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Dieses Thema hat 13 Antworten
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MartiS2 Online



Beiträge: 7.188

14.09.2007 10:25
Dilemma der staatlichen Gesundheitspolitik Antworten
Als Referenz der Artikel in der FTD:

http://www.ftd.de/unternehmen/gesundheitswirtschaft/:Kassen%20Billigtherapie/252837.html

Der Staat als Sachwalter der individuellen Gesundheit und der daraus resultierenden Kostenbelastung manövriert sich ins Abseits, wenn der oben referenzierte Sachverhalt stimmt. Für die Kassenleistung nicht für eine Therapie zugelassene Medikamente einem teuren zugelassenen Medikament aus Kostengründen vorzuziehen unterstützt die Kritiker der staatlich kontrollierten Gesundheitsfürsorge. An diesem Beispiel wird offensichtlich, was an anderer Stelle versteckt eh schon passiert: Die Finanzierung der gesetzlichen Krankenversicherung ist gedeckelt durch das knappe Angebot teurer, als medizinisch notwendig angesehener Therapien, bei denen sich der Staat die Hände in Unschuld waschen kann. Das Dilemma wird aber dann offensichtlich, wenn teure Therapien nicht nur als wirksam zugelassen sind, soiond auch in ausreichender Menge zur Verfügung stehen. Dann fällt die systemimmanente Deckelung weg, und die Systemteilnehmer fangen das Tricksen an.

Dies alles, bis eines Tages der Offenbarungseid geleistet werden muss: Gleiche Medizin für alle ist Illusion. Gesundheit ist kein absolutes, sondern wie Eigentum ein relatives Gut. Eine ehrliche Politik würde dem Rechnung tragen, und den Eiertanz (oder Quadratur der Kreise) um die Gesundheitspolitik in ehrlich kommunizierte, pragmatische Lösungsansätze führen.

Gruß, Martin
kater_5 Offline

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Beiträge: 1.018

14.09.2007 10:42
Dilemma der staatlichen Gesundheitspolitik Antworten
Ich würde mal eher annehmen, dass man damit Druck auf Novartis ausübt, die Preise zu senken. Immerhin hat Novartis ja schon angeboten, die Preise für das neue Medikament auf ungefähr die Hälfte der erwarteten Kosten zu senken.

Das wäre sicher nicht gelungen, wenn man nicht mit der Alternative gedroht hätte, selbst wenn man die eigentlich gar nicht hat.

Davon abgesehen wäre es mal spannend zu sehen, was passiert, wenn das eine private KV macht. Kann man zwar gegen klagen, aber es wird sicher nicht so öffentlich diskutiert.

Gruss
Kater
MartiS2 Online



Beiträge: 7.188

14.09.2007 11:01
Dilemma der staatlichen Gesundheitspolitik Antworten
Kater,

ich interpretiere das nicht als Drohung. Novartis scheint eher eine an den eigenen Zielvorstellungen orientierte Vermarktungsvariante ins Spiel bringen zu wollen: Novartis muss nicht nur auf Gewinne schielen, sondern seine Entwicklungskosten wieder einspielen. Das ist im ersten Ansatz fair. Novartis hat aber auch sicher im Kalkül, dass ein bereits akzeptiertes Medikament nicht mehr so leicht von der Liste genommen werden kann, es sei denn, es gäbe eine zugelassene billigere und mindestens gleichwertige Alternative.

Pikant wäre immerhin, dass Deutschland sich in die Schlange der wirtschaftlich desolaten Entwicklungsländer einreihen würde, würde man das Angebot annehmen.

Da die Drohung auf dem Bruch eines bisher unangetasteten Versprechens der Gesundheitspolitiker gegenüber den Patienten beruht hätte, wäre diese Drohung genauso unseriös gewesen, wie die angesprochene Trickserei.

Gruß, Martin
F-W Offline




Beiträge: 1.679

14.09.2007 11:12
Dilemma der staatlichen Gesundheitspolitik Antworten
Was hindert Roche eigentlich daran, die Zulassung von Avastin für die Augenheilkunde zu beantragen?

Das dauert mit den notwendigen klinischen Test allerdings ein paar Jahre und kostet viel Geld. Gut möglich, dass Avsatin hinterher dann auch das dreifache kostet.

FW
kater_5 Offline

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Beiträge: 1.018

14.09.2007 11:17
Dilemma der staatlichen Gesundheitspolitik Antworten
Wir haben hier das typische Dillema in der Gesundheitspolitik. Einerseits eine Pharmafirma, die viel Geld investiert hat, dieses wieder einspielen muss und auch Gewinne machen muss.

Andererseits ein Abnehmer, dessen Leben oder zumindest Gesundheit von der Einnahme dieses Medikamentes abhängen kann.

