Manchmal lohnt es sich, nochmals zurückzuschauen. In der Diskussion um den Wegfall der von der CDU damals so sehr verteidigten Eigenheimzulage, hatte besonders Kater (auch RW?) unisono mit der SPD die Position der CDU scharf kritisiert, und die Rationalität eines Eigenheimbauers, der auf die Eigenheimzulage setzte, in Zweifel gezogen.
Es sieht auch nicht so aus, als dass der Rückgang mit Vorzieheffekten erklärbar ist. Warum also die Fehleinschätzung? Ich werfe mal als These ein, dass die Fehleinschätzung auf eine in Deutschland beliebte rein zahlenmechanische Ratio zurückgeht, mit einer Unterschätzung des menschlichen Faktors. Genaugenommen ist mehr als 50% der wirtschaftlichen Tätigkeit und des Konsums mit dieser zahlenmechanischen Ratio nicht erklärbar, mit auch ein Grund, dass so manche gute Idee in den unteren Managementebenen abgewürgt wurde und wird (Der flexiblere Ansatz des Trial and Error mit einem bewussten Risikomanagement ist wohl schwerer zu leben). So irrational das Bauen auf Basis einer Eigenheimzulage auch schien, es war wohl ein Entscheidungsfaktor für die Häuslebauer. Für den Staat hat es sich unter dem Strich immer ausgezahlt.
Nun ja, vielleicht gab es einen rationalen Faktor der andern Art: Die SPD wollte der CDU/CSU die Klientel abspenstig machen, wobei es ja schon genügte, wenn von denen weniger zur Wahl gingen. Ähnliche Vorgänge erlebt z.Z. Bayern, nachdem die CSU das Rauchverbot wieder lockern möchte, weil offensichtlich Wähler mehr sauer als dankbar waren. Dann will ich mal nicht hoffen, dass die SPD (auch Grüne sind dafür anfällig) nicht allzuoft erfolgreich ist.
Das kurzfristig weniger gebaut wird, wenn es nichts mehr umsonst gibt, ist doch wohl keine Frage.
Die Frage ist, ob des Geld jetzt woanders mehr bringt. Ich sehe den massenhaften Bau von grossen Einfamilienhäusern jedenfalls nicht unbedingt als besonders dringliche Aufgabe des Staates an. Das Geld ist z. B. in Autobahnen, Strassen oder Schulen besser investiert, da haben alle Steuerzahler was von.
Endlich wurde damit eine grosse Fehlallokation von Steuergeldern beseitigt. Letzlich hat sich damit der Hausneubaumarkt auf ein normales (gesundes ?) Mass reduziert.
Ja, die Meldung ist mir auch aufgefallen. Ich fand die Thesen insbesondere Redwolfs damals auch ziemlich überzogen. Immerhin machte die Eigenheimzulage bei einem typischen Zweifamilienhaus etwa 15% der Bausumme aus - das ist kein Pappenstil mehr. Die Behauptung, der Wegfall der Eigenheimzulage werde
- entweder gar keine Wirkung haben oder
- nur die Häuserbauer eleminieren, die sowieso zum Proletariat gehören und gar kein Haus bauen dürften
kam mir doch etwas merkwürdig vor.
Kater,
ja, so kann man das sehen und das ist ja auch die Begründung für den Wegfall. Als Steuerzahler und VWLer akzeptiere ich dieses Argument auch. Man kann noch einen kleinen Nutzen der Eigenheimzulage konstruieren, weil dadurch Konsumausgaben in Investitionsausgaben transformiert wurden. Aber insgesamt würde ich die Wirkung der Eigenheimzulage (wie fast jeder Subvention) eher negativ einschätzen.
Vor allem erscheint mir fraglich, ob es erstrebenswert ist, dass Stadtränder immer weiter zersiedelt werden und entsprechen Einzelhandel sich ausdünnt, während in den Städten tausende Wohnungen leer stehen und die Innenstädte schwächeln - jetzt mal ganz aus Stadtplanerischer Sicht.
In Wuppertal sollen z.b. auf dem alten Kasernengelände zwei Straßenzüge Einfamilienhäuser neu entstehen. Auch andere Grünzüge werden mit Wohnhäusern bebaut und neue Einzelhandelsflächen entstehen - dabei ist die Einwohnerzahl kurz-, mittel-, und langfristig rückläufig und der Wohnungsleerstand vierstellig.
Da könnte die Eigenheimzulage wahrlich sinnvoller eingesetzt werden.
