Seine Links drücken wohl das aus, wo auch ich skeptisch bin. Hat Ahmadinechad die Wahl wirklich so massiv gefälscht bzw. fälschen lassen? Teheran, wo die Menschen demonstrieren, ist die eine Sache, aber wie sieht das auf dem sicher konservativeren religiöseren flachen Land aus? Davon abgesehen finde ich es bedenklich, wie der Westen bzw. seine Öffentlichkeit den Herausforderer Moussawi zum Reformhelden hochstilisiert. Das ist überhaupt nicht gesagt. Sollten wir eigentlich wissen, aus der Historie der politischen Führer dieser Region.
Jedefalls wiederholt sich dieses Muster westlicher Äußerungen auffällig, mit voran auch Merkel: Einmischung in innere Angelegenheiten, Parteiergreifung, unbewiesene Behauptungen. Diplomatie scheint nur noch selektiv zu funktionieren.
Also dass Mussawi gewissermaßen ein Obama des Irans ist, ein Heilsbringer, der alles zum Guten wendet, das glaubt wohl ernsthaft niemand. Über so Sachen wie das Atomprogramm kann der auch garnicht allein entscheiden, das tut, wie gesagt, der Wächterrat.
Aber "der Westen" erhofft sich von Mussawi einen anderen Ton in der Diplomatie und ggf. mehr Kooperation, insbesondere mit der IAEO.
Was braucht "Der Westen" einen anderen Ton, wenn sich - wie Du richtig anmerkst - in der Sache ohnehin nichts ändern wird? Insofern kann es "dem Westen" herzlich gleichgültig sein, ob er von dem abgedrehten Windjackenmohammed oder diesem anderen Koranchaoten verscheißert wird.
Man muss da auch nicht immer nur aus der Westsicht herangehen. Ich würde mich schon für die iranischen Frauen freuen, die mit Moussawi einen fast schon westlich modernen Fürsprecher der Rechte der Frauen hätten, während Achmedinedschad & Co am liebsten wieder die Burka einführen würden. Aus Westsicht wäre es immerhin zu begrüssen keinen Staatschef vor sich zu haben, der von der Ausradierung seiner Nachbarländer faselt. Selbst wenn das an der heimlichen Absicht vieler Landsleute nichts ändert macht auch hier der Ton die Musik. Und natürlich wäre jetzt, da das Religionsestablishment offen Partei ergriffen hat, eine Rückkehr Moussawis an die Hebel ein enormer Macht- und Prestigeverlust der Mullahs, der, wie oben schon erwähnt, nur mit viel Blut verbunden sein dürfte.
War der prowestliche Reformer Moussavi nicht während des Iran-Irak-Kriegs iranischer Ministerpräsident, der u.a. Kinder in die Minenfelder laufen ließ?
Eine britische Studie kommt zu dem Schluss, dass das offizielle Wahlergebnis der Präsidentenwahl im Iran einem sehr ungewöhnlichen Wählerverhalten entsprechen würde. Weiteres Wasser auf die Mühlen derer, die in der Wahl Betrug sehen.
"Das Londoner Politikinstitut Chatham House weist in seiner Analyse darauf hin, dass Ahmadinedschad dem amtlichen Endergebnis zufolge 13 Millionen Stimmen mehr bekam, als er und andere Konservative bei der Wahl 2005 erhalten hatten. Dazu hätte er in einem Drittel der Provinzen sämtliche früheren Wähler der Konservativen, sämtliche früheren Wähler der Mitte, sämtliche Erstwähler und die Hälfte derjenigen für sich gewinnen müssen, die früher für die Reformer gestimmt hatten - ein unwahrscheinliches Szenario, urteilen die Forscher in der am Sonntag veröffentlichten Studie."