Die klassische Marktwirtschaft funktioniert aber nicht mehr, wenn der Abnehmer letzlich die Wahl zwischen Sterben oder zahlen hat.

Irgendwie muss man da einen Ausgleich finden. Ob das jetzt so der richtige Weg ist, mag man bezweifeln, die Frage ist, wie man es sonst machen soll. Man will ja die Entwicklung neuer Medikamente auch nicht abwürgen.

Das gilt für die privaten Kassen übrigends genauso, die ja die gleichen Versprechen geben, diese aber teilweise auch nur mit horrenden Beitragserhöhungen im Alter halten können.

Gruss
Kater

MartiS2 Online



Beiträge: 7.188

14.09.2007 12:29
Dilemma der staatlichen Gesundheitspolitik Antworten

Zitat:

F-W schrieb am 14.09.2007 11:12
Was hindert Roche eigentlich daran, die Zulassung von Avastin für die Augenheilkunde zu beantragen?

Das dauert mit den notwendigen klinischen Test allerdings ein paar Jahre und kostet viel Geld. Gut möglich, dass Avsatin hinterher dann auch das dreifache kostet.

FW




In diesem Punkt scheint dr Artikel eh etwas unsauber zu sein, denn die Nebenwirkungen sollten ja bekannt sein. Es dürfte sich also eher um einen Wirksamkeitsnachweis handeln.

Eine mögliche Erklärung für das Zögern ist, dass eine erneute Zulassung nach neuen Normen nachteilige Ergebnisse mit negativen Folgen für die Vermarktung bringen könnte. Da ist Roche dann der Spatz in der Hand lieber.

Gruß, Martin

MartiS2 Online



Beiträge: 7.188

14.09.2007 12:35
Dilemma der staatlichen Gesundheitspolitik Antworten

Zitat:

kater_5 schrieb am 14.09.2007 11:17
Das gilt für die privaten Kassen übrigends genauso, die ja die gleichen Versprechen geben, diese aber teilweise auch nur mit horrenden Beitragserhöhungen im Alter halten können.

Gruss
Kater




Bei privaten Kassen gibt es immerhin die Möglichkeit, den versicherten Leistungsumfang zu reduzieren, und es der eigenen Entscheidung überlässt, ob man eine Behandlung u.U. direkt bezahlt. Dann kann man seine medizinische Versorgung dem Geldbeutel anpassen. Das sehe ich noch immer besser, als erst viel Geld abzudrücken, um dann später betteln gehen zu müssen.

Gruß, Martin

kater_5 Offline

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Beiträge: 1.018

14.09.2007 12:55
Dilemma der staatlichen Gesundheitspolitik Antworten
Hmm, meine Frau bekommt derzeit ein Medikament, welches etwa 1500€ im Monat kostet.

Das kann man weder privat bezahlen, noch kann/will man den Leistungsumfang irgendeiner Versicherung in so einem Fall reduzieren.

Und wie Du Dir sicher denken kannst, sind Versicherungen unter solchen Bedingungen nicht sehr kooperativ.

Gruss
Kater
MartiS2 Online



Beiträge: 7.188

14.09.2007 13:05
Dilemma der staatlichen Gesundheitspolitik Antworten

Zitat:

kater_5 schrieb am 14.09.2007 12:55
Hmm, meine Frau bekommt derzeit ein Medikament, welches etwa 1500€ im Monat kostet.

Das kann man weder privat bezahlen, noch kann/will man den Leistungsumfang irgendeiner Versicherung in so einem Fall reduzieren.

Gruss
Kater




Kater,

ich könnte das privat bezahlen, noch. Ich würde aber im Alter gerne die laufenden Kosten reduzieren, und im Zweifel lieber früher den Löffel abgeben. Da muss mir der Staat nicht reinpfuschen.

Gruß, Martin

kater_5 Offline

Besucher

Beiträge: 1.018

14.09.2007 13:36
Dilemma der staatlichen Gesundheitspolitik Antworten
"ich könnte das privat bezahlen, noch."

Nicht, wenn Du betroffen wärst und z. B. nicht arbeiten könntest.

"Ich würde aber im Alter gerne die laufenden Kosten reduzieren, und im Zweifel lieber früher den Löffel abgeben. Da muss mir der Staat nicht reinpfuschen. "

Wie soll das denn funktionieren ?

Gruss
Kater
MartiS2 Online



Beiträge: 7.188

14.09.2007 14:24
Dilemma der staatlichen Gesundheitspolitik Antworten

Zitat:

kater_5 schrieb am 14.09.2007 13:36
"ich könnte das privat bezahlen, noch."

Nicht, wenn Du betroffen wärst und z. B. nicht arbeiten könntest.




Mit >50 sollte man längst das zweite Standbein 'Kapitaleinkünfte' haben. Das ist unabhängig von der Arbeit.

Zitat:

"Ich würde aber im Alter gerne die laufenden Kosten reduzieren, und im Zweifel lieber früher den Löffel abgeben. Da muss mir der Staat nicht reinpfuschen. "

Wie soll das denn funktionieren ?




In der PKV kannst Du Tarife abwählen. Du bringst Dein Gebiss auf einen guten Stand, wählst den Tarif ab, und was dann noch kommt zahlst Du, oder Du lässt es unbehandelt und isst Suppe wie unsere Großeltern.

Kosten für ambulante Leistungen sind in der Regel auch nicht die Welt, die wählst Du auch ab.

Mein Vater (PKV wg. Beamten) hat Tarife gekündigt und das Ersparte für Direktzahlungen angelegt. Das hat sich gelohnt. Mit der Gesundheitsreform zeigt sich eh, dass Rücklagen bei den Privaten eh eine unfaire Knebelung sind.

Gruß, Martin

Gelöschtes Mitglied
Beiträge:

14.09.2007 17:00
Dilemma der staatlichen Gesundheitspolitik Antworten
Ich sehe nicht, dass sich der Einsatz von Avastin dazu eignet, es als Horror-Beispiel für die Reduzierung der Kosten im Gesundheitssystem zu diffamieren.

Es wird so weltweit eingesetzt, auch in den USA und es liegt immer in der Entscheidung des einzelnen Patienten, sich damit behandeln zu lassen.
Ausschlaggeben ist in erster Linie die Wirksamkeit.
Unabhängig davon, muss im Einzelfall von den Ärzten genau abgeklärt werden , ob Avastin eingesetzt werden kann.


Inzwischen werden deshalb die Daten aller Patienten, die weltweit mit Avastin behandelt werden, gesammelt. Am "US Eye Institut" überlegt man, ob man eine vergleichende Studie zwischen Lucentis und Avastin finanzieren soll.
http://www.wz-newsline.de/sro.php?redid=125119




MartiS2 Online



Beiträge: 7.188

14.09.2007 17:25
Dilemma der staatlichen Gesundheitspolitik Antworten

Zitat:

Kodo schrieb am 14.09.2007 17:00
Ich sehe nicht, dass sich der Einsatz von Avastin dazu eignet, es als Horror-Beispiel für die Reduzierung der Kosten im Gesundheitssystem zu diffamieren.

Es wird so weltweit eingesetzt, auch in den USA und es liegt immer in der Entscheidung des einzelnen Patienten, sich damit behandeln zu lassen.
Ausschlaggeben ist in erster Linie die Wirksamkeit.
Unabhängig davon, muss im Einzelfall von den Ärzten genau abgeklärt werden , ob Avastin eingesetzt werden kann.


Inzwischen werden deshalb die Daten aller Patienten, die weltweit mit Avastin behandelt werden, gesammelt. Am "US Eye Institut" überlegt man, ob man eine vergleichende Studie zwischen Lucentis und Avastin finanzieren soll.
http://www.wz-newsline.de/sro.php?redid=125119




Es ist ja gut gut, wenn weitere Klinische Studien gemacht werden, egal wie sie finanziert werden. Es ändert vorerst aber nichts an der Situation, dass offensichtlich ein off-label use eines Medikaments einem in seiner Wirksamkeit bestätigten Medikament vorgezogen wird.

Die Einzelfallentscheidung des Arztes spielt dabei keine Rolle, da der Patient bei einer Entscheidung für das teure Medikament keine Kostendeckung hat.

Es soll auch kein Horrorbeispiel sein, sondern es soll nur den Mechanismus zeigen, dem der gesetzlich Versicherte ausgeliefert ist. Man kann eine übergeordnete Kommission, die den Kostenersatz von Medikamenten nach Wirksamkeitskriterien prüft, durchaus positiv sehen, da dies auch dem Patienten eine gewisse Sicherheit in seinem Verhältnis zum Arzt gibt. Nur ist zumindest ein Webfehler der, dass diesselbe Kommission politische Sparvorgaben erfüllen soll.

Es wäre z.B. durchaus besser, wenn ein Patient durch Eigenbeteiligung, die dann auch in seiner Versicherungsprämie eigebaut ist, in Beratung durch den Arzt aus einer durchaus breiteren Palette von Medikamenten wählen könnte. Gerade dieser Tage habe ich gelesen, dass die Wirkung unterschiedlicher Blutdrucksenker vom genetischen Code der Patienten abhängen kann. Das war bei der Zulassung nicht bekannt. Werden aber teurere, für einen Patienten wirksame Medikamente aus Kassenzulassungsgründen erst ausgeschlossen, weil scheinbar gleichwertig, dann werden die Risiken auf den Patienten verlagert, und dem Arzt fehlen mangels sachlicher Begründung dann erst mal die Argumente.

Gruß, Martin

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