Es gibt seit einiger Zeit Modellversuche zu sogenannten Gigalinern, das sind 25m lange LKW, die bis zu 60 t wiegen können.
Nun steht die Diskussion an, ob sie hierzulande eingeführt werden sollen oder nicht. "Industrie- sowie Groß- und Außenhandel sind für das Projekt, große Teile der Güterverkehrsbranche mit mittelständischen Unternehmern dagegen." Quelle: www.tagesschau.de/wirtschaft/meldung494014.html
Ebenfalls dagegen sind Naturschutzverbände, sie fürchten eine Verlagerung des Güterverkehrs von der Schiene auf die Straße, der eingesparte CO2-Emissionen ausfzehren und zu einer netto-Erhöhung des Ausstoßes führen würde.
Ebenfalls dagegen ist auch der ADAC. Er führt an, dass die heutige Infrastruktur, was die Stabilität von Brücken aber auch die Belastbarkeit von Tunneln und die Ausmaße vieler Verkehrsbereiche (Kreisverkehre, Kreuzungen) angeht nicht auf die "Gigaliner" ausgelegt sei und man das für den Verkehr ohnehin knappe Budget nicht auch noch mit speziellen Umrüstungen für die Riesen-LKW belasten könne.
"Die Jumbo-Lastwagen würden Straßen und Brücken beschädigen und Milliardenkosten verursachen. Sicherheitsbedenken gebe es auch in Tunneln, auf Bahnübergängen und in Ortsdurchfahrten. Viele Kreisverkehre seien für die überlangen Lastwagen kaum zu durchfahren. Wo sie auf Autobahn-Parkplätzen und Raststätten abgestellt werden können, sei unklar." Quelle: wie oben
Zudem sieht er verkehrsprobleme durch die neuen LKW, deren enorm vergrößerte Länge etwa vor einem Überholmanöver nicht einzusehen sei.
Wolfgang Tiefensee steht dem Euro-Kombi-LKW denn auch skeptisch gegenüber.
Die Fakten:
+ Die Nutzlast steigt gegenüber herkömmlichen LKW um 50%, wodurch 2 EuroCombis 3 bisherige LKW ersetzen. Das verringert die Kosten um ca. 20%, teilweise bis zu 30%
+ Die Achslast und damit die Abnutzung der Straße nimmt ab (9-10t -> 7,5-8,5 t).
+ Die LKW sind alle neu, also auch mit enstprechender Technik ausgestattet
+ Durch mehr Achsen steigt die Bremskraft um 20%
- Die Meterlast steigt an, was zu erhöhter Belastung bei entsprechend langen Brücken führt.
- es gibt viel zu wenige Stellplätze für derartige LKW, etwa auf Rastplätzen
- der kombinierte Verkehr zwischen Straße und Schiene wird schwieriger, weil die Waggons der meisten europäischen Bahnen nicht an die neuen Längenmaße angepasst sind
- Die große Fahrzeuglänge ist in Schaltzeiten bei Bahnübergängen oder Ampelanlagen nicht berücksichtigt, was zu Sicherheitsproblemen führen kann.
- Obwohl die großen LKW fast so wendig sind wie ihre kleineren Kameraden sind teilweise Kriesverkehre zu klein. Dort könnten die neuen LKW nicht fahren
- die großen LKW sind bis zu 53% länger und 50% schwerer als die älteren Kollegen, was für andere Verkehrsteilnehmer zu Problemen und Gefahren (Unfall) führen kann.
mögliche Folgen:
+ Zu den ökonmischen Vorteilen käme laut einer Studie der BASt ein um 30% verringerter Kraftstoffverbrauch, 13% weniger LKW auf der Straße und ein um 17% verkürzter Bremsweg.
- Die Umstellung der Infrastruktur auf die großen Fahrzeuge könnte 2-stellige Millardenbeträge kosten (Laut ADAC kosten die Brücken allein 8 Mrd. €), die dem ökonomischen Nutzen entgegen stehen.
- Durch die drastisch gesenkten Kosten könnte sich Güterverkehr von der Schiene aber auch von der Wasserstraße auf die Straße verlagern, was die Einsparungen an Kraftstoff und Fahrzeugen verringert, aufwiegt oder sogar überwiegt.
Was sagt ihr dazu, sollen die EuroComibs eingeführt werden?
Ich finde, die sollten ruhig eingeführt werden. Evtl. mit Beschränkungen auf bestimmte Strassen, das sollte sich ja mit den Mautgeräten lösen lassen. Damit würden sich auch Mehrkosten für Infrastruktur auf die Verursacher umlegen lassen. Man könnte ja die Brückenproblematik entschärfen, indem man Mindestanstände vorschreibt.
Und die meisten Nachteile relativieren sich ja dadurch, dass weniger LKW unterwegs wären.
Tja also wenn erst alle Kreisverkehre wegen den Teilen umgebaut werden müssen ist das Ganze doch schon gescheitert. Wer soll den das bezahlen? Mir scheint, da will die Industrie ein paar Prozente mehr Margen machen und der Steuerzahler darf dafür die Infrastruktur ausbauen - Nöö.