"Die Behauptung, der Wegfall der Eigenheimzulage werde
- entweder gar keine Wirkung haben "
Das hat nie jemand gesagt. Sondern letzlich habe ich gesagt, dass die Grundstücks/Baupreise entsprechend sinken würden, so dass die Leute sich das wieder leisten können.
Allerdings gibt es da so viele andere Faktoren, dass das schwer auszumachen ist. In Teilen von Düsseldorf ist das definitiv der Fall, in anderen Teilen (linke Rheinseite) eher nicht. Da gibt es nach dem Bau der Flughafenbrücke eher einen Anstieg.
Selbst wenn die Bautätigkeit im privaten (selbstgenutzten) Wohnungsbau nachhaltig gedämpft wird, ist das für mich kein Grund die EHZ wieder einzuführen.
Man muss sich mal die ursprünglichen Argumente für ihre Einführung ansehen und anhand derer prüfen, ob sie noch oder jemals berechtigt war. Und die 2. Frage ist, wer profitierte und wer verliert jetzt?
1) Schaffung von Wohnraum. Die Einführung der EHZ geht auf Zeiten zurück in denen tatsächlich ein Mangel an Wohnraum bestand und in denen die Mieten überproportional zu den Einkommen und zur Inflationsrate stiegen. Das ist heute - mit regional unterschiedlicher Ausprägung - nicht mehr der Fall. Im Gegenteil, wir haben einen deutlichen Überhang an Wohnraum. In Boomregionen, in denen nach wie vor hohe Nachfrage besteht, sind die Preise so hoch, dass eine EHZ nur sehr wenigen Leuten zu Wohnraum verhilft, den sie sich sonst nicht leisten könnten.
2) Die EHZ war in ihrer (durchaus beabsichtigten) Wirkung eine Transferzahlung an den Einkommensmittelstand. Aus Sicht der bürgerlichen Parteien sicher legitim, auch im Hinblick darauf, dass Transferzahlungen ansonsten hauptsächlich den niedrigen Einkommensbeziehern und damit der Klientel der Konkurrenz zugute kamen. Die Frage der Berechtigung der EHZ ist unter diesem Aspekt reine politische Geschmackssache.
Angekommen ist das Geld am Ende in der Bauwirtschaft und ihren Lieferanten. In den langen Jahren der Depression in diesem Wirtschaftszweig war das ein Argument. Derzeit läuft allerdings die Bauwirtschaft so gut wie seit Jahren nicht mehr - sogar im Osten. Die Branche erhöht sogar die Beschäftigtenanzahl wieder. Von daher besteht also kein Grund mehr für die EHZ.
Ich will den Argumenten pro/con EHZ gar nicht viel hinzufügen, lediglich, dass die heutige Auftragslage der Bauindustrie nicht a posteriori als pro-Argument gelten sollte. Mir geht es um die Fähigkeit der Politik, die Wirkung ihrer Maßnahmen einzuschätzen. Natürlich kann man die EHZ (Antisubventions-)prinzipientreu ablehnen, trotzdem haben solche Instrumente Wirkung, wenn sie eingeführt werden und wenn sie abgeschafft werden. Ähnlich scheitert gute Produktvermarktung ja oft an Marketieren, die zwar rational präsentieren können, aber kein Gefühl für Marktentwicklungen haben.
Bei der Einschätzung von solchen Wirkungen spielen die gedachten Menschenbilder (wie wird sich der Mensch auf eine Änderung einstellen?) eine entscheidende Rolle, und sind meist deutlich unterschiedlich zwischen den rechten und linken politischen Flügeln.
Ein anderes Beispiel, das mir in den Sinn kommt, ist die Abschaffung der 630 Mark Jobs (waren es 630?). Ein paar Jahre später war man schlauer, und hat das Ganze wieder ungefähr rückgängig gemacht - mit dem typisch regulatorischen Wasserkopf.
"trotzdem haben solche Instrumente Wirkung, wenn sie eingeführt werden und wenn sie abgeschafft werden."
Nun, das ist ja zweifellos richtig, allerdings frage ich mich auch, ob man bei so einer langfristigen Sache wie einem Eigenheim bereits nach 2 Jahren eine Bilanz ziehen kann.
Da es allerdings ja jetzt eine Wohn-Riester geben soll, werden wir nie erfahren, wie das langfrisitg ausgegangen wäre
Die Zersiedelung war kein wirkliches Argument gegen die EHZ seitdem auch der Erwerb von Wohnungen aus dem Bestand bezugsberechtigt war. Sie leistete dort ihren Beitrag zur Altbausanierung.
