Zumindest sieht das die FAZ so, wenn der Kanzlerkandidat dem Wirtschaftsminister offen den Bruch seines Eids vorwirft.
Okay, wir sind in der heißen Phase des Wahlkampfes, da wird mit harten Bandagen gekämpft und nicht immer sachlich argumentiert. Aber ich sehe da schon eine neue Qualität des Populismus, die über den 'Professor aus Heidelberg' deutlich hinausgeht. Eine Qualutät, die unser demokratisches System beschädigt. Ich kann mich nicht erinnern, dass ein Kanzerkandidat Schröder mit ähnlichen Parolen seinerzeit gegen Kohl oder eines seiner Kabinettsmitglieder angetreten ist.
Das ganze wirkt doch sehr unsouverän und absolut unpräsidial. Was treibt diesen Mann dazu? Politik der verbrannten Erde, weil der Job im Kanzleramt aussichtslos ist? Oder hat einfach nicht das Zeug dazu?
Was wird das Wahlvolk denken? Die vordergründigen Arbeitsplatzparolen kommen ja gar nicht so gut an, so dumm sind die Leute nicht. Vielleicht gibt es auch eine starke Müdigkeit der Leute nach vier Jahren GK, die keinem so wirklich was gebracht hat. Und jeder weiß ja, wo er sein Kreuz auf keinen Fall machen darf, wenn er keine GK mehr wählen will. Davon dürften vor allem die Grünen nochmal profitieren.
Also das mit der Qualität finde ich nicht. Sicher hat der eine oder andere da feinere Methoden gefunden, aber letzlich ist "Professor aus Heidelberg" so wie das damals kam, wesentlich vernichtender gewesen. Hatte aber mehr Stil. Aber auch Wehner oder Strauss haben früher heftig zugelangt.
Ob Steinmeier das Zeug für den Job hat, ist eine spannende Frage. Die Fähigkeiten im Job sind ja andere, als den Job zu bekommen. Und an letzteren scheint es doch zu mangeln, offensichtlich hat er kein Gespür für die Wähler. Wobei das anscheinend auch für die CDU gilt, sonst wäre man zu Guttenberg ja gefolgt bei seiner Einschätzung der Lage. Lediglich Merkel hat sich mal wieder alles offen gehalten.
Letztlich haben bei Opel beide Parteien doch gleich populistisch gehandelt, die CDU hatte zufällig Glück, dass zu Guttenberg seine eigene Meinung vertreten hat, dafür auch beliebig viel Haue von den eigenen Leuten bekommen hat aber diese sich zur Verblüffung eigentlich aller Politiker mit der der Wählermehrheit zu decken scheint.
Für den Wahlkämpfer Steinmeier, der dachte, er müsse sich durch besonders agressive Forderungen zum Opelthema von der CDU absetzen, natürlich ein ziemlicher Schuss ins Knie. Wofür er vor 8 Jahren noch bei Holzmann gefeiert wurde, bekommt er heute heftig Haue.
Wobei ich mich frage, ob eine Bundeskanzlerin, deren Richtlinienkompetenz sich aufs Abwarten beschränkt, besser als Kanzlerin geeignet ist als ein Kandidat, der immerhin mal eine Meinung dazu artikuliert. Immerhin hat der Kandidat die Hartz4 Gesetze massgeblich mit durchgepaukt, Merkel würde heute noch abwarten, wie so die Meinungen dazu sind.
Zitat von Kater Wobei ich mich frage, ob eine Bundeskanzlerin, deren Richtlinienkompetenz sich aufs Abwarten beschränkt, besser als Kanzlerin geeignet ist als ein Kandidat, der immerhin mal eine Meinung dazu artikuliert.
Das war aber nicht wirklich Steinmeiers Meinung sondern hat hat ihm das Wahlkampteam um Wasserhövel oder wie der heisst souffliert, dass man sich mit dieser oder jener Aussage profilieren kann und jetzt sag das mal. Im Gegensatz zur Merkel muss er ja angreifen. Frau Merkel kann natürlich das Schwimmen im Mainstream vorgeworfen werden, aber am Ende will sie auch nur die Wahl gewinnen und momentan reicht das eben.
Steinmeier ist bisher völlig blass geblieben und wir dürfen gespannt sein, ob da noch was kommt. Sein Feuer auf Guttenberg hat sich als dumm erwiesen. Guttenberg schwimmt auf einer Erfolgswelle und ist momentan gar der drittbeliebteste Politiker. Steinmeier muss man nun wohl nicht nur sein fehlendes Charisma sondern auch Instinktlosigkeit vorwerfen. Tja ziemlich traurig für die SPD. Frau Nahles verbietet währenddessen Müntefering erneut als Parteichef anzutreten. Wenn sich die Sozen jetzt noch etwas zerfleischen könnten sie es vielleicht noch schaffen, als zweitstärkste Partei abgelöst zu werdern.
Zitat von DP Tja ziemlich traurig für die SPD. Frau Nahles verbietet währenddessen Müntefering erneut als Parteichef anzutreten. Wenn sich die Sozen jetzt noch etwas zerfleischen könnten sie es vielleicht noch schaffen, als zweitstärkste Partei abgelöst zu werdern.
Das "Projekt 18" war bei der SPD schon immer erfolgversprechender als bei der FDP.
