Man kann nicht in die Welt gehen, seine überlegenen Werte wie Freiheit und Demokratie preisen und gleichzeitig Gefangene foltern.
Trotzdem sind das zwei verschiedene paar Schuhe. Es gibt keinen Krieg ohne Folter, nur mehr oder weniger öffentlichen Fokus darauf. Und ob die kriegerischen Auseinandersetzungen moralisch oder völkerrechtlich abgesegnet sind, wie auf dem Balkan, in Afghanistan oder im Kongo oder nicht, Folter wird es immer geben, auch Vergewaltigungen, Prostitution von Minderjährigen (gerade wieder verstärkt in Bosnien gesehen) und allerlei anderer Unrat. Das Ganze mag moralisch in derselben untersten Schublade stecken, nur ist das systemunabhängig und kommt in den besten wie den schlimmsten Familien vor.
Hingegen ist die Repression nach innen systemimmanent, ja geradezu Bedingung zum Überleben des Systems. Folter kommt hier nicht zu Krisenzeiten vor sondern ständig.
Trotzdem sind das zwei verschiedene paar Schuhe. Es gibt keinen Krieg ohne Folter, ...
Abgesehen von der Wahrheit, dass Krieg immer ein schmutziges Geschäft ist, überzeugt mich das nicht. Vor allem, wenn der Krieg gegen einen Despoten geführt wird, dem genau das - Foltern - vorgeworfen wurde.
Für die Leute im Land, die die Besatzer als Folterknechte erleben, ist es ein recht technischer akademischer und damit irrelevanter Unterschied, ob ihre Landsleute vom eigenen Diktator oder den neuen Besatzern gefoltert werden.
Außerdem reden wir hier nicht von einzelnen Übergriffen emotionalisierter Truppenteile (das, was im Kriege eben nie vermeidbar ist), sondern von Dingen, die leider den Status des methodischen Vorgehens hatten.
Der Effekt von Abu Ghraib dürfte ungefähr so sein, wie wenn ein Kandidat sagt: "Wählt lieber mich, ich beleidige keine Leute, so wie der Wixer da es tut."
Man kann auch noch den Fall Wolfgang Daschner hinzunehmen, der den Entführer von Jakob Metzler folterte, um dessen Aufenthaltsort zu erfahren und in eine Reihe mit Hitler und Saddam stellen, aber dann wird daraus genausowenig ein "System Merkel/Steinmeier" wie durch Abu Ghraib die Werte der westlichen Welt plötzlich obsolet und schon gar nicht gleichzusetzen mit der systematischen Repression im kommunistischen Einflussgebiet sind.
Dass das ein gefolterter Iraker nicht auseinanderhalten kann kann ich verstehen, aber ich kann es auseinanderhalten.
"durch Abu Ghraib die Werte der westlichen Welt plötzlich obsolet"
So ?
Also ich finde, da hat die westliche Welt, schon sehr deutlich gemacht, was ihr die eigenen Werte wirklich wert sind. Es ist ja nicht nur Abu Ghraib, sondern auch das Ganze drumherum, die entsprechenden Befehle der US Führung, Guantanamo usw usf. Das war systematisches Vorgehen der US Regierung und keine Einzeltaten unterer Chargen.
Und man kann das auch nicht wirklich auf eine ausgerastete US Führung im Ausnahmezustand schieben, nach etwa 7 Jahren in denen niemand dagegen ernsthaft protestiert hat, zieht diese Entschuldigung nicht mehr.
Und das es in kommunistischen Ländern schlimmer war ist irrelevant.
Man kann auch noch den Fall Wolfgang Daschner hinzunehmen, der den Entführer von Jakob Metzler folterte...
Hat er nichtmal, sondern dies nur angedroht. Trotzdem ein guter Vergleich. Obwohl Daschners Motive ehrenwert waren, musste er sich dafür vor Gericht verantworten. Im Rechtsstaat wird Folter angeklagt und verurteilt. Die Exzesse von Abu Ghraib kamen auch vor Gericht. Ob hier immer die richtigen auf der Anklagebank saßen, ist die zweite Frage.
Spock:
Trotz der Verfahren bei Abu Ghraib bleibt noch immer ein Nachgeschmack wegen der angeblichen, möglichen oder tatsächlichen entsprechenden Anweisungen der US-Führung.
Allerdings, dass "harte Verhörmethoden", die objektiv betrachtet nichts anderes als Folter (nur ohne bleibende körperliche Schäden) sind, von oben angeordnet wurden, ist sogar unbestritten.
Der langjährige Sündenfall der westlichen Wertegemeinschaft heißt daher Guantanamo - und wird jetzt zum Glück aufgelöst.
Spock schrieb am 16.12.2008 11:31
Obwohl Daschners Motive ehrenwert waren, musste er sich dafür vor Gericht verantworten. Im Rechtsstaat wird Folter angeklagt und verurteilt. Die Exzesse von Abu Ghraib kamen auch vor Gericht.
Das eben ist der Unterschied zwischen Rechtsstaat und einer folternden Exekutive.
"Der langjährige Sündenfall der westlichen Wertegemeinschaft heißt daher Guantanamo - und wird jetzt zum Glück aufgelöst."
