Nochmal zum Klarstellen; Gäfgen bekam kein Schmerzensgeld, wie sogar von der FAZ kolportiert wurde sondern lediglich eine Entschädigung von dem Mindesbetrag von EUR 3,000.- Die stehen ihm zu wegen der Androhung von Gewalt. Das ist kein Triumph des Klägers (eher im Gegenteil) sondern des Rechtsstaates. Der Urteilsbegründung von Richter Christoph Hefter ist eigentlich nichts mehr hinzuzufügen: "Bei dieser Beurteilung ist es gänzlich unerheblich und darf schlechthin nicht berücksichtigt werden, dass der Kläger zuvor eine Straftat begangen hat. Das Recht auf Achtung seiner Würde kann auch dem Straftäter nicht abgesprochen werden, mag er sich auch in noch so schwerer und unerträglicher Weise gegen die Werteordnung der Verfassung vergangen haben."
Heribert Prantl stellt das Urteil infrage: "Das Frankfurter Landgericht habe dem Täter mit seinem Urteil eine Genugtuung verschafft, die er nicht verdiene", so der ehemalige Staatsanwalt.
Claus Christian Malzahn findet in der Welt das Urteil "nicht nachvollziehbar. Gäfgen gibt das traumatisierte Opfer, er ist und bleibt aber ein Täter. Wenn er nachts schlecht schläft, dann sollte das deshalb sein, weil er einen wehrlosen elfjährigen Jungen erstickt hat - und nicht, weil ein erfahrener Polizist aus Verzweiflung verbal eine rechtliche Grenze überschritt."
Erika Steinbach Steinbach fürchtet, das Urteil stelle das Vertrauen der Menschen in den Rechtsstaat infrage. Es lasse sich nicht ausblenden, dass es hier um einen Kindesmörder gehe. "Unsere Gesetze sind so, wie sie sind. Doch die Freude an unserer Demokratie wird sich so nicht vertiefen lassen." Steinbach stellte einen Zusammenhang mit den "vielen zwiespältigen Urteilen" her, die deutsche Richter in den vergangenen Jahren gesprochen hätten. Wegen der teils "sehr überschaubaren Strafen, die Verbrecher bekommen haben, die auf der Straße Menschen zu Tode geprügelt haben" ergebe sich nun in der Gesamtschau eine gefährliche Gemengelage für das Gerechtigkeitsempfinden in der Gesellschaft.
Der hessische Innenminister Boris Rhein sagte, das Urteil sei für ihn nur schwer nachvollziehbar. Die Landesregierung wolle es prüfen und entscheiden, ob sie die nächste Instanz anruft.
Helmut Rüster von der Opferhilfe-Organisation Weißer Ring meint "Das ist ein Urteil, das die Bürger nicht verstehen können, auch nicht verstehen werden. Jemand, der sich auf Todesangst beruft wegen einer Androhung, der muss sich mal überlegen, was das Kind erlitten hat, das er letztlich dann dem Tode zugeführt hat", so Rüster. Das Urteil rühre "sehr stark an dem Rechtsempfinden der Menschen".
Wolfgang Bosbach sagte der "Bild"-Zeitung, das Urteil sei ein Schlag ins Gesicht der Eltern und Angehörigen des Opfers. "Dass hier ein Mörder eine Entschädigung bekommt, ist für mich völlig unverständlich", so Bosbach. Er bedauere die Entscheidung der Richter sehr.
Nach Meinung einiger Journalisten, Promis, Politiker sollte man also das gültige Recht nicht anwenden für Fälle, die sagen wir emotional stark berühren? Wenn man das zuende denkt führt so eine Justiz zu reiner Willkür.
Wir hatten hier seinerzeit das Verfahren und Urteil gegen Daschner (der die Folter androhen liess) kontrovers diskutiert.
Das Urteil stellte seine Schuld fest, die Bewährungsstrafe war symbolisch. Dem Rechtsstaat war trotzdem Genüge getan.
In der Konsequenz ist das jetztige Urteil folgerichtig, auch die Würde eines Menschen, der selbst die Würde eines anderen in eklatanter Weise missachtet hat, bleibt unantastbar. Und das ganz besonders von seiten des Staates.
Aber wie von einigen Kommentatoren angemerkt, hätte es nicht eines substantiellen Betrages bedurft um auch hier der Rechtsstaatlichkeit Genüge zu tun. Auch mit einer symbolischen Entschädigung von 1 € hätte das Gericht eindeutig festgestellt, dass dem Kläger Unrecht geschehen ist.
Nun ja, von der Kohle hat Gäfgen nichts. Er muss damit seine Schulden bei der Justizkasse begleichen.
Natürlich ist das Urteil, ebenso wie das seinerseits gegen Herrn Däschner, schwer erträglich. Nur - Zeiten in denen das "gesunde Volksempfinden" für Verurteilungen ausreichte hatten wir mal, und ich möchte sie NIE WIEDER zurück haben.
Recht hat immer etwas starres, schematisches, muss es auch haben. Dafür gibt es aber Richter, die es in einem weiten Rahmen anwenden können. Ich war 4 Jahre lang Schöffe; es gab Tage, da bin ich hochgestimmt nach Hause gefahren weil ich meinte, "weise" Urteile (mit-)gefällt zu haben und es gab Tage, da war ich schlecht drauf weil der Rechtsrahmen schlicht nicht "passte". Aber so ist das Leben.
Schönen Tag WRL
"Glückliche Sklaven sind die größten Feinde der Freiheit!" Marie von Ebner-Eschenbach “Politiker sind wie Windeln. Man muss sie oft wechseln und das aus denselben Gründen.” (Mark Twain)
Aber wie von einigen Kommentatoren angemerkt, hätte es nicht eines substantiellen Betrages bedurft um auch hier der Rechtsstaatlichkeit Genüge zu tun. Auch mit einer symbolischen Entschädigung von 1 € hätte das Gericht eindeutig festgestellt, dass dem Kläger Unrecht geschehen ist.
Das wäre wiederum ein Hohn der ganzen Aktion gegenüber und würde das Verfahren genauso ad absurdum führen. Wenn das Gericht hier eine Rechtsverletzung feststellt dann sollte es auch die dafür vorgesehene Entschädigung gutsprechen. Der Richter hat klipp und klar gesagt, dass für diese Entschädigung die verwerflichen Handlungen des Klägers keine Rolle spielen dürfen. Wer hier 1 Euro Entschädigung fordert muss sich vor Augen führen, dass dann anderswo ein unbescholtener Bürger, der zu Unrecht verhört und dem Schläge und Missbrauch angedroht werden, auch nur 1 Euro erhält, weil der Richter findet, damit wäre dem Rechtsstaat Genüge getan.