"Zur Begründung des Erfolgs von Ahmadinedschad wird oft auf den Rückhalt hingewiesen, den er bei der Landbevölkerung genieße. Der Studie zufolge aber waren konservative Kandidaten, insonderheit Ahmadinedschad, bei früheren Präsidentschaftswahlen in ländlichen Gebieten "ausgesprochen unbeliebt". Das macht die Forscher skeptisch, dass er seinen Sieg jetzt einem plötzlichen Stimmungsumschwung auf dem Lande verdankt. "Dieser Zuwachs an Unterstützung für Ahmadinedschad unter Wählern vom Lande und aus ethnischen Minderheiten passt nicht zu früheren Trends, ist außergewöhnlich groß und der Kernpunkt der Frage, warum (oder vielmehr ob) er im Juni 2009 gewonnen hat."
Zitat von War der prowestliche Reformer Moussavi nicht (blabla)
Moussavi ist weder prowestlich noch ein Reformer in dem Sinne, dass er die gesellschaftlichen Verhältnisse des Irans auf den Kopf stellt. Ich denke auch der Westen hat von ihm in etwa genausoviel zu erwarten wie von dem früheren "Reformer" Chatami (den ich immer mit dem obersten Religionsheini Chamenei verwechsle), nämlich nichts oder nicht viel, vielleicht ein oberflächlich besseres Verhältnis aber das wars dann auch schon. Der Wechsel an der Spitze wäre in erster Linie innenpolitisch und gesellschaftlich relevant gewesen, weil die Jugend des Landes, die im Gegensatz zu Europa die klare Überzahl in der Population stellt, ihre Ansprüche stellt und die haben wie überall auf der Welt wenig zu tun mit ora et labora.
Aber der Westen hat sich von Mussawi wenigstens einen anderen diplomatischen Umgang erhofft. Das betrifft nicht nur den Umgangston, sondern auch etwaige Kooperation, was das Atomprogramm angeht.
Stattdessen darbt das Land jetzt weitere fünf(?) Jahre unter dem Elefant-im-Porzellanladen-Präsident Ahmadinedschad dahin. Zur Erinnerung: Die Argumente gegen A. waren durchaus auch wirtschaftlicher Natur. International poltert er rum, national stärkt er die Religion. Die Wirtschaftspolitik hat er allem Bekunden nach jedoch nicht zufriedenstellend erledigt und seine Wahlversprechen (Armut bekämpfen) nicht gehalten.
Also Mussaowi zu unterstellen, er hätte eine bessere Kooperation mit dem Westen beim Atomprogramm vorangetrieben halte ich doch für sehr vage. Wahrscheinlich liegt sowas nicht einmal im Entscheidungsbereich eines iranischen Präsidenten. Und was er wirtschaftlich oder religiös in seinem Land macht muss dem Westen herzlich egal sein. Ob er die WP "zufriedenstellend erledigt" hat weiss ich nicht, wer kann das schon beurteilen? Dazu müsste man realistische Annahmen treffen, wie ein Rafsanjani anders resp. besser gemacht hätte.
Was den Westen natürlich brennend interessiert ist die aussenpolitische Dimension der Wahl und hier in erster Linie; wie verhalten sich die Schiiten künftig bei ihren Milizen im Irak, im Libanon und in Palästina? Aber ob Moussawi hier tatsächlich die erhoffte engere Kooperation anbieten steht für mich völlig in den Sternen.
"Wahrscheinlich liegt sowas nicht einmal im Entscheidungsbereich eines iranischen Präsidenten"
Ich denke schon, das der Spielraum hat, mit der IAEO zusammen zu arbeiten. Die Anreicherung stoppen darf er freilich nicht. Aber wenn der Iran ansonsten gemäß dem Atomwaffensperrvertrag handelt, wäre doch auch schon was gewonnen, oder?
Nachdem die "freieste Wahl der Welt" langsam in der Versenkung der medialen Aufmerksamkeit verschwindet, macht das andere Thema Iran wieder Meldung: "Der Bundesnachrichtendienst hat alarmierende Erkenntnisse über das iranische Atomprogramm. So sei es dem Land möglich, binnen sechs Monaten eine Atombombe zu bauen und zu testen, so die Experten."