Martin:
Der Verbleib der Infrastruktur beim Bund hat aber den Vorteil, dass er echten Wettbewerb garantieren kann. Meinetwegen kann das Schienennetz auch in eine teilprivatisierte und marktwirtschaftlich geführte Firma übergehen, solange das Netz von der privatisierten BAHN AG getrennt ist und der Staat die Verfügungsgewalt hat (betr. Streckenstilllegungen).
Lexx schrieb am 14.04.2008 14:14
Der Verbleib der Infrastruktur beim Bund hat aber den Vorteil, dass er echten Wettbewerb garantieren kann. Meinetwegen kann das Schienennetz auch in eine teilprivatisierte und marktwirtschaftlich geführte Firma übergehen, solange das Netz von der privatisierten BAHN AG getrennt ist und der Staat die Verfügungsgewalt hat (betr. Streckenstilllegungen).
Wenn es dir dabei darum geht, dass manche Gebiete nicht einfach so von der Versorgung abgeschnitten werden, weil sie halt zu unrentabel sind, bringt es ja nichts, wenn der Staat nur dafuer sorgt, dass dort Schienen liegen, sondern es muessen dort dann auch Zuege auf den Schienen rollen.
Und egal, wie man das realisieren will - ob der Staat selbst oder ob er die Unternehmen dazu zwingt oder ob er die Unternehmen mit Subventionen dazu animiert - ist es kein "echter Wettbewerb".
Hamster:
Betrachte das ganze doch einfach mal getrennt:
Der Staat kann einerseits für echten Wettbewerb sorgen.
Und er kann andererseits Streckenstillegungen verhindern (womit der Rückbau bzw. die nachhaltige Unbrauchbarkeit der Strecke gemeint ist und nicht, dass bloß kein Zug mehr drauf fährt).
Lexx schrieb am 14.04.2008 14:14
Martin:
Der Verbleib der Infrastruktur beim Bund hat aber den Vorteil, dass er echten Wettbewerb garantieren kann. Meinetwegen kann das Schienennetz auch in eine teilprivatisierte und marktwirtschaftlich geführte Firma übergehen, solange das Netz von der privatisierten BAHN AG getrennt ist und der Staat die Verfügungsgewalt hat (betr. Streckenstilllegungen).
Ich denke, man sollte sich keine Illusionen über den Wettbewerb auf der Schiene machen. Zumindest nicht in dem Sinne, dass Bahn AG und Wettbewerber in Kokurrenz auf den gleichen Strecken fahren.
Etwas anderes ist die Ausschreibung von ganzen Nah- oder Regionalverkehren an Betreiberfirmen. Da tut sich in der Tat etwas. Aber dieser Betrieb ist dann auch exklusiv, bis der Vertrag zum nächsten mal wieder ausgeschrieben wird.
Lexx schrieb am 14.04.2008 14:14
Martin:
Der Verbleib der Infrastruktur beim Bund hat aber den Vorteil, dass er echten Wettbewerb garantieren kann. Meinetwegen kann das Schienennetz auch in eine teilprivatisierte und marktwirtschaftlich geführte Firma übergehen, solange das Netz von der privatisierten BAHN AG getrennt ist und der Staat die Verfügungsgewalt hat (betr. Streckenstilllegungen).
Lex,
das ist alles eine Frage der Vertragsgestaltung, inkl. Regulierung. Aus der DT Privatisierung und der Regulierung der Stromversorger/Netzzugang sollte es ausreichend Erfahrungswerte geben.
Lexx schrieb am 14.04.2008 15:33
Hamster:
Betrachte das ganze doch einfach mal getrennt:
Der Staat kann einerseits für echten Wettbewerb sorgen.
Und er kann andererseits Streckenstillegungen verhindern (womit der Rückbau bzw. die nachhaltige Unbrauchbarkeit der Strecke gemeint ist und nicht, dass bloß kein Zug mehr drauf fährt).