Im Zweifel dürfen die eben nur auf Strassen fahren, auf denen das explizit erlaubt ist.
Gruss
Kater
Womit sich die Sache gleich vollständig erledigt hätte. Wenn nämlich diese Fahrzeuge nur bedingt straßentauglich sind – oder umgekehrt: die Straßen nur bedingt für solche Fahrzeuge taugen, dann hieße das ja, daß man zwar die Fracht auf megalinertauglichen Autobahnen und Fernstraßen transportieren könnte, sie aber vor dem Erreichen von Städten, Dörfern und Industriegebieten, die zunehmend mit den ach so hippen Kreisverkehren und anderer Straßenmöblierung ausgestattet sind und werden, auf kleinere LKW umladen müßte, damit die Ladung ihren Bestimmungsort erreichen kann. Dann handelt man sich also genau den Nachteil ein, der immer angeführt wird, wenn es darum geht, die Bahn als untaugliches Transportmittel darzustellen; da muß man das ja auch tun.
Auf jeden Fall kann ich mir nicht vorstellen, daß angesichts der ewig klammen Kassen von Bund, Ländern und Gemeinden die Mittel verfügbar sein werden, um die Gesamtheit der bundesdeutschen Straßenmöblierung megalinertauglich zu machen. Abgesehen davon, daß sich mittlerweile auf den bepflanzten Rondellen der Kreisverkehre die ein oder andere seltene Spezies einer Nachtigallae Superbenziniensis oder der gemeinen Feinstaubmade angesiedelt haben könnte, was selbstverständlich sofort die Frontkämpfer von der Tierschutztruppe auf den Plan rufen dürfte.
Unter diesen Gesichtspunkten wird sich die Megalineridee vermutlich recht bald in Dieselabgasen auflösen.
dewo, kater:
Ganz so düster ist es nicht. Die "EuroCombi", wie es offiziell heißt hat ganz verschiedene Kombinationsmöglichkeiten, etwa LKW +2 Anhänger, Sattelschlepper + Anhänger, LKW mit Sattelschlepp-Anhänger ("Dolly"), Sattelschlepper mit 2 AUfliegern.
Einige davon haben angeblich keinen größeren Wendekreis als herkömmliche LKW, einige andere Kombis könnten mit drehbaren Rädern asugestattet werden, so heißt es in Wikipedia. Zudem führen teilweise auch 24,8m lange Busse herum ohne nennenswerte Probleme.
Auf normalen Straßen scheint die Größe also eher kein Problem zu sein, das Beispiel mit den Kreisverkehren wohl eher auf kleinere Landstraßen und bestimmte Kombis begrenzt.
Mit Kosten verbundene Umrüstungen wären also in erster Linie die angedeuteten Ampelanlagen und Bahnübergänge, die umprogrammiert werden müssten sowie nachfolgend Raststätten und dann Brücken.
Die Raststätten halte ich infrastrukturtechnisch für das größte Problem - wenn eine Brücke zu schwach ist, kann man die Überfahrt für den LKW verbieten, diese gelben Schilder gibt es ja jetzt schon, aber wenn die Fahrer nicht auf der Autobahn pausieren können, ihre Fracht umladen müssen oder mehrere LKW-Stellplätze blockieren hat sich die Langstrecke bereits erledigt.
kater_5 schrieb am 09.10.2007 19:17
Im Zweifel dürfen die eben nur auf Strassen fahren, auf denen das explizit erlaubt ist.
Gruss
Kater
Schön,
wenn sich nicht jede Gemeinde, Land und der Bund die Mühe machen, die Konstruktion 'ihrer' Straßen neu zu bewerten, dann ist das Aus ja schon vorprogrammiert.
Mir jedenfalls graut es, daran zu denken, dass die Länge der Beschleunigungsspur in Zukunft nicht mehr ausreichen könnte, mich effektiv in die Autobahn einzufädeln: Da beschleunige ich auf die Geschwindigkeit des ankommenden LKW, um mich am Ende der Beschleunigungsspur hinter ihm einzufädeln. Aber, plötzlich kommen da ein paar Meter zusätzlich angerollt, und ich lege eine Vollbremsung hin oder fahre auf dem Seitenstreifen weiter. Tut mir leid, aber bei Dunkelheit und Regen kann ich im Rückspiegel so rechtzeitig nicht erkennen, dass ein LKW Überlänge hat.
Der Zusatznutzen der Megaliner rechtfertigt diese kaum im Vergleich zu den nachteiligen Folgen.
" wenn sich nicht jede Gemeinde, Land und der Bund die Mühe machen, die Konstruktion 'ihrer' Straßen neu zu bewerten, dann ist das Aus ja schon vorprogrammiert. "
Dann ist das eben so. Wobei ich da bei Autobahnen erstmal kein Problem sehe, ob ich auf einer Brücke 15 40 Tonner habe oder 10 60Tonner ist ja erstmal egal.