Für die Zersiedlung sind vor allem die Gemeindeväter verantwortlich, die immer neue Baugebiete ausgewiesen haben. Wo kein Bauland war, konnte man auch mit EHZ nicht bauen.
Ich kenne die Geographie in Wuppertal nicht, aber die Nutzung einer Militärbrache erscheint mir à priori nicht widersinnig. Besser als unberührte Natur oder landw. Nutzflächen in Bauland umzuwandeln.
Der hohe Leerstand mancherorts ist kein Argument gegen Neubauten. Der Bestand muss sich schon langsam erneuern zumal sich die Bedarfsstrukturen ändern. Ausserdem ist ein gewisser Leerstand eine Versicherung gegen überhöhte Mieten.
kater_5 schrieb am 13.03.2008 16:00
"trotzdem haben solche Instrumente Wirkung, wenn sie eingeführt werden und wenn sie abgeschafft werden."
Nun, das ist ja zweifellos richtig, allerdings frage ich mich auch, ob man bei so einer langfristigen Sache wie einem Eigenheim bereits nach 2 Jahren eine Bilanz ziehen kann.
Gruss
Kater
Kater,
mir genügt ja schon die Erkenntnis, dass die Menschen als nicht ganz so rational einzuschätzen sind, wie sich das die 'Rationalen' zurechtlegen. Offensichtlich gibt es eine Menge Leute, die entweder nicht über die nächsten fünf Jahre hinaus denken oder planen wollen, oder aber sehr zuversichtlich sind, dass sich ihre Situation in dieser Zeit deutlich verbessert.
Wenn ich mich richtig erinnere, war Deine Position damals die, dass der, der auf die EHZ zur Finanzierung angewiesen ist, eh besser nicht bauen solle, da ihn die Kosten nach dem Auslaufen der EHZ einholen.
Die andere Seite ist die, dass ohne Zuversicht die wirtschaftliche Tätigkeit so ziemlich zum erliegen käme, und wahrscheinlich auch keine Kinder mehr geboren würden.
Die sozialistische Haltung ist dann auch in Konsequenz gerne die, per staatlicher Regulierung dem Individuum die Risiken aus der Hand zu nehmen. Der Vater meiner Partnerin (Eisenbahner/DDR) denkt so auch gar nicht allzu schlecht über den Zustand, dass die Einkommensentwicklung in der DDR zwar in bescheidenem Rahmen, aber einfach verhersagbar war, und sich jeder das Einkommen des Kollegen aus Dienstgrad und Berufsjahren ausrechnen konnte.
Der Bericht über die EHZ war für mich nur den Anlass, über die grundverschiedenen Positionen nachzudenken, die letztlich zu politischen Versprechen und Gesetzen führen. Nächste Beispiele sind Mindestlohn und vielleicht auch das hier an anderer Stelle diskutierte bedingungslose Grundeinkommen. Beim letzteren baut der Erfinder darauf, dass Menschen einen angeborenen Trieb zur nutzbringenden Arbeit haben und keine faulen Säcke sind.
Wenn wir solche Themen diskutieren, dann bleiben diese grundlegenden Annahmen immer etwas im Hintergrund.
kater_5 schrieb am 13.03.2008 11:26
Die Frage ist, ob des Geld jetzt woanders mehr bringt. Ich sehe den massenhaften Bau von grossen Einfamilienhäusern jedenfalls nicht unbedingt als besonders dringliche Aufgabe des Staates an. Das Geld ist z. B. in Autobahnen, Strassen oder Schulen besser investiert, da haben alle Steuerzahler was von.
Endlich wurde damit eine grosse Fehlallokation von Steuergeldern beseitigt. Letzlich hat sich damit der Hausneubaumarkt auf ein normales (gesundes ?) Mass reduziert.
Naja was ist schon "normal", was "gesund"? Vielleicht war ja vorher das Normalmass und jetzt ist die Bautätigkeit unnormal gering. Die Empfindungen über Zersiedelung etc. sprechen ja Bände, da geht es um individuelle Wahrnehmung und persönliche Befindlichkeiten.
Dass der Staat in Autobahnen und Bildung investieren soll ist eine Binse und keine Beantwortung der Frage, ob er auch Eigenheime anstossen soll. Man könnte genauso behaupten, mit der EHZ schubbst der Staat private Investitionen an, die sonst nicht getätigt werden, das Geld versauert auf dem Konto und schafft keine Bauprojekte, die wiederum Lohn, Brot und Steuern erwirtschaften.
Deshalb kann es m.E. hier weder eine endgültige Ansicht geben über den Grundsatz EHZ ja oder nein noch über deren Höhe.
