Das ist doch völlig klar: Lehman Bros. wurde von deutschen Einwanderern gegründet. Da die Deutschen, wie wir dank Gerd wissen, irrelevant sind, sind es auch die Unternehmen ihrer Einwanderer. Deswegen lässt man Lehman Bros. jetzt hängen.
Mal im Ernst. Im TV wurde das mit einem Strategiewechsel der Notenbank begründet: Weg von Einzelfallhilfe hin zu Hilfe für das gesamte System. Demnach wurden Fennie Mae und Freddie Mac nur deshalb gerettet, weil etliche kleine Eigenheime daran hängen. Lehman Bros. ist (war) dagegen eine Investment-Bank, deren Tod eben keine kleinen Leute direkt trifft (außer den Mitarbeitern, klar).
DP schrieb am 15.09.2008 21:32
Das mit dem Liquiditätsfonds verstehe ich nicht. 70 Millliarden, das ist doch nix. Wem soll das denn helfen?
Den 10 Banken. Im Notfall können sie bis zu 2/3 der Gesamtsumme ziehen. Das ist für eine einzelne Bank schon eine ganze Menge.
Allerdings dient das Geld nur zur Versorgung mit Liquidität, soll also nicht Verluste ausgleichen. Die Summen müssen innerhalb von ein paar Tagen an den Fonds zurückgezahlt werden.
Zum Vergleich: Die EZB hat heute für alle Banken in der €-Zone 30 Mrd € bereitgestellt.
Tja, weiss man nicht, wer da noch auf der Kippe steht. Ein paar Namen wie AIG (Versicherung) oder Washington Mutual (grösste Sparkasse der USA) werden ja schon gehandelt.
Ich sehe das aber als Bereinigungsprozess. Das Platzen der Finanzblase auf der Immobilienblase.
Was mir da seit längerem als Frage auf der Zunge liegt (hatte gehofft, dass das mal von irgendeinem der vielen "Finanzanalysten" aufgegriffen wird); seit Monaten wird vor allem via FED und amerik. Staat Kohle in den Markt gepumpt. Da sind die Liquiditätsmilliarden, die Stützungen und die Aufkäufe. Und was hats gebracht? Die Kurse sausten trotzdem in den Keller, die kritischen Banken gingen trotzdem Pleite und statt dass der Markt für Immobilien einen Grund findet wird er künstlich am Leben erhalten. Wobei sich die Frage stellt wie lange noch und wann die ersten mittleren Immofinanzer hops gehen. Was dann? Werden die dann auch alle aufgekauft? Oder zurück zu meiner Frage; wäre es nicht besser (oder im Resultat zumindest gleich) gewesen diese ganzen Interventionen zu lassen? Was wäre denn so schlimmeres passiert wenn Bear Sterns oder die IKB drauf gegangen wäre? Und hätte es nicht u.U. Lehman gerettet?
Die Liquiditätshilfen der FED (und auch der EZB) sind fast ausschliesslich kurzfristig. D.h. sie haben i.d.R. eine Laufzeit von wenigen Tagen. Ein Teil davon ist Normalgeschäft, denn die Zentralbanken stellen auch in normalen Zeiten den Banken ständig Liquidität zur Verfügung. Allerdings sind die zusätzlichen Beträge seit ca. Ende letzten Jahres erheblich. Man darf allerdings nicht diese Beträge alle zusammenzählen, da der weitaus grösste Teil davon bereits zurückgezahlt wurde. Als Sicherheit für diese Hilfen müssen die Banken erstklassige Wertpapiere hinterlegen.
Diese Liquiditätshilfen dienen ausschliesslich dazu, die kurzfristigen Ausleihungen zwischen den Banken aufrecht zu erhalten, also einen Kollaps des Marktes wegen Zahlungsunfähigkeit zu verhindern. Ziel ist nicht, die Börsenkurse zu stabilisieren. Der Dow-Jones Stand ist nur das Symptom, nicht die Krankheit. Es geht auch nicht darum, die Verluste der Banken aus den Schrottimmobilienpapieren aufzufangen und Banken, die sich damit ruiniert haben zu retten.
Bei dem letzten Punkt hat allerdings die FED eine Ausnahme gemacht, indem sie den Banken gestattete auch weniger gute Wertpapiere als Sicherheit zu hinterlegen. Um welche Beträge es sich dabei handelt, weiss ich nicht. Bei Lehman Bros. dürfte sich die FED damit vermutlich einige Miese eingefangen haben.
Auch die Rettungsaktionen für Pleitekandidaten geschehen nicht um deren Überleben zu gewährleisten, sondern um die Auswirkungen einer abrupten Zahlungsunfähigkeit auf den Gesamtmarkt abzufedern und über die Zeit zu strecken. Was dann mit den Kandidaten geschieht ist von Fall zu Fall unterschiedlich.
