Ein Konsortium von 20 deutschen Konzernen will eine Solaranlage für rund 400 Milliarden Euro in der afrikanischen Wüste aufstellen. Sie soll in zehn Jahren den ersten Strom liefern und in der Lage sein 15 Prozent des europäischen Strombedarfs zu decken. Dieser Zusammenschluss führender Wissenschaftler, Politiker und Manager verfolgt die Idee afrikanischen Solarstroms schon seit Jahren. Bislang aber ließ sich kein Großprojekt in Afrika realisieren. Mittelfristig sollen auch europäische und nordafrikanische Partner für das ehrgeizige Projekt gewonnen werden.
Mit dem Milliardenprojekt wollen die Unterzeichner das ungeheure Energiepotenzial in den Wüsten südlich des Mittelmeeres erschließen. Denkbar seien Solarkraftwerke an mehreren Standorten in Nordafrika, erklärte Jeworrek. Wichtigstes Kriterium: Die Anlagen müssen in politisch stabilen Ländern stehen. „Technisch ist das Projekt realisierbar“, sagte Jeworrek. In der kalifornischen Mojave-Wüste und in Spanien gebe es bereits erste Anlagen. Die Kraftwerke bündeln über Spiegel Sonnenlicht, erhitzen Spezialöl und wandeln dessen Wärme in Wasserdampf für den Antrieb von Turbinen um. Damit unterscheiden sie sich von Photovoltaik-Anlagen, die Strom direkt produzieren.
Das energiepolitische Ziel des Konsortiums ist hoch gesteckt. Bei den geplanten Investitionsvolumen ließen sich etwa 15 Prozent der europäischen Stromversorgung decken, glaubt Jeworrek. Das Projekt soll sich seinen Angaben zufolge langfristig selbst tragen. „Es braucht natürlich am Anfang eine gewisse Investitionssicherheit, zum Beispiel eine Abnahmegarantie zu einem bestimmten Preis“, sagte Jeworrek. Der Strom dürfe aber nicht dauerhaft subventioniert werden. Wettbewerbsfähig soll die Anlage demnach in zehn bis 15 Jahren sein.
Die Idee, Europa mit Strom aus Afrika zu versorgen besteht schon seit Jahren. Es ist aus wissenschaftlicher Sicht der nächste logische Schritt zu einer emissionsärmeren Energieversorgung - neben der Fusionskraft. Grundlage ist stehts die Solartechnik, die sich in der Region einfach anbietet. Der Transport erfolgt dann entweder über Silane (theoretisch), Wasserstofftanker, oder Untersee-Kabel.
Technisch umsetzbar ist das durchaus, die Frage nach der Wirtschaftlichkeit beantwortet sich mit dem technischen Stand immer anders. Daher kommt wohl auch der Zeitrahmen von 15 Jahren.
Der Knackpunkt wird sein: Wer leistet die Anschubfinanzierung?
Zitat von LexxWer leistet die Anschubfinanzierung?
Steht ja da, ein Konsortium aus 20 deutschen Firmen. Verstehe nicht, warum das dann nicht "Operation Wüstenfuchs" oder so heisst.
Was ich wiedermal super finde sind die Abnahmegarantien. Die werden dann wohl auch wieder die Deutschen erbringen dürfen. Dann gibt es bösen (aber billigen) Atomstrom und teurern (aber guten) Wüstenstrom. Nix gegen visionäre Ideen, aber ich finde wenn sich das schon nicht auf dem Reissbrett trägt dann ist das Schrott. Und am besten finde ich ja: Wichtigstes Kriterium: Die Anlagen müssen in politisch stabilen Ländern stehen. Hmm, da schlage ich den hier vor; seit 50 Jahren politisch sehr stabil:
Na die Atomkraft hatte und hat sicher auch immense Anschubfinanzierung und Subventionen, denken wir nur an die ganze Forschung und Atommüllproblematik. Das nehmen wir ja auch so hin. Da finde ich es unfair, wenn sich so ein neues Projekt quasi von der ersten erzeugten Kilowattstunde rechnen soll. Natürlich wird das Unternehmenskonsortium zur Politik gehen und fleißig die Hand aufhalten für diese bessere Form der Energieerzeugung. Da müssen eben klare Vorgaben gemacht werden, bis wann sich die Sache zu rechnen hat.
Die politischen Dimensionen können auch positive Aspekte haben: Mit dem Investment wären die beteiligten europäischen Nationen und Unternehmen an stabilen Verhältnissen in den Standortländern aktiv interessiert, was ja kein Nachteil sein muss. Außerdem ist eine solche Technologie geradezu prädestiniert für südliche Atom-Schwellenländer, um ihre Energieversorgung unabhängig von fossilen Brennstoffen oder eben der Atomkraft hinzubekommen. Abhängigkeit und Erpressbarkeit durch die klassischen Lieferanten würde sinken und ebenso das Interesse am Atomeinstieg.
Zitat von SpockAbhängigkeit und Erpressbarkeit durch die klassischen Lieferanten würde sinken und ebenso das Interesse am Atomeinstieg.
Dafür würden Abhängikeit und Erpressbarkeit von den neuen Lieferanten in gleichem Maße steigen. Mal ganz abgesehen von der Forderung nach "politisch stabilen Ländern"; was haben wir denn da: In der nördlichen Reihe sind das Ägypten bis Marokko, weiter südlich reihen sich Sudan bis Mauretanien. Was da für Begehrlichkeiten geweckt werden, wenn man denen den Lichtschalter für halb Europa in die Hand drückt, kann sich jeder selber ausdenken (wenn er nicht gerade Politiker ist und als solcher von Berufs wegen über keine Phantasie verfügt).
Nun, wenn der Wasserstoff-Tanker eine der Energietransportoptionen ist, dann wäre es bezüglich der politischen Erpressbarkeit einfacher, einen uralten Plan zu verfolgen - große schwimmende Solaranlagen zu bauen und sie auf der Höhe von Nordafrika im Atlantik zu verankern. Da wäre auch der Energieträger Wasser schon da, keine Potentaten hätten die Hand am Schalter usw. (Ich weiß, ein paar Umweltprobleme sind auch da noch zu lösen....)
Wie sieht es denn mit den bestehenden Pilotprojekten in Spanien etc eigentlich aus?
Schönen Abend WRL
"Glückliche Sklaven sind die größten Feinde der Freiheit!" Marie von Ebner-Eschenbach “Politiker sind wie Windeln. Man muss sie oft wechseln und das aus denselben Gründen.” (Mark Twain)
Also eine Erpressbarkeit bei um die 15% des bezogenen Energiebedarfs sehe ich nicht. Wir beziehen andere Energieträger in größeren Anteilen und müssen auch mit diesem Risiko leben.
Na diesen Plan der schwimmenden Anlagen sehe ich nun wieder skeptisch, aus verschiendenen Gründen. Bewachen müsste man die wohl z.B. auch, gegen Piraten.
"Na diesen Plan der schwimmenden Anlagen sehe ich nun wieder skeptisch, aus verschiendenen Gründen. Bewachen müsste man die wohl z.B. auch, gegen Piraten."
Natürlich hat jede Form von Energiegewinnung seine Licht- und Schattenseiten, man muss m.E. ja auch die komplette Kette von der erzeugung bis zum Verbraucher sehen.
Unlängst habe ich eine Diskussion im BR gesehen mit einem Klimaforscher, einer Metereologin und einem (ich denke mal) Journalisten. Zusammen mit dem Moderator haben sie so getan als ob die Menschheit nur richtig wollen muss und dann wäre das Klima schon fast gerettet. Dabei hat die Metereologin den Ausspruch getan, dass 7 Minuten Sonnenschein (ich vermute mal, global gesehen) die Energie enthält die die Menschheit täglich insgesamt ver(sch*)wendet (*das "sch" stammt von mir).