Wenn es dir egal ist, dass Gebiete von der Versorgung abgeschnitten sind und es dir reicht, wenn da wenigstens staatlich garantiert Schienen herumliegen, auch wenn dort nichts faehrt/haelt, dann ja.
Aber eine staatliche Sicherung der Versorgung und echter Wettbewerb koennen nicht gleichzeitig realisiert werden.
"Aber eine staatliche Sicherung der Versorgung und echter Wettbewerb koennen nicht gleichzeitig realisiert werden. "
Hmm, es scheint gerade im Osten eine Menge Strecken zu geben, die von Bahn Konkurrenten erfolgreich genutzt werden, u. a. durchEinsatz neuer Züge, nachdem die Bahn die aus Kostengründen stillgelegt hat.
Die Frage, ob eine staatliche Stelle, die unter Sparzwang steht, einen besseren Service liefert als ein privater Konkurrent, der mit ein bischen Phantasie ein Geschäftsmodell aufbaut, würde ich nicht voreilig zugunsten der staatlichen Stelle entscheiden.
Anonymer User schrieb am 15.04.2008 16:40
"Aber eine staatliche Sicherung der Versorgung und echter Wettbewerb koennen nicht gleichzeitig realisiert werden. "
Hmm, es scheint gerade im Osten eine Menge Strecken zu geben, die von Bahn Konkurrenten erfolgreich genutzt werden, u. a. durchEinsatz neuer Züge, nachdem die Bahn die aus Kostengründen stillgelegt hat.
Nicht nur im Osten. Allerdings mischt auch die Deutsche Bahn AG in den Regionalgesellschaften, die die Ausschreibungen gewonnen haben kräftig mit.
In Schleswig-Holstein ist der gesamte Regionalverkehr an 7 Betreiber abgegeben worden. Darunter 3 mit HH und S-H als Gesellschafter, 2 mit DB AG als Gesellschafter, einer gehört zur Veolia Transport (früher Connex -> Compagnie Générale des Eaux) und einer zur Luxemburgischen Staatsbahn (!). Und man staune: Alle haben neues Material, entrümpelte Fahrpläne und wundersamerweise einen gehörigen Zuwachs an Fahrgästen.
Im Prinzip wird mit der Regionalisierung die Zentralisierung der Eisenbahnen zur Reichsbahn unter Bismarck wieder rückgängig gemacht. Zuvor ist der gesamte Aufbau des Eisenbahnnetzes privat unter der Regie der Einzelstaaten vonstattengegangen. Die Reichsbahn konnte den Höhenflug nur ein paar Jahre zwischen Verstaatlichung und dem Ende des 1. Weltkrieges fortsetzen. Danach gings kontinuierlich bergab. DB und Reichsbahn-Ost waren nur noch ein Schatten einstiger Herrlichkeit.
FW: "Etwas anderes ist die Ausschreibung von ganzen Nah- oder Regionalverkehren an Betreiberfirmen."
Genau diese Ausschreibungen meine ich, aber:
Der gesamte VRR-Bahn-Verkehr im Ruhrgebiet wird von der Bahn betrieben. Der ganze? Nein, denn z.b. die Strecke Kaarst-Düsseldorf-Mettmann wird von der Regiobahn betrieben.
Es geht also durchaus nicht um ganze Netze, die da verteilt werden. Man könnte die S-Bahn-Linien durchaus an verschiedene Betreiber vergeben oder z.b. die S-Bahnen, Regionalbahnen und Regionalexpresse separat ausschreiben.
"Aber dieser Betrieb ist dann auch exklusiv, bis der Vertrag zum nächsten mal wieder ausgeschrieben wird."
Dazu siehe oben. Man muss die Verträge ja nicht gleich bis 2018 oder 2036 verlängern, wie im Moment.
