Ein Hauch von Obama; wer in der letzten Zeit was über den Iran lesen wollte kam an dem dortigen Wahlkampf nicht vorbei. Nun gut, es heisst immer inhaltlich nehmen die sich alle nichts, aber am Ende kommt es doch immer auf Goodwill und Verständigung an und das hat Achmedinedings bisher vermissen lassen. Ich wünschte mir wirklich, der Moussawi würde gewinnen und so im allgemeinen Klima des Wandels eine neue Ära der Zusammenarbeit einleiten aber auch innenpolitisch die Zügel lockern. Vor allem die Jugend des Landes erwartet, dass auch sie teilhaben kann am Wohlstand und Fortschritt des Landes.
Bezeichnend an der TV-Berichterstattung der letzten Tage fand ich, wie die Journaille von ARD und ZDF sich notorisch ereiferte über Berichtsverbote etc.
Die Wahl ging an den Konservativen, es gab ein paar Demos und Vorwürfe der Manipulation dagegen. In einem Land wie dem Iran sehe ich das eher als positive Zeichen in einem jungen demokratischen Prozess. Was an der Manipulation konkret dran ist, wird man sehen. Ich kann mir aber nicht vorstellen, dass in den Größenordnungen ein Sieg für Ahmadinges hinmanipuliert werden könnte.
Demokratie ist eben kein Wunschkonzert. Sachliche Analysen wären mir lieber als beleidigtes Aufstampfen.
Nun heisst es sogar, dass Chamenei eine Überprüfung der Wahl angeorndet hat.
Ja ist schwer zu sagen was das Ergebnis bedeutet. Das könnte von wahr bis völlig manipuliert alles bedeuten. Was ich persönlich kaum verstehe ist, dass Achmedinedings vor 4 Jahren überraschend gewann, weil es eine extrem niedrige Wahlbeteiligung gab und die REformkandidaten eine schlechte Reputation hatten, weil man sich vom Amtsvorgänger Chatami mehr erhoffte. Diesmal war die Wahlbeteiligung sehr hoch und vor allem Frauen und Junge gingen wählen, deren Stimmen man zu 90% bei Moussawi sah. Das passt irgendwie nicht zusammen.
zuerst mal, so vermute ich, soll die Wahlüberprüfung den Druck der Straße mindern - die bekommen jetzt, was sie verlangt haben.
Zum anderen sind Prognosen ja auch deswegen so schwierig, weil das tatsächliche Ergebnis erst in der Zukunft eintritt. Wobei ich dem Achmedadingsbums höchstens Freundentränen nachweinen würde.
Schönen Tag noch
WRL
"Glückliche Sklaven sind die größten Feinde der Freiheit!" Marie von Ebner-Eschenbach “Politiker sind wie Windeln. Man muss sie oft wechseln und das aus denselben Gründen.” (Mark Twain)
Es kursieren ja derzeit überall Bilder von Iranern, die Schilder in die Höhe halten mit den Aufschriften ".. is not my President" oder "Where is my vote?".
Es ist mir neu, dass Englisch die persische Umgangssprache ist und ich vermute, dass diese Bekundungen nur für die ausländische Presse veranstaltet werden. Ist da jemand besser informiert?
Schönen Tag WRL
"Glückliche Sklaven sind die größten Feinde der Freiheit!" Marie von Ebner-Eschenbach “Politiker sind wie Windeln. Man muss sie oft wechseln und das aus denselben Gründen.” (Mark Twain)
"ich vermute, dass diese Bekundungen nur für die ausländische Presse veranstaltet werden."
Ach ?
Glaubst Du etwa, die iranische Führung liesse sich von ein paar Demonstranten beeindrucken ? Die haben allenfalls Sorge, was das Ausland darüber denkt. Deswegen versucht man ja auch, Druck auf die ausländische Presse auszuüben.
Entsprechend agieren die Demonstranten. Die wissen auch, dass Achmanidejat (oder so) allenfalls auf Druck von aussen die Wahl wiederholen lassen würde.
"dass Achmanidejat (oder so) allenfalls auf Druck von aussen die Wahl wiederholen lassen würde. "
Wenn einer die Wahl wiederholen lässt, dann ist das Ayatollah Chamenei. Ahmadinedschad hat da garnichts zu sagen. Ebensowenig übrigens, wie über Urananreicherung und Atomprogramm. Sowas entscheidet der Wächterrat.
Nachtrag: So fest, wie man vielleicht glaubt, scheint das Regime übrigens nicht zu sein: "tagesschau.de: Wo verlaufen denn jetzt die wichtigsten Konfliktlinien zwischen Reformisten und Fundamentalisten?