"mir genügt ja schon die Erkenntnis, dass die Menschen als nicht ganz so rational einzuschätzen sind, wie sich das die 'Rationalen' zurechtlegen."
Nun, das ist eine Erkenntniss die ja mitlerweile selbst Ökonomen haben, die den Homo Ökonomikus ja so langsam doch wieder in die Kisten packen. Es gibt zwar noch ein paar alte Verfechter dieser These, aber Ausnahmen bestätigen die Regel.
ImPrinzip ist die Eigenheimzulage ein gutes Beispiel dafür, wie kontinuierliche Gewöhnung Verhalten verändern kann. Wenn man jahrzehntelang gewohnt war, dass der Staat einem einen oredentlichen Anteil zum Haus dazugibt, wird es eben ein bischen dauern, bis sich diese Gewohnheiten ändern. Für Leute, die sich nicht sicher sind, ist das auch eine bequeme Ausrede, "wenn es die Eigenheimzulage noch gäbe, dann". Ich denke, die Dauer solcher Umgewöhnungsprozesse geht eher in Generationen als in Jahren. Die Konsequenz ist übrigends auch, dass die Leute jetzt schlicht ein paar Jahre länger sparen müssen, um das gleiche Haus zu bauen. Das führt natürlich auch zu einem vorübergehenden Absinken der Neubauzahlen.
"Wenn ich mich richtig erinnere, war Deine Position damals die, dass der, der auf die EHZ zur Finanzierung angewiesen ist, eh besser nicht bauen solle, da ihn die Kosten nach dem Auslaufen der EHZ einholen. "
Naja, das war ein Teil der Argumentation, aber durchaus korrekt und ich stehe da auch heute zu.
"Die andere Seite ist die, dass ohne Zuversicht die wirtschaftliche Tätigkeit so ziemlich zum erliegen käme, und wahrscheinlich auch keine Kinder mehr geboren würden."
Das Problem sehe ich hier nicht in der Zuversicht, eine Zuversicht, die vor allem auf staatlichen Hilfen basiert ist nichts wert. Wer eigene Zuversicht in die Zukunft und seine eigenen Stärken hat, wird auch ohne Eigenheimzulage bauen.
"Wenn wir solche Themen diskutieren, dann bleiben diese grundlegenden Annahmen immer etwas im Hintergrund. "
Den Eindruck habe ich jetzt weniger. Wir diskutieren doch eigentlich immer recht ausführlich, was wann wo wie passieren wird, könnte oder sollte.
"Dass der Staat in Autobahnen und Bildung investieren soll ist eine Binse und keine Beantwortung der Frage, ob er auch Eigenheime anstossen soll."
Wenn der Staat unbegrenzt Geld hätt, wäre das so. Hat er aber nicht, er hat nur die Wahl zwischen beiden. Es sei denn, er will die steuern erhöhen.
" Man könnte genauso behaupten, mit der EHZ schubbst der Staat private Investitionen an, die sonst nicht getätigt werden, das Geld versauert auf dem Konto und schafft keine Bauprojekte, die wiederum Lohn, Brot und Steuern erwirtschaften."
Nein, er holt sich das Geld über Steuern vorher rein. Das Geld holt sich der Staat genau von den Leuten, denen er es nachher wiedergibt. Wobei dazwischen dann noch ein Haufen Verwaltung kommt. Und bekommen tun es die Grundstückseigentümer.
"Deshalb kann es m.E. hier weder eine endgültige Ansicht geben über den Grundsatz EHZ ja oder nein noch über deren Höhe."
Nun, jeder kann seine Meinung dazu haben. Ich stehe dazu, dass ich die für vollkommen überflüssig halte.
Deine Denke funktioniert aber nur wenn man von einem 1:1 ausgeht; der Staat nimmt 1mrd Steuern ein, gibt die in die EHZ, der Bürger nimmt die mrd und steckt sie ins Eigenheim. Ja dann geht das alles auf und man kann sich schön empören; lieber in die Bildung investieren! Ob das eine reale Vorstellung ist oder nicht doch linke Schönrede weiss ich nicht. Man kann schliesslich auch mit wenig Geld viel anstossen. Und umgekehrt kann man mit wenig Entzug auch viel bremsen. Theoretisch kann eine Investition von 100 Millionen eine Investitionslavine von 10mrd auslösen. Umgekehrt kann staatliche (und genauso private) Knickrigkeit für Investitionsstaus sorgen.
Ob also und in welcher Höhe investiert werden soll darf keine Grundsatzentscheidung sein sondern eine möglichst objektive Fallbetrachtung.