Teenager an Kanonen, Dreikäsehochs im Luftkampf und blonde Mädels in Reih und Glied: Tausende Kinder erlagen der Faszination des Nazi-Militärdrills, viele wurden traumatisiert. Der Fotograf Walter Nies hat der Generation der Kriegskinder ein Gesicht gegeben: mal propagandistisch, mal tragisch. Von Barbara Stambolis
Da steht drin:
ZITAT ANFANG
Etwa ein Drittel der Kinder dieser Altersgruppe galt als traumatisiert, ein weiteres Drittel machte belastende Erfahrungen, für ein weiteres Drittel galt all dies nicht.
ZITAT ENDE
Ich weiss nicht, ich muss unter lauter Kindern vom letzten Drittel aufgewachsen sein.
Sicher war das alles viel, viel ereignisreicher und ganz anders als die Ambience, in der meine Enkelkinder aufwachsen, und in der die diversen deutsche Nachkrigegenerationen grossgeworden ist.
Aber das war eben unsere reale Welt, die wir genau so normal genommen haben wie meine Enkelkinder ihre heutige Welt warnehmen. Es gibt nur eine Welt.
Was ich nie verstehen konnte, sind diese Nach-empfundenen Emotionen der deutschen Nachkriegeneration, die im Wesentlichen sagen: Ach habt Ihr's schlimm gehabt, und wir sind doch viel normaler aufgewachsen. Falsch , Ihr seid in eurer Welt und wir sind in unserer Welt aufgewachsen, und beidesmal war das ganz normal.
Diese emotionelle Behandlung des Themas ist sowas wie eine Obsession der erwachsenen Nachkrieggenerationen geworden.
Als meine Kinder noch klein waren, in Long Island, hat einer der Soehne rumgemeckert, weil offensichtlich das Stueck Fleisch auf dem Teller zu klein oder sonst was war, was ihm nicht gepasst hat.
Ich habe etwas belehrend gesagt. "Im Krieg waeren wir froh gewesen, wenn wir ueberhaupt Fleich gehabt haetten."
Mein Sohn denkt nach, dann sagte er:
"Papa, dann bist Du sicher froh, dass Du heute bei uns leben darfst."
Es wird immer behauptet, ich sei der Wisecrack. Aber da hatte mein Sohn mich uebertroffen.
Die Lehre, die mir mein Sohn gegeben hat, habe ich nie vergessen. Ich habe seither nie mehr gejammert.
Das Leben ist wie es ist, nicht gut, nicht schlecht, nicht falsch, nicht richtig einfach so wie es ist.
Rocky schrieb am 14.01.2008 12:51
Was ich nie verstehen konnte, sind diese Nach-empfundenen Emotionen der deutschen Nachkriegeneration, die im Wesentlichen sagen: Ach habt Ihr's schlimm gehabt, und wir sind doch viel normaler aufgewachsen. Falsch , Ihr seid in eurer Welt und wir sind in unserer Welt aufgewachsen, und beidesmal war das ganz normal.
Dieses Phänomen fasziniert mich auch immer wieder. Es scheint einen Zwang zu geben, zeitlich und geographisch andere Welten mit Augen aus unserer heutigen lokalen Welt sehen zu müssen, ja sogar Dinge ausblenden zu müssen, die heute als politisch nicht korrekt gelten.
Das hat nicht nur fatalen Einfluß auf die Geschichtsschreibung, sondern wird irgendwann dazu führen, dass alte Bücher und Filme nur noch für wissenschaftliche Zwecke gelesen werden dürfen. Mich wundert da sehr, dass es noch Grimms Märchen gibt.
"Ich weiss nicht, ich muss unter lauter Kindern vom letzten Drittel aufgewachsen sein. "
Das wird wohl so sein.
Meine Schwiegermutter ist mit 7 Jahren aus Ostpreussen geflohen und ist im extrem harten Winter 1945 die Strecke von Ostpreussen nach Magdeburg zu Fuss gelaufen. Die Tante meiner Frau und deren Mann haben den Marsch ebenfalls mitgemacht, es gab übelste Erfahrungen mit russischen Soldaten usw usf. Die fanden es auch damals nicht normal, wenn die Mutter vor ihren Augen vergewaltigt wurde.
Wenn die heute dran denken, fliessen sofort die Tränen.
Die sind traumatisiert, auch wenn das aus der relativ sicheren Kalrsuher Ecke nicht so gesehen wird.
Und ich finde auch nicht, dass solche Betrachtungen völlig daneben sind. Wenn man sich das Verhalten dieser Generation aus heutiger Sicht ansieht (oder selbst heute noch mit denen umgeht) ist das durchaus gut zu wissen.
Gruss
Kater
Rocky
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14.01.2008 16:19
#4Wenn Geschichtsprofessoren Geschichte schreiben,
kater_5 schrieb am 14.01.2008 05:46
"Ich weiss nicht, ich muss unter lauter Kindern vom letzten Drittel aufgewachsen sein. "
Das wird wohl so sein.
Meine Schwiegermutter ist mit 7 Jahren aus Ostpreussen geflohen und ist im extrem harten Winter 1945 die Strecke von Ostpreussen nach Magdeburg zu Fuss gelaufen. Die Tante meiner Frau und deren Mann haben den Marsch ebenfalls mitgemacht, es gab übelste Erfahrungen mit russischen Soldaten usw usf. Die fanden es auch damals nicht normal, wenn die Mutter vor ihren Augen vergewaltigt wurde.
Wenn die heute dran denken, fliessen sofort die Tränen.
Die sind traumatisiert, auch wenn das aus der relativ sicheren Kalrsuher Ecke nicht so gesehen wird.
Und ich finde auch nicht, dass solche Betrachtungen völlig daneben sind. