozialisierung gebraucht, bevor ich von meinem AG wieder in die normale Arbeitswelt entlassen wurde.

FW

Flecki5 Offline

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Beiträge: 250

16.02.2008 17:43
Dinosauriersterben Antworten

Zitat:

Spock schrieb am 16.02.2008 11:55
...
Da muss ich grad mal klugscheißen: Die klassische CD benutzt keine Kompressionsverfahren, auf ihr befindet sich ein 1:1 abgetastetes digitalisiertes Abbild der akustischen Schwingungen. Die später entwickelten Kompressionsverfahren haben den Multimediadaten geholfen, ihren Weg durchs Internet zu finden. Damit wurde die Kompression zum Todesstoss der klassischen CD und vielleicht noch für die klassische Musikindustrie.



Danke für die Korrektur. Da habe ich die CD verwechselt mit der MPEG- und JPEG-Familie. Und wie heißt nochmal die Medizin für meinen Gedächtnisverlust? Alpecin oder so.

SteffenHuber Offline

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Beiträge: 459

16.02.2008 17:49
Dinosauriersterben Antworten

Zitat:

Spock schrieb am 16.02.2008 11:55

Zitat:

Digital ist nicht besser, nur anders. Die CD z.B. konnte nur funktionieren, weil man sich intelligente Kompressionsverfahren ausgedacht hat, und diese fussen auf der herkömmlichen physiologischen Untersuchung des menschlichen Gehörs.


Da muss ich grad mal klugscheißen: Die klassische CD benutzt keine Kompressionsverfahren, auf ihr befindet sich ein 1:1 abgetastetes digitalisiertes Abbild der akustischen Schwingungen.




Ich mach' jetzt mal den ultimativen Klugscheisser...

Jedes Musikformat hat eine Bandbreitenbegrenzung. Die am meisten relevanten Parameter sind dabei der Frequenzumfang und der Dynamikumfang. Bei der CD hat man sich für 22 kHz als obere Grenzfrequenz und 96dB Dynamik entschieden, was natürlich aufgrund physiologischer Untersuchungen geschah - 22 kHz können halt nur die allerwenigsten hören.

Üblicherweise nennt man Bandbreitenbegrenzung aber nicht Kompression, insofern stimme ich Spock zu.

Und natürlich war die CD ein extremer Fortschritt bei der Klangqualität gegenüber LP und MC - kein Rauschen, kein Rumpeln, viel bessere Dynamik (LP kann etwa 40dB, wenn wirklich alles passt), keine Gleichlaufschwankungen. Theoretisch könnte die LP zwar höhere Frequenzen als die CD, in der Praxis aber nicht (aufgrund Vinyl-Körnigkeit und Nadelproblematik).

Steffen

SteffenHuber Offline

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Beiträge: 459

16.02.2008 17:58
Dinosauriersterben Antworten

Zitat:

Spock schrieb am 16.02.2008 12:30
Die Kommerziellen Datenarchivare haben im Prinzip dasselbe Problem. Auf lange Sicht bewahren lassen sich digitale Daten bisher nur durch regelmäßiges Umkopieren. Ein ewig haltendes Medium gibt es m.E. noch nicht.




Diese scheinbare Schwäche ist ja gleichzeitig die Stärke: die Kapazität der Speicher steigt ständig, und das Umkopieren ist verlustfrei. Und dezentrale Sicherungen sind viel einfacher.

Das Wichtigste kann man dann immer noch in die Steintafel hauen

Steffen

Spock Offline



Beiträge: 2.377

16.02.2008 18:05
Dinosauriersterben Antworten

Zitat:

Jedes Musikformat hat eine Bandbreitenbegrenzung. Die am meisten relevanten Parameter sind dabei der Frequenzumfang und der Dynamikumfang. Bei der CD hat man sich für 22 kHz als obere Grenzfrequenz und 96dB Dynamik entschieden, was natürlich aufgrund physiologischer Untersuchungen geschah - 22 kHz können halt nur die allerwenigsten hören.



Mist, ich hab noch überlegt, ob ich darauf hinweisen soll

Aber die getroffene Begrenzung in Sachen Dynamik und Frequenzbereich bei der CD schienen mir nicht erwähnenswert, da faktisch jedes vorhergehende analoge Speichermedium in diesen Parametern hörbar und schlechter abschneidet und man die CD im Allgemeinen als unkomprimiert betrachtet.

kater_5 Offline

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Beiträge: 1.018

16.02.2008 18:15
Dinosauriersterben Antworten
"Die landläufige Meinung, digital gespeicherte Daten halten ohne Zutun ewig, ist ein böser Trugschluss. "

Jau, für die Kinder nehmen wir eigentlich immer mehr die gute alte Kassette. Die überlebt die meisten Angriffe durch Kinderhände relativ lange, selbst Kassetten aus meiner Jugend sind durchaus noch verstehbar.

Besoielte CD's überleben ca. zwei bis drei Wochen, MP3 CDs kaum ein paar Tage, bis die so zerkratzt sind, dass der CD Spieler sie nicht mehr lesen kann.

Gruss
Kater
Lexx Offline



Beiträge: 3.730

16.02.2008 22:05
Dinosauriersterben Antworten
Kater:
Deswegen nimmt man heute ja auch MP3-Player und keine CD-Player mehr

In Sachen Robustheit haben die magnetischen Medien den optischen was voraus....
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