Dass die Chinesen bei Olympia nichts dem Zufall überlassen wissen wir seit den legendären Fackelläufen dieses Jahr, spätestens seit den Fahrverboten und dem Verhaltenstraining für Pekinger.
Nun betreibt das Land mal wieder Zensur: Laut Berichten von Journalisten sind oder waren diese Websiten im offiziellen Olympia-Pressezentrum in Peking nicht erreichbar:
Amnesty International. Die Menschenrechtsgruppe hat gegen die Blockade protestiert und unter dem Stichwort "Die China Debatte" eine spezielle Seite zur Menschenrechtslage während der Spiele eröffnet: http://www.thechinadebate.org/en
Die religiöse Bewegung Falun Gong, unter anderem die Seite ihrer Publikation "Epoch Times": http://en.epochtimes.com
Human Rights Watch. Die Organisation thematisiert Menschenrechtsanfragen während der Spiele und informiert über politische Gefangene auf ihrer Seite: http://china.hrw.org/
Liberty Times. Die Tageszeitung aus Taiwan, auf das China Anspruch erhebt. Die Zeitung unterstützt die Demokratische Fortschrittspartei, die für eine Unabhängigkeit von China eintritt: http://www.libertytimes.com.tw
Wird das noch was mit der angeblich freien Berichterstattung?
Oder wird die Öffentlichkeit von dem Versprechen ebenso enttäuscht wie von der angeglich dopingärmeren Tour de France?
Gibt es denn eigentlich irgendjemanden auf dieser Welt der tatsächlich gemeint hat, dass die Kommunisten dort keine Selbstbeweihräucherung betreiben, durch Potemkinsche Dörfer, die nach den Spielen wieder im Smog versinken, massivstem Polizeiaufgebot, Zensur allenthalben und Verboten bis hin zum elementarsten Grundrecht? Was passiert eigentlich, wenn mal ein Sportler aufs Siegerpodest geht mit einem Free Tibet Shirt? Wird der standrechtlich erschossen oder kommt der erstmal in den Gulag?
Waeren den Journalisten der freie Internetzugang und all die anderen Fiesematenten, die sich amts-chinesische Betonkoepfe einfallen lassen, so essentiell wichtig zur Erledigung ihrer Arbeit, wuerden sie konsequenterweise jetzt alle ihre Siebensachen packen, nach Hause fahren und Olympia Olympia sein lassen. Es waere doch mal interessant zu erfahren, wie die Chinesen reagieren, wenn sie ihre grosse Olympia-Show abziehen und kein Aas berichtet darueber; keine Moeglichkeit chinesischer Selbstdarstellung; all der ganze Aufwand fuer die Katz; Olympia hinter verschlossenen Tueren, sozusagen.
dewo:
Dann würde China die Welt mit eigenen Bildern versorgen. Dafür haben die Sicher noch ein paar Kamerateams in der Hinterhand....
Was das Internet betrifft, da sind einige Seiten schon wieder freigeschaltet. Bei Falun-Gong argumentieren die Chinesen, dass die Sekte verboten ist. Die Journalisten übrigens benutzen inzwischen entweder Tunnel, oder Proxies, um die Filter zu umgehen.
Ich wollte mit diesem Vorfall auch eigentlich ein allgemeineres Thema anstoßen, nämlich den generellen Umgang Chinas mit den olympischen Spielen.
Dazu gab es heute in der Zeitung eine Kolumne von einem Korrespondenten, der die chinesische Führung wie den Spießigen Nachbarn von nebenan darstellt: Alles muss pikobello sein.
Deswegen werden die Einwohner im Umgang mit den Fremden geschult und noch vorhandene Baustellen und weniger schöne Flecken mit Zäunen umgeben, die mit Olympia-Slogans plakatiert sind. Da passt es ins Bild, dass der Gastgeber alles versucht, damit die Berichterstattung dieser Präsentation entspricht und die Journalisten nicht auf die Idee kommen, über verbotene Sekten oder weit entfernte Konflikte (Tibet) zu berichten.
Lexx schrieb am 01.08.2008 12:22
Da passt es ins Bild, dass der Gastgeber alles versucht, damit die Berichterstattung dieser Präsentation entspricht und die Journalisten nicht auf die Idee kommen, über verbotene Sekten oder weit entfernte Konflikte (Tibet) zu berichten.
Gar nicht noetig. Warum in die Ferne schweifen? - Gestern Abend sah ich einen Bericht, demzufolge man den Doerfern in der Umgebung das Wasser abgegraben hat, damit man es nutzen kann, um in Peking die Bluemelein zum Ergoetzen der erlauchten Sportler- Funktionaers- und Journaille-Schar recht schoen erbluehen zu lassen. Die Reporterin hatte allen moeglichen Tulles, bis sie die paar Bilder im Kasten hatte und war sichtlich empoert.
Ueberraschend fuer mich ist dabei nur, dass sowas ueberhaupt irgend jemanden ueberrascht. Ebenso wie das Geschrei darueber. Wie naiv muss man eigentlich sein, um den einstmals gemachten Versprechungen der chinesischen Fuehrung bezueglich Presse- & Bewegungsfreiheit Glauben zu schenken? Es duerfte doch nicht allzuschwer auszurechnen gewesen sein, dass allem, was auch nur annaehernd dazu geeignet sein koennte, das Land in ein irgendwie geartetes, unvorteilhaftes Licht zu ruecken ein Riegel vorgeschoben werden wuerde.
Des Gejammers ist nun reichlich, der zu ziehenden Konsequenzen wenig. Schattenboxen eben, mehr nicht.
Ja die Berichte über all die kleinen und größeren Verschönerungen klingen wie aus einer Komödie. Man wartet nur darauf, dass die Fassade zusammenbricht und der Protagonist (die chin. Führung) bloßgestellt wird.
Diese Pointe bleibt uns aber vermutlich verwehrt. Und der Grund dafür ist, dass es schlicht und einfach niemand wagt, dem Gastgeber die Maske vom Kopf zu reißen und der versammelten - vor allem der eigenen - Zuschauerschaft bloßzustellen. Denn derjenige würde für alle Ewigkeit (oder solange bis das Regime irgendwann eine gnädige Vergebung zelebriert) zur Persona non grata in diesem Haus, und diese Konsequenz scheinen alle zu fürchten.
Bei der Vergabe der Spiele nach Peking haben ja viele auf positive Effekte für die Freiheit in China gehofft.
Ich habe schon immer befürchtet, dass Peking 2008 nicht viel anders läuft als Berlin 1936: man gibt einer Diktatur reichlich Raum, um sich selbst im besten Licht darzustellen.
dewo schrieb am 01.08.2008 08:28 Waeren den Journalisten der freie Internetzugang und all die anderen Fiesematenten, die sich amts-chinesische Betonkoepfe einfallen lassen, so essentiell wichtig zur Erledigung ihrer Arbeit, wuerden sie konsequenterweise jetzt alle ihre Siebensachen packen, nach Hause fahren und Olympia Olympia sein lassen. Es waere doch mal interessant zu erfahren, wie die Chinesen reagieren, wenn sie ihre grosse Olympia-Show abziehen und kein Aas berichtet darueber