Das brachte mich dann auf die Idee, dass alles Energiesparen im Vergleich zu der täglich auf uns herabstrahlenden Sonne also völliger Unsinn ist.
Nun bin ich weder gegen Energiesparen noch gegen Erhaltung der Umwelt. Nur muss man dann auch von vernünftigen Zahlen ausgehen und sehen, was der Mensch tatsächlich beeinflussen kann. Und wenn ich mir vorstelle, dass der Ort des BR-Studios vor gut 10.000 Jahren noch meterdick unter Eis war dann verschlägts mir doch irgendwie die Sprache...
Etwas off-topic: Wir haben uns doch vor einigen Jahren im Boardy über einen Vorfall im IPCC unterhalten, als eine Vizepräsidentin ihren Rücktritt eingereicht hat weil der Präsident ihre wissenschaftliche Arbeit sozusagen zu seinen Gunsten verfälscht hat. Kann mir da jemand evtl. ein paar Stichpunkze geben, denn ich möchte die Sache nochmal nachforschen (die 3 o.a. Diskutanten haben nämlich den IPCC als absolut unantastbar und integer hingestellt, das hat mich geärgert, denn schließlich wusste es das Boardy viel besser).
Schönen Abend WRL
"Glückliche Sklaven sind die größten Feinde der Freiheit!" Marie von Ebner-Eschenbach “Politiker sind wie Windeln. Man muss sie oft wechseln und das aus denselben Gründen.” (Mark Twain)
In der Tat ist die Idee zu einem solchen Projekt ja nun nicht besonders originell. Auch technisch ist seit Jahren alles vorhanden: solarthermische Kraftwerke und Aufwindkraftwerke zur Produktion, HGÜ zum verlustarmen Stromtransport nach Europa.
Einziges Problem: auch heute kommt man weder mit Solarthermie noch mit Aufwindkraftwerken unter 10 ct/kWh Stromgestehungskosten. HGÜ-Transport von Afrika nach Europa wird nicht unter 5 ct/kWh ohne Betriebskosten zu haben sein. Transportverlust wird vermutlich auch noch so um die 10% liegen. Und man sollte sich besser Gedanken zur Bewachung der Transportknotenpunkte machen, auch in politisch stabilen Ländern ist die Installation eines "single point of failure" geradezu eine Einladung an Terroristen aller Couleur. Was mit dem europäischen Netz passieren würde, wenn von einer Sekunde auf die andere 15% der Stromproduktion wegbrechen, darf sich jeder selbst ausmalen.
Die Preise sind gegenüber Photovoltaik natürlich ein Sonderangebot, aber sowohl die angeblich so teure Kernenergie als auch Wirkungsgradverbesserungen in vorhandenen Kraftwerken sind natürlich deutlich preiswerter zu haben. Neue Kernkraftwerke liegen inklusive Entsorgung bei allerhöchstens 4 ct/kWh. Und sind nebenbei grundlastfähig, das schafft man mit Solarkraftwerken nur schwerlich (wobei es mit Solarthermie deutlich einfacher zu machen ist als mit Photovoltaik).
Die Idee "Wasserstofftanker" ist mindestens solange Quatsch, wie unsere Transportinfrastruktur nicht auf Wasserstoff basiert - denn Wasserstoff als Transportmedium für Strom leidet unter erheblichen Kosten und Verlusten.
Noch ein paar Zahlen: der gesamte Stromverbrauch in Europa liegt bei etwa 2,5 PWh im Jahr. Die angestrebten 15% sind also 375 TWh. Ein großer KKW-Block neuester Bauart (EPR, ABWR etc.) erzeugt im Jahr etwa 13 TWh. Der Preis liegt schätzungsweise bei etwa 4 Mrd. EUR. Statt den angepeilten 400 Mrd. EUR würde das also "nur" 116 Mrd. EUR kosten, bei deutlich vereinfachter Netzintegration. In Anbetracht meiner obigen Rechnung erscheinen mir die 400 Mrd. EUR jedoch eher schöngerechnet zu sein - oder man hat ein anderes "Europa" gewählt als Maßstab für die 15% (nur Westeuropa, nur EU...).