Posch: Das Lager der Reformisten hat nun die eher säkular orientierten Kräfte eingeladen. Sie sind der Meinung, dass diese genauso wie die Sunniten und andere Minderheiten auch, ein Mitspracherecht haben sollten. Damit stehen sie im direkten Gegensatz zu den radikalen Fundamentalisten. Zudem bestehen die Reformkräfte darauf, dass dem Amt des Revolutionsführers Grenzen gesetzt werden. Die Fundamentalisten hingegen wollen dessen Befugnisse eher noch ausweiten. Die Bruchlinie zwischen den beiden Lagern ist in der Vergangenheit immer eher schlecht als recht überdeckt und gekittet worden. Und jetzt ist sie ganz offen zu Tage getreten. Das Land ist nun das erste Mal wirklich in zwei Lager zerbrochen. (...) Die Reformer lassen sich nicht mehr von der Straße wegprügeln. Wenden die fundamentalistischen Machthaber aber drastischere Gewalt an, schießen sie sich gewissermaßen selbst ins Bein. Denn das Besondere an der Islamischen Republik war bislang, dass sie doch von der Bevölkerung legitimiert war. Also wie geht es weiter? Ein Kompromiss dürfte allein aus Gründen der Ehre und des Stolzes der Kandidaten schwierig werden. Man müsste Mussawi zum Akzeptieren eines Wahlergebnisses zwingen, was er bereits abgelehnt hat. Es bedarf jetzt großen innenpolitischen Geschicks seitens des Revolutionsführers." http://www.tagesschau.de/ausland/iran454.html
Und gerade kam in den Nachrichten die Meldung: "Die Betrugsvorwürfe bei der Wiederwahl des iranischen Präsidenten Ahmadinedschad mit 62,6 Prozent der Stimmen sollen offenbar amtlich überprüft werden. Dafür hat sich das geistliche Oberhaupt Chamenei im staatlichen Fernsehen ausgesprochen."
In Antwort auf:Wenden die fundamentalistischen Machthaber aber drastischere Gewalt an, schießen sie sich gewissermaßen selbst ins Bein. Denn das Besondere an der Islamischen Republik war bislang, dass sie doch von der Bevölkerung legitimiert war.
Eine sehr gewagte Aussage. Die Fundis im Iran sind etwa so legitimiert wie die unumstössliche Führung der SED in der DDR. Altersmässig nehmen sich die angeblich so legitimierten Führer ja auch nichts. Deshalb ist auch die Folgerung, dass ja keine drastische Gewalt angewendet werden kann völlig hirnrissig denn wo sowieso alles auf Repression, Kontrolle und Drangsalierung angelegt ist wird kein Regime friedlich abtreten. Ansonsten stimme ich dem Kommentator zu; sollten die moderaten Kräfte ihren Kandidaten durchbringen, was nur unter erheblichem Gesichtsverlust der herrschenden Clique passieren kann, wäre das bereits der Anfang vom Ende der Alleinvertretungsansprüche der Demenz gezeichneten Bartträger. Deshalb werden die das nie zulassen. Überhaupt klingt die Berichterstattung fast so, als ob hier Achmedinedschad auf eigene Faust und quasi hinter dem Rücken der Religionsfuzzis gefälscht hat. Das ist völlig absurd.
Aber ebenso wie die SED dem Sozialismus verpflichtet war, ist der Wächterrat und der Ayatollah der islamischen Revolution verpflichtet und kann diese Ideologie nicht einfach über den Haufen werfen.
Zitat von Lexx Aber ebenso wie die SED dem Sozialismus verpflichtet war, ist der Wächterrat und der Ayatollah der islamischen Revolution verpflichtet und kann diese Ideologie nicht einfach über den Haufen werfen.
Nein, das wäre nun wirklich zuviel verlangt. Deshalb muss man die auch aus dem Amt werfen, wie jede Diktatur. Die Alternative dazu ist sie bis ans Lebensende zu ertragen. Wären die Leute in der DDR nicht massiv und dauerhaft auf die Strasse gegangen wäre die SED-PDS-Linkspartei heute noch "dem Sozialismus verpflichtet".
DP: Das war keine Rechtfertigung, sondern eine Beschreibung des Ist-Zustandes. So ist das im Iran und deswegen ist das, was der Experte gesagt hat nicht einfach vom Tisch zu wischen.
Wobei Chamanei heute gerade gesagt hat, dass das Wahlergebnis richtig ist, obwohl 646 Beschwerden vorliegen und geprüft werden....