"in Schleswig-Holstein ist der gesamte Regionalverkehr an 7 Betreiber abgegeben worden. Darunter 3 mit HH und S-H als Gesellschafter, 2 mit DB AG als Gesellschafter, einer gehört zur Veolia Transport (früher Connex -> Compagnie Générale des Eaux) und einer zur Luxemburgischen Staatsbahn (!). Und man staune: Alle haben neues Material, entrümpelte Fahrpläne und wundersamerweise einen gehörigen Zuwachs an Fahrgästen."
...in Niedersachsen ists z.b. die Metronom AG (gleiche Doppelstockwagen wie die DB, andere Farbgebung) und in NRW zähle ich außer der besagten Regiobahn noch 10 andere private Unternehmen bei Wikipedia.
Martin:
Welcher Investor hätte den Interesse daran, ein Netz zu betreiben, über das weiterhin der Staat verfügt?
Werhamster:
Aber sicher geht das!
Der Staat muss dann gucken, ob der Betrieb der Strecke die Kosten, die er dafür zahlt (als Auftraggeber) es wert sind. Er kann es sich im Zweifel leisten, die Strecken im freien Wettbewerb auszuschreiben und beim Betrieb Verlust zu machen, während der private Netzbetreiber keine wirtschaftliche Zukunft sieht und die Strecke dicht macht.
kater: "Die Frage, ob eine staatliche Stelle, die unter Sparzwang steht, einen besseren Service liefert als ein privater Konkurrent, der mit ein bischen Phantasie ein Geschäftsmodell aufbaut, würde ich nicht voreilig zugunsten der staatlichen Stelle entscheiden."
Es stünde dem Staat ja frei, eine Strecke von einem Unternehmen auch außerhalb eines Tarifverbundes nach eigenem Gutdünken betrieben zu lassen.
Kater schrieb am 15.04.2008 16:40
"Aber eine staatliche Sicherung der Versorgung und echter Wettbewerb koennen nicht gleichzeitig realisiert werden. "
Hmm, es scheint gerade im Osten eine Menge Strecken zu geben, die von Bahn Konkurrenten erfolgreich genutzt werden, u. a. durchEinsatz neuer Züge, nachdem die Bahn die aus Kostengründen stillgelegt hat.
Dann waren bzw. sind diese Strecken anscheinend rentabel genug fuer Unternehmen. Aber es ging ja gerade nicht um solche Strecken/Anbindungen, sondern um die, die fuer Unternehmen zu unrentabel sind.
Zitat:
Lexx schrieb am 15.04.2008 22:15 Werhamster:
Aber sicher geht das!
Der Staat muss dann gucken, ob der Betrieb der Strecke die Kosten, die er dafür zahlt (als Auftraggeber) es wert sind. Er kann es sich im Zweifel leisten, die Strecken im freien Wettbewerb auszuschreiben und beim Betrieb Verlust zu machen, während der private Netzbetreiber keine wirtschaftliche Zukunft sieht und die Strecke dicht macht.
Nochmal: Wenn es dir um die Sicherung der Versorgung an sich geht, kann man es nicht bei den Schienen belassen. Es ist ja schoen, wenn der Staat garantiert, dass die Nebenstreckenschienen nach Hintertupfingen liegen bleiben, aber das ist ohne dort fahrende und haltende Zuege witzlos und keine Versorgung.
Also muesste der Staat - wie du oben ja auch erwaehnst - ins Marktgeschehen eingreifen.
Und dabei muesste er selbst dort rollendes Material fahren lassen oder es Unternehmen ueberlassen und dafuer marktferne Preise ("Subventionen") zahlen (weil es eben marktwirtschaftlich unrentabel ist) oder zb Hauptstreckennutzer zwingen, auch die Nebenstrecken zu bedienen oder was dir halt noch so an staatlichen Masznahmen einfaellt, die staatliche Garantien realisieren koennten.
Aber das waere eben imho nicht mehr der "echte Wettbewerb", von dem du gesprochen hast.
