Robert Harting war wieder mal böse. Er hat was gegen die Vereinigten Dopingopfer gesagt. Damit hat er natürlich verschissen in allen Medien. Ein guter deutscher Sportler ist umweltbewusst, achtet die Leistung des Gegners und wenn er 90% seiner Leistung bringt ist das schon irgendwie gut. Wenn er dann sogar in den Endkampf kommt und dort 8. wird und dabei den Weltfrieden preist und die gelungene Organisation des Ok und die supi Unterstützung des DLV Präsidiums steht der Wahl zum As des Monats nichts mehr im Wege. Harting hingegen hätte, wie gleich mehrere Journale schreiben, eigentlich gar nicht zugelassen werden dürfen zum Finale. Er hat nicht nur die Dopingopfer verhöhnt sondern sogar die DLV Apparatschiks der Untätigkeit bezichtigt.
Typisch: Die Journaille verlangt nach Typen, nach richtigen Mackern und eckigen Kerlen oder markanten Frauen, die auch mal scheisse brüllen und dann ihre Bestleistung hinrotzen. Sie bekommen aber nur die stromlinienförmigen Durchschnittstypen, die sie fördern nach allen Kräften. Dabei sollte man doch froh sein, dass man endlich mal was zum schreiben hat.
Für mich war jedenfalls gestern der 6. Versuch von Robert Harting der Höhepunkt des Sportjahres 2009.
______ Stern: "Harting hätte aufgrund seiner Äußerung eigentlich aus der deutschen Leichtathletik-Mannschaft ausgeschlossen werden müssen, weil er den Grundgedanken des Sports, das Fairplay, verletzt hat. Aber die Angst der DLV-Funktionäre vor einem freiwilligen Verlust einer sicheren Medaille war wohl zu groß."
SZ: "Das war ein Affront gegen den Frieden im Sport gewesen. So machtlos ist der Sport, wenn einer seiner Besten einen gefährlich falschen Ton anschlägt - zumindest unter dem Druck einer Heim-WM. Eine Suspendierung des Unbezähmbaren vor dem Finale wäre nämlich durchaus eine Option gewesen (...)"
Welt: "Problemathlet Harting holt zweites deutsches Gold. Ausgerechnet der Berliner, der so oft polarisiert und provoziert. Ausgerechnet nachdem der 24-Jährige mit einer Verbal-Attacke gegen Dopingopfer wieder einmal für großen Ärger gesorgt hatte."
Ich habe Harting gerade im Sportstudio gesehen.... mein Gott, was hat der Poschmann den da gequält mit dieser Sache.
Während Steffi Nerius über ihre Emotionen und das Wesen eines solchen Wettkampfs reden durfte, wurde bei Harting 80% der Zeit wegen der Vorwürfe und der Kritik rumgebohrt. Glücklicherweise hat Harting die Balance zwischen Ausrasten und Einknicken gefunden, denn man konnte ihm das ansehen, dass der Besuch im ZDF wohl doch eher unanagenehm war.
Während Nerius frech ein paar Sprüche drücke durfte "Das ZDF hätte zur Heim-WM ja auch mal nach Berlin kommen können" bekam Harting für seine medienkritischen Äußerungen direkt nen mehr oder weniger fiesen Konter gedrückt.
Dadurch wurde das Ganze auch für mich als Zuschauer eher unangenehm. "Lass den doch einfach mal in Ruhe, Poschmann!"
An der sportlichen Leistung Hartings gibt es nichts zu deuteln.
Dass sein Sieg von seinem dummen Geschwätz überschattet wird, hat er sich selbst zuzuschreiben. So blöd kann man eigentlich gar nicht sein, sich ausgerechnet als Leistungssportler so dämlich zum Thema Doping zu äussern. Dass die Medien so etwas bis zum Erbrechen ausschlachten, kann man auch als Sportler vorher wissen. Schliesslich sind gerade die ÖRTV wegen ihrer jahrelangen Doping-Ignoranz bei der TDF zu Recht gerüffelt worden. Sie haben also noch einiges aufzuholen.
FW, Was genau holen sie denn auf? Es gibt einige wenige Print Journalisten, die sich hier mehr oder weniger in ihrer Freizeit engagieren. In den Öffis kommt zum Thema praktisch nichts erhellendes. Der ARD Beitrag (Geheimakte Doping) neulich wurde um 0 Uhr ohne Publikum gesendet, das wars dann auch schon. Einzig die Europsportler (naja sind ja auch Öffis) haben schon fast frech die vielen Zahnspangen der Jamaikaner, fehlenden Kontrollen in Osteuropa und Afrika oder körperlichen Veränderungen plötzlich aus der Versenkung kommender Athleten kommentiert.
Ein Sportler ist nun mal kein Politiker. Sportler können wie jeder andere mal schlecht gelaunt sein. Wegen so einer Unbedachtheit gleich eine Antikampagne durchzuziehen gegen einen Weltmeister gibts wohl in keinem Land ausser in D. Völlig blöd das ganze. Aber selbst schuld.
Zitat von F-WDass sein Sieg von seinem dummen Geschwätz überschattet wird, hat er sich selbst zuzuschreiben.
Kann man eigentlich irgendwo das Originalinterview in voller Länge nachlesen? Ich hab' es nicht gefunden, und auf Sekundärquellen gebe ich schon lange nix mehr.
Was immer wieder kolportiert wird: "Wenn der Diskus auf dem Rasen aufspringt, soll er gleich gegen eine der Brillen springen, die die Dopingopfer hier verteilt haben. Aber ich bin kein Mörder, ich will nur, dass sie wirklich nichts mehr sehen."
Kurz vor diesem Interview hat Doping Opfer Uwe Trömer den Rausschmiss von Harting gefordert, weil der "die Freigabe von Dopingmitteln deklariert", was so natürlich Unsinn ist.
Harting hat den Vorfall in der Sportschau erklärt. Der Typ, der das organisiert hat, hat ihn und seinen Trainer wohl schon seit geraumer Zeit im Visier, fährt immer wieder gezielt Kampagnen gegen ihn, etwa bei den olympischen spielen. Auf deutsch könnte man sagen, dass Harting einfach tierisch angenervt von Uwe Trömer (wimre) war.
Zudem muss man auch beachten, dass in einem solchen Wettkampf eine Menge Adrenalin im Spiel ist (Das Interview war direkt nach dem Halbfinale). Da reagiert ein Sportler schonmal impulsiver als er es in ruhiger Umgebung tut.
"Er ist selber Schuld" trifft es also nicht wirklich. Schon garnicht, dass er am Samstag im Sportstudio Moderatorenkritik bekommen hat, als hätte es die Entschuldigung nie gegeben. Das Video dazu hier: http://www.zdf.de/ZDFmediathek/content/824754?inPopup=true