In Antwort auf:Also das mit der Qualität finde ich nicht. Sicher hat der eine oder andere da feinere Methoden gefunden, aber letzlich ist "Professor aus Heidelberg" so wie das damals kam, wesentlich vernichtender gewesen. Hatte aber mehr Stil. Aber auch Wehner oder Strauss haben früher heftig zugelangt.
Das liest sich für mich, als würde der Zweck die Mittel heiligen und man darf jede verbale Bombe bauen, wenn sie nur genug Schaden beim Gegner anrichtet? Das sehe ich nicht so. Der Professor war eine bitterböse und durchaus wirkungsvolle Polemik, mehr aber nicht. Einem Bundesminister einen Falscheid auf die Verfassung zu unterstellen, ist schon etwas anderes.
Ich muss allerdings zugeben, von Wehners und Strauß' rhetorischen Qualitäten nicht viel zu wissen, könnte mir aber vorstellen, dass sie solche grundlegenden Formalien und Institutionen unserer Demokratie immer unangetastet ließen.
Zitat von Spock[quote] Ich muss allerdings zugeben, von Wehners und Strauß' rhetorischen Qualitäten nicht viel zu wissen, könnte mir aber vorstellen, dass sie solche grundlegenden Formalien und Institutionen unserer Demokratie immer unangetastet ließen.
Nein, der Kater hat da absolut recht. Ich erinnere mich gut an die beiden. Gegen die ist Steinmeiers Amtseid-Spruch wirklich harmlos.
Man sollte so etwas in Wahlkampfzeiten nicht auf die Goldwaage legen. Wir können froh sein, dass bisher nicht unter der pesönlichen Gürtellinie geschlagen wird (wie z.b. bei Seehofers Seitensprüngen - und das kam ja aus der eignen Partei), das war früher normal in Wahlkampfzeiten.
Vielleicht ist das gebildetere Publikum heute an richtigen verbalen Zoff nicht mehr gewöhnt, so wie viele dem Schlachter nicht mehr bei der Arbeit zuschauen könnten. Vielleicht aber auch wurde der Zoff von Strauß und Wehner vom Bürger authentisch empfunden, ein Zeichen von Herz und Engagement, während das bei Steinmeier aufgesetzt wirkt. Das einzig authentische bei Steinmeier ist Belehren, das wirkt aber arrogant und kommt nicht an.
Im Gegensatz zur erfolgreichen Demontage des Professors aus Heidelberg bei der letzten Wahl, hat diesmal Steinmeiers Attacke auf Guttenberg nichts gebracht.
Das ZDF-Politbarometer hat die Temperatur nach der Europawahl gemessen. Die SPD und Steinmeier schmieren gemeinsam ab. Die SPD ist von den 18% genauso weit entfernt wie die FDP und Guttenberg ist im Ranking auf Nr. 2 ganz knapp hinter der Chefin und vor Steinmeier.
Knapp 80% aller Wähler (auch 3/4 der SPD Anhänger) finden Staatshilfen für Arcandor Scheisse. Steinmeier hat mit seinem Einsatz für Schickedanz und Sal. Oppenheim also offensichtlich auf das falsche Pferd gesetzt.
Die SPD versucht ob der Umfrageergebnisse mit aller Macht, kurzfristig Sympathien einzusammeln. Deswegen erscheint sie zurzeit ohne klaren Kurs und eher unberechenbar. Sowas wähle ich nicht - und viele andere offenbar auch nicht. In der Sonntagsfrage ist die SPD 3%-Punkte auf 25% gefallen.
Nun hat Steinmeier auf seinem Parteitag mit demonstrativem Kampfgeist versucht klarzumachen, dass man ihn nicht unterschätzen sollte. Wenn er ab jetzt etwas geschickter agiert, die richtigen Themen gegen schwarz/gelb aufbringt, wird die SPD sicher noch ein paar Punkte zulegen.
Nun, abgerechnet wird zum Schluss und man muss ja auch sagen, dass selbst nach den letzten Umfragen, die alle als verheerend für die SPD bezeichnet würden, gelb/schwarz gerademal 3% vor rot-rot-grün liegt, ein geradezu lächerlicher Vorsprung, der eine ganze Reihe von Möglichkeiten offenlässt, auch mit SPD Beteiligung oder sogar unter deren Führung. Und das nochmehr wenn man die Möglichkeit bedenkt, dass die SPD momentan die meisten "Schläfer" hat und noch jede Menge taktischer Spiele offen sind, wie der die man gegenwärtig sieht, dass die Grünen der Union avancen machen, was Stimmen auf dem bürgerlich-liberalen Lager abziehen könnte. Und eines ist auch klar, ein kategorisches Nein zur Ampel wie in Hessen wird es von der FDP nicht geben. Kommt die SPD auf 25%, die FDP auf 14% und die Grünen auf 11% und die Union auf etwa 34% wäre das wohl das Ende der Ära Merkel.
Ich meine auch, dass die Wahl noch lange nicht gelaufen ist. Es wird doch auf einen Lager-WK hinauslaufen, hier schwarz/gelb, dort rot/rot/grün. Und da schaut es für schwarz/gelb schlecht aus, die paar Prozentchen verlieren sie garantiert noch, die SPD scheint sich bei Aufholjagden reichlich wohl zu fühlen.
Schönen Tag noch WRL
"Glückliche Sklaven sind die größten Feinde der Freiheit!" Marie von Ebner-Eschenbach “Politiker sind wie Windeln. Man muss sie oft wechseln und das aus denselben Gründen.” (Mark Twain)