Werhamster:
Wenn der Staat als Auftraggeber Strecken öffentlich ausschreibt, dann ist das genauso freier Wettbewerb wie die Ausschreibungen etwa für Bauprojekte. Und genau darum geht es mir: Kein Gekungel mehr mit der Bahn, die Strecken und Züge besitzt. Dafür ein Wettbewerb der Bahn und anderer Anbieter für den Betrieb auf Strecken, die dem Staat gehören.
Das ist mein Wunschmodell für den sowieso öffentlich finanzierten Nahverkehr.
Beim Fernverkehr kann man dagegen die Anbieter frei anbieten lassen und kassiert Streckennutzungsgebühr, Bahnhofsbenutzungsgebühr usw.
Lexx schrieb am 18.04.2008 00:50
Werhamster:
Wenn der Staat als Auftraggeber Strecken öffentlich ausschreibt, dann ist das genauso freier Wettbewerb wie die Ausschreibungen etwa für Bauprojekte.
Ja, freier Wettbewerb innerhalb der engen Grenzen, die gesetzt werden, wenn du staatliche Garantien fuer eine Versorgung haben willst. Echter(!) Wettbewerb - im Sinne, dass dann ganz marktwirtschaftlich auch mal ein Gebiet von der Versorgung abgeschnitten wird, weil es sich fuer keinen rentiert - ist das allerdings mE nicht.
(Und das gilt sogar nur fuer das rollende Material, denn was die Schienen betrifft, die der Staat besitzen und garantieren soll, gibts da ja sogar null Wettbewerb)
Zitat:
Das ist mein Wunschmodell für den sowieso öffentlich finanzierten Nahverkehr.
Der wird nur zum Teil oeffentlich finanziert. Der Rest wird vom Konsumenten bei Nutzung bezahlt.
Zitat:
Beim Fernverkehr kann man dagegen die Anbieter frei anbieten lassen und kassiert Streckennutzungsgebühr, Bahnhofsbenutzungsgebühr usw.
...wenn die darauf eingehen. Wenn nicht, muss der Staat doch wieder - wie auch immer - eingreifen, wenn du die Versorgung garantieren willst.
Hamster: "Echter(!) Wettbewerb - im Sinne, dass dann ganz marktwirtschaftlich auch mal ein Gebiet von der Versorgung abgeschnitten wird, weil es sich fuer keinen rentiert - ist das allerdings mE nicht. "
Das ist doch Haarspalterei!
Mir ist egal, wie du das jetzt konkret nennst, du weißt, was ich meine.
"Der wird nur zum Teil oeffentlich finanziert."
Der Staat/das Land/Die Kommune zahlt 100% der Kosten des ÖPNV. Das ist es, was ich damit ausdrücken wollte.
"...wenn die darauf eingehen. Wenn nicht, muss der Staat doch wieder - wie auch immer - eingreifen, wenn du die Versorgung garantieren willst. "
Wenn nicht, macht es die Bahn weiter wie bisher. Dass es garkeinen Fernverkehr geben wird, erscheint mir ziemlich unwahrscheinlich, es ist schließlich Profit zu erwirtschaften. Also wird sich irgendwer finden, der es macht.
Wäre ich Investor, so würde mir der aktuelle Becksche Kompromiss (24,9% vom Nah- und Fernverkehr) noch viel weniger gefallen als sein ursprünglicher Vorschlag (49,9% nur vom Fernverkehr). Der größte Investor bekommt nun vielleicht 10% von etwas Großem statt vielleicht 20% von etwas Kleinerem. Dementsprechend geringer fallen die Möglicheiten zur Mitbestimmung aus, und es dauert auch länger, um von diesem Einstieg in die Privatisierung zu einer echten Privatisierung zu gelangen, also bis ich selbst Entscheidungen fällen kann, ohne auf Hinz und Kunz aus der Politik Rücksicht nehmen zu müssen.
Wäre ich nicht Investor, sondern nur Bürger, so wünschte ich mir eine 100%-Privatisierung von allem, auf dass die Privaten die Bahn möglichst schnell in die Pleite führen. Dann ergäbe sich ein Ende mit Schrecken statt einem Schrecken ohne Ende.