Im Prinzip geht es bei all diesen Aktionen darum, Zeit einzukaufen um den Marktteilnehmern die Möglichkeit zu geben, sich auf die neue Situation einzustellen. Es ist ein Riesenunterschied, ob eine Bank ein oder zwei Jahre Zeit hat um einen Verlust von x Mrd. zu verdauen.
Die fällige Marktbereinigung und Neustrukturierung soll damit auf keinen Fall verhindert werden.
Im Prinzip geht es bei all diesen Aktionen darum, Zeit einzukaufen um den Marktteilnehmern die Möglichkeit zu geben, sich auf die neue Situation einzustellen. Es ist ein Riesenunterschied, ob eine Bank ein oder zwei Jahre Zeit hat um einen Verlust von x Mrd. zu verdauen.
Die fällige Marktbereinigung und Neustrukturierung soll damit auf keinen Fall verhindert werden.
FW
Hmm, wiederspricht sich das nicht? Wann ist denn eine Neustrukturierung, was ja wohl nichts anderes heisst als dass Finanzierer mit schlechtem Kapital hops gehen, richtig und wann ist deren Verhinderung durch Stützung gegeben? Wahrscheinlich gibt es da keine goldene Regel, nur Case by Case Entscheide. Auch die oben schon geäusserte Richtlinie, Investmentbanken zu treten und Immobilienfinanzierer zu behüten scheint mir, trotz allem politischen Verständnis, zweischneidig. Finanzierungen können ja anderweitig weitergeführt oder neu verhandelt werden. Und wenn ein Investmentgeschäft platzt durch den Ruin des Finanzierers kann das ja auch gravierend sein für das Business eines Arbeitgebers, so what, ich will da keine Reihenfolge machen Wohnung vor Job.
DP schrieb am 16.09.2008 11:34
Damit meinte ich die der Online Magazine, die aber anscheinend auch alle nur voneinander abschreiben.
Na ja, das ganze ist ja auch nicht einfach. Die Zahl der wirklich guten Wirtschaftsjournalisten ist sicher geringer als die der Schreiber, die z.Zt. gefordert sind, die Seiten mit Berichten zu einem Thema zu füllen, das plötzlich ganz oben steht. Auch Medien, deren Kernkompetenz woanders liegt, müssen sich des Themas annehmen und für das überwiegend weniger sachkundige Publikum ist es schwierig, den Spreu vom Weizen zu trennen. Das ist wie in allen anderen Themenbereichen auch.
Dazu kommt, dass die Quellenlage höchst unübersichtlich ist, weil auch unter den Experten (ich meine die wirklichen, nicht die Expertendarsteller) die Meinungen und Schlussfolgerungen teils konträr auseinandergehen. So meinte gestern ein Finanzwirtschaftsprofessor, es sei unverantwortlich, in dieser kritischen Marktsituation Lehman krachen zu lassen. Andere meinen genau das Gegenteil. Wer recht hat, weiss man nicht, das sieht man erst später. Für einen Journalisten ist das aber äusserst undankbar. Sie wollen ihren Lesern schliesslich klare Informationen und Standpunkte vermitteln.
Ich denke deshalb, dass es nicht fair ist, in einer Lage, deren Komplexität auch Experten überfordert, Journalistenschelte zu betreiben. Schliesslich muss jeden Tag was neues in die Zeitung und online alle paar Stunden.
F-W schrieb am 16.09.2008 11:33
Als Sicherheit für diese Hilfen müssen die Banken erstklassige Wertpapiere hinterlegen.
Soweit ich das verfolge gehört 'erstklassig' sowohl bei der FED, als auch der EZB der Vergangenheit an. Die letztere hat letzte Woche zwar eine konsequentere Umsetzung ihrer Richtlinien angekündigt, was aber nicht anderes als ein Hinweis auf eine nicht-konsequente Vergangenheit ist.
Zitat:
Im Prinzip geht es bei all diesen Aktionen darum, Zeit einzukaufen um den Marktteilnehmern die Möglichkeit zu geben, sich auf die neue Situation einzustellen. Es ist ein Riesenunterschied, ob eine Bank ein oder zwei Jahre Zeit hat um einen Verlust von x Mrd. zu verdauen.
FW
Ich habe den Eindruck, dass es sich bei den sogenannten Credit Default Swaps um eine ganz andere Größenordnung als 'Verluste' geht. Die platzenden Ausfallversicherungen einer Großbank (oder eines Großversicherers) ziehen die meisten Banken und Versicherungen in den Ruin, und die Unübersichtlichkeit dieser vernetzten Strukturen lässt sich auch in zwei Jahren nicht aufdröseln. Um fallende Institute wird nur noch ein 'Schutzring' gezogen, der den Rest der Welt vor einem Ausfall bewahren soll. Bei der AIG kann diesen 'Schutzring' nur noch die FED liefern, bzw. per Kredit erhalten. Nun ist die FED einer der größten Versicherer weltweit.
Zum Großteil scheint mir da auch Politikversagen vorzuliegen - oder von mir aus auch Systemversagen, wenn man real existierende Politiker als Ergebnis des real existierenden Wahlsystems betrachten will. ;-)
Da sind also in den letzten 30 Jahren ungedeckte Schecks in Höhe von (bis jetzt) wenigstens 300 Milliarden Dollar aufgebaut woreden - und niemand hat´s gemerkt? Das kann mir keiner erzählen. Es ist doch wohl offensichtlich, dass das keiner merken wollte. Man hat ja auch gut verdient daran. Das Finanz- und Immoblienwesen hatte eine Komplexität ereicht, die der "kleine Mann auf der Straße" nicht mehr durchblickte.
Wer hätte denn da noch die Notbremse ziehen können? Etwa die 4000 Mitarbeiter eines Konzerns, die etwa 25 Milliarden Gewinn mittels Luftbuchungen in einem Jahr erwirtschaften konnten und so bis runter zum letzten kleinen Angestellten in der Buchhaltung sich selbst in die ökonomische Elite Amerikas katapultierten? Will man wirklich erwarten, dass solche Leute vor die Presse treten und sagen: "Hei, Leute: das ist ein Schneeballsystem. Und wie jedes Schneeballsystem MUSS das in ein paar Jahren knallen."
Ich hätte da schon die Politik in der Pflicht gesehen. Nur: warum sollten sich Politiker damit die Finger verbrennen, wenn der "kleine Mann auf der Straße" solche böse Botschaften mit schlechten Wahlergebnissen belohnt hätte?
Natürlich ist das bitter, wenn ein paar tausend Leute mit (aus meiner Sicht unethischen) Luftbuchen zu Millionären werden. Und wenn es dann kracht, müssen die Steuerzahler - also die kleinen Leute- das System retten und die Millionäre zucken mit den Schultern, köpfen noch einen Schmapus und prosten in die Kamera: "War doch nur ein Spiel."
Die ganzen Immobilien- und Finanzgurus, die da jetzt entlassen worden sind - die machen jetzt erst mal schön Urlaub, zählen ihre Beute und warten darauf, dass der Staub sich legt. In ein paar Jahren geht es dann wieder los. Wenn der Wähler diesem System nicht mal grundsätzlich einen Riegel vorschiebt.
Aber damit ist eher nicht zu rechnen. MfG Frank
PS. Bevor dumme Sprüche kommen: das ist keine Anklage gegen Marktwirtschaft.
Frank2000 schrieb am 17.09.2008 09:33
In ein paar Jahren geht es dann wieder los. Wenn der Wähler diesem System nicht mal grundsätzlich einen Riegel vorschiebt.
Wenn er es den kann. Das Manager Magazin fragt: "Wann platzt die nächste Blase?" und stellt in dem Artikel Wissenschaftler und Finanzmarktprofis vor, die sich mit Blasenbildungen und deren Vermeidbarkeit bzw. Unvermeidlichkeit beschäftigen.
Die Blase platzt, wenn: "Spekulanten können ein problematisches Asset dann nicht mehr an Unwissende verkaufen"
Auf Deutsch: die Blase platzt, wenn die Haie keine uniwssenden Opfer mehr finden. Im Mittelalter hat man solche Leute (sofern es sich nicht um die Obrigkeit selbst handelte) auf dem Marktplatz an den schandpranger gestellt, wo Kinder sie mit Abfällen bewerfen durften.
Vielleicht nicht mal die schlechteste Methode, um all zu große Auswüchse im Marktsegment "Lug und Betrug auf Grund von Wissensvorsprung" einzudämmen.
MfG Frank
"wenn die Haie keine uniwssenden Opfer mehr finden."
Das Problem ist nur, wann man definiert, wer Hai und wer Opfer ist. Wenn die Blase nämlich noch ein paar Wochen nach dem Deal weitergeht, wird sich der Käufer als Hai fühlen und der Verkäufer als Opfer.
Das macht es ja auch so schwer.
Was mich schon mehr an der ganzen Sache stört, ist, dass jetzt diese Banken mit Steuermittel gestützt werden, während die ganzen Banker ihre mit ebendiesen Schrottinvestments erworbenen Tantiemen behalten dürfen. Viele der Beteiligten handeln ja nicht in eigenem Namen oder in irgendeiner Form auf eigenes Risiko. Sowas fördert die Blasenbildung doch ganz erheblich.
Frank2000 schrieb am 17.09.2008 09:33
Wenn der Wähler diesem System nicht mal grundsätzlich einen Riegel vorschiebt.
Aber damit ist eher nicht zu rechnen. MfG Frank
PS. Bevor dumme Sprüche kommen: das ist keine Anklage gegen Marktwirtschaft.
Was dann? Ich kann diese 2 Aussagen nur als flammendes Plädoyer für die Verstaatlichung der Finanzwirtschaft verstehen, und diesen Riegel könnte eigentlich nur eine regierende Linkspartei zuschieben.