"Mir jedenfalls graut es, daran zu denken, dass die Länge der Beschleunigungsspur in Zukunft nicht mehr ausreichen könnte, mich effektiv in die Autobahn einzufädeln: Da beschleunige ich auf die Geschwindigkeit des ankommenden LKW, um mich am Ende der Beschleunigungsspur hinter ihm einzufädeln. Aber, plötzlich kommen da ein paar Meter zusätzlich angerollt, und ich lege eine Vollbremsung hin oder fahre auf dem Seitenstreifen weiter. "
ROFL. Du hast mein volles Mitleid.
Ich glaube, mit den Autos, die Du laut Deinen Aussagen so fährst, dürftest Du da kaum Probleme haben. Immerhin haben die Beschleunigungsspuren auch für einen Trabbi reichen müssen. Und ein Trabbi in Relation zu einem 40 Tonner dürfte eher noch schlechter abschneiden als Dein BMW (oder was immer Du da gerade fährst) im Vergleich zu einem Gigaliner.
kater_5 schrieb am 10.10.2007 11:00
ROFL. Du hast mein volles Mitleid.
Ich glaube, mit den Autos, die Du laut Deinen Aussagen so fährst, dürftest Du da kaum Probleme haben. Immerhin haben die Beschleunigungsspuren auch für einen Trabbi reichen müssen. Und ein Trabbi in Relation zu einem 40 Tonner dürfte eher noch schlechter abschneiden als Dein BMW (oder was immer Du da gerade fährst) im Vergleich zu einem Gigaliner.
danke für das Mitleid,
ich wollte nur mal ein Detail beitragen, und nicht nur 'im Prinzip'. Nein, meine Situation ist in der Regel die, dass ich mich auf der Einfädelspur in einer Reihe von PKW und LKW in eine Schlange von LKW (rechte Spur Autobahn) einreihen muss. Und in der Regel gebe ich den vor mir fahrenden Fahrzeugen so viel Raum, dass ich mich weder mit allzuvielen zwischen zwei LKW wiederfinde, noch mir den Beschleunigungsweg verbaue. Die PS helfen da natürlich sehr, aber auch nur, wenn die Situation (zu erwartende LKW-Länge) berechenbar ist.
Das Detail / Beispiel soll nur ein Mosaiksteinchen liefern, ich bin überzeugt, dass da noch weitere hinzukommen. Ein eingefahrenes System an Verhältnisse anpassen für das es ursprünglich nicht gedacht war muss sich irgendwo rechnen. Große LKW bauen und fahren ist dabei nur ein Teilaspekt.
Mit der Einführung des A380 gab und gibt es auch eine große Menge Umbauten bei den Airports. Im Luftverkehr hat man allerdings den Vorteil, dass die Inkompatibilität nur an singulären Punkten auftritt (mal wieder auf prinzipieller Ebene argumentiert).
"Ein eingefahrenes System an Verhältnisse anpassen für das es ursprünglich nicht gedacht war muss sich irgendwo rechnen. Große LKW bauen und fahren ist dabei nur ein Teilaspekt. "
Sicher ist das keine Spassaktion. Andererseits ist das eingefahrene System an vielen Stellen über seine Grenzen hinaus belastet.
Und letztlich hat das ja nicht nur Kostenaspekte, die Strassen werden mit dem derzeitigen System zunehmend überlastet. Die Frage ist dann, ob man lieber neue Strassen baut oder die existierenden besser ausnutzt. Letztlich kann das besser Ausnutzen Kosten senken, selbst wenn die eine oder andere Brücke oder Kreisel verstärkt werden müsste.
kater_5 schrieb am 10.10.2007 12:44
Letztlich kann das besser Ausnutzen Kosten senken, selbst wenn die eine oder andere Brücke oder Kreisel verstärkt werden müsste.
Gruss
Kater
Richtig, es KANN Kosten senken, muß es aber nicht unbedingt. Es würde mich interessieren, welche Investitions-Kosten für die notwendige Anpassung der Infrastruktur und welche zusätzliche laufende Kosten für die Instandhaltung einer solchen veränderten Infrastruktur auf den Steuerzahler und Verbraucher zukommen. Im Vergleich mit den Einsparungen, die er durch die Nutzung dieser Fahrzeuge verbuchen kann, muß sich dann zwingend die Schlußfolgerung ergeben, ob die ganze Sache sich lohnt. Angesichts des aktuell in Deutschland zu beobachteten Straßenzustandes bezweifele ich allerdings, ob es mit der “Verstärkung der einen oder anderen Brücke oder Kreisels“ getan ist. Ein bißchen Mehr an Aufwand wird da schon erforderlich sein. Aber, wie gesagt, eine Kosten-Nutzen-Analyse könnte hier sicherlich Aufschluß geben.
Neenee du hast da vollkommen Recht. Man muss das Thema nur richtig aufziehen. Als Grünen Wähler solltest du doch wissen wie das passiert; erst werden medienwirksam sterbende Wälder beklagt und zuviel Klein-Verkehr auf der Strasse beweint, dann wird die grosse Regenbogenfahne herausgeholt und am Ende sitzen wir mit der Lichterkette um den Gigaliner. Und dann wird das eingeführt auch wenn das wirtschaftlicher und verkehrspolitischer Schwachsinn ist.