Zusammenfassend: wer soll das bezahlen...aber gegenüber der heimischen Photovoltaik-Förderung trotzdem ein Schnäppchen. Trotzdem scheint mir da sogar Offshore-Windkraft eine gute Idee zu sein.
In Antwort auf:Und man sollte sich besser Gedanken zur Bewachung der Transportknotenpunkte machen, auch in politisch stabilen Ländern ist die Installation eines "single point of failure" geradezu eine Einladung an Terroristen aller Couleur. Was mit dem europäischen Netz passieren würde, wenn von einer Sekunde auf die andere 15% der Stromproduktion wegbrechen, darf sich jeder selbst ausmalen.
Aber Steffen, du glaubst doch nicht, dass diese ganzen 15% über ein- und denselben Transportknotenpunkt gehen würden, allein schon aus technischen Gründen?
Warum nicht einen Schritt weiterdenken? Wir installieren einen großen Teil der Energie verbrauchenden großindustriellen Anlagen gleich mit in der Sahara, und nutzen neueste Technologien, um mit einem Minimum an Personal auszukommen. Und vielleicht freuen sich auch ein paar Afrikaner über einen Job vor Ort und sind motiviert, diese auch zu schützen.
"Warum nicht einen Schritt weiterdenken? Wir installieren einen großen Teil der Energie verbrauchenden großindustriellen Anlagen gleich mit in der Sahara, und nutzen neueste Technologien, um mit einem Minimum an Personal auszukommen."
Du bist aber BÖSE. Hast Du schon mal den Effekt auf die Arbeitsplätze in Deutschland gedacht ?
Im Kern ist das natürlich richtig. Allerdings würde man das dann nicht in der Sahara machen, sondern z. B. in Island, wo man Strom aus Erdwärme gewinnen kann oder in Skandinavien, wo Wasserkraft in praktisch beliebiger Menge zur Verfügung steht. Interessanterweise plaziert Google ja seine Serverfarmen ja schon nach solchen Kriterien.
Aber politisch ist der Gedanke sowas von unkorrekt.
In Antwort auf:Und man sollte sich besser Gedanken zur Bewachung der Transportknotenpunkte machen, auch in politisch stabilen Ländern ist die Installation eines "single point of failure" geradezu eine Einladung an Terroristen aller Couleur. Was mit dem europäischen Netz passieren würde, wenn von einer Sekunde auf die andere 15% der Stromproduktion wegbrechen, darf sich jeder selbst ausmalen.
Aber Steffen, du glaubst doch nicht, dass diese ganzen 15% über ein- und denselben Transportknotenpunkt gehen würden, allein schon aus technischen Gründen?
Was ich glaube oder nicht glaube, tut hier wenig zur Sache - die Kostenrechnung, die ich aufgestellt habe, geht von einer dicken, langen Übertragungsleitung aus. Du kannst natürlich auch n Leitungen verlegen, dann multiplizieren sich die 5 ct/kWh eben mit n.
Aus technischen Gründen braucht man jedenfalls nicht n Transportrouten.
Zitat von Kater"auch in politisch stabilen Ländern ist die Installation eines "single point of failure" geradezu eine Einladung an Terroristen aller Couleur." Ganz im Gegensatz zu einem Kernkraftwerk. Gruss Kater
Exakt. Denn bei gleicher Stromerzeugung sind das "30 points of failure", mit identischer Einspeiseleistung pro Punkt wie ein Kohlekraftwerk oder ein Windpark.
Steffen
P.S.: Ironie als Stilmittel sollte man nur einsetzen, wenn man etwas von der Materie versteht.