Ich bin KEIN, ich wiederhole KEIN Befürworter von Guantanamo, aber wir haben vor kurzem eine Diskussion hier in der BRD gehabt, die genau dieses Thema hatte: Was machen wir, wenn wir Piraten vor Somalia festnehmen - wer stellt sie wo vor welches Gericht und welches Recht wird angewandt.
Bekanntlich standen die Amerikaner vor einer solchen Frage - sie sind von diesen Leuten angegriffen worden, denen aber jeder Status fehlte, um sie als feindliche Armmeangehörige einzustufen - und den Schutz, den ein ziviles Verfahren für sie bringt (u.a. Offenlegen der Quellen der Beweise - von mir aus auch Nicht-Beweise) wollten die Amerikaner eben aus diesem Grund nicht gewähren.
Es gibt wohl kein Patentrezept - auch für unsere Marine nicht.
WRL:
Das rechtfertigt aber nicht die Ausnutzung dieser Situation, um den Leuten fast sämtliche Rechte zu entziehen. Man hätte ihnen einen Sonderstatus geben können, dass sie von einem Militärtribunal angeklagt werden und in einem internen Verfahren so verhandelt werden, dass es die US-Sicherheitsinteressen nicht gefährdet.
Menschen ohne Anklage festzuhalten, ihre Identitäten zu verstecken, sie zu foltern. Das ist alles unnötig und daher in meinen Augen ein klarer Verstoß gegen die Prinzipien des Rechtsstaats.
Wenn die US-Regierung machen kann was sie will, kann sie diese Leute auch wie Kriegsgefangene behandeln - wurden sie aber nich, sondern schlechter...deutlich schlechter.
Entsprechend sehen die Gerichtsurteile gegen Guantanamo aus.
ich widerspreche Dir ja auch garnicht, nur ist der Weg, den Du vorschlägst, kaum gangbar. Entweder haben die den Status von Kriegsgefangenen oder eben nicht. Wenn ich richtig informiert bin, dann gibt es im US Recht keine halben Zustände - sie hätten also erstmal neue Gesetze schaffen müssen und diese rückwirkend in Kraft setzen müssen (in D wären sie da am BVG gescheitert, das US-Recht kenne ich nicht so genau, aber wie die bisherigen Urteile der US Gerichte bestätigen ist ja einer der Hauptpunkte, dass der rechtliche Status dieser Menschen nicht definiert ist).
Dasselbe ist mit den Piraten, die möglicherweise von deutschen Schiffen aufgegriffen werden. Die werden mit Sicherheit nicht in D vor Gericht gestellt werden, sondern so schnell wie möglich an irgend jemand ausgeliefert werden, der verspricht, sie schnell und streng abzuurteilen. Wie diese Urteile ausgehen werden - wird wohl eine freundliche Ermahnung sein, dem Richter bzw seinem Vorgesetzten oder gleich den Staatspräsidenten prozentual an den bisher erzielten Ergebnissen zu beteiligen und sich im übrigen nicht mehr erwischen zu lassen. Dann gibts einen neuen Pass mit anderem Namen für den Fall, dass sie doch nochmal erwischt werden...
"Das rechtfertigt aber nicht die Ausnutzung dieser Situation, um den Leuten fast sämtliche Rechte zu entziehen."
Auch hier will ich Dir nicht widersprechen.
Nur - diese Leute haben sich selbst in ihre juristisch mißliche Lage gebracht.
Ein uraltes Beispiel: In früheren Kriegen waren Soldaten selbstverständlich durch die Haager Landkriegsordnung und deren Erweiterungen geschützt. Das hat oft, aber sicher nicht immer geklappt. Freischärler wie z.B. die Resistance im 2. WK waren durch nichts geschützt, sie wurden kurzerhand verurteilt und erschossen - so sie überhaupt verurteilt wurden und nicht gleich erschossen.
Die Leute von Al Qaide als Kriegsteilnehmer zu betrachten geht nicht - welchen Staat vertreten sie denn?
Zur Wiederholung: Ich finde nicht, dass sich die Amerikaner da irgendwie mit Ruhm bekleckert haben, überhaupt nicht - aber es ist halt juristisch ein sehr unwegsames Gelände.
"aber es ist halt juristisch ein sehr unwegsames Gelände. "
Kann ich so nicht nachvollziehen.
Die haben in den USA gegen US Recht verstossen. Es sollte auch kein Problem sein, auch die Anstiftung dazu aus dem Ausland zu bestrafen, das geht ja bei Pädophilen meines Wissens auch.
Das Problem besteht doch lediglich darin, dass man den Leuten ihre Verbrechen auch nachweisen muss. Da scheint die Bush Administration allerding bei vielen Guantanamo Häftlingen ernsthafte Problem zu haben, was aber nicht eine Frage des Rechts ist. Man hat eben einfach mal eine Menge Leute festgenommen, wusste nicht wozu und hatte anscheinend generell keinen Plan.
Das ist aber ein generelles Problem, welches mit 9/11 nicht das Geringste zu tun hat. Auch ein verdächtiger Mörder, der mangels Beweisen wieder rauskommt, ist gefährlich, wahrscheinlich sogar gefährlicher als der Bremer Taliban.
Das Gleiche gilt bei den Piraten. Piraterie ist nach dem Völkerrecht verboten, ebenso Kidnapping oder das Entführen von Schiffen. Davon abgesehen haben wir den internatioalen Gerichsthof, der genau solche Fälle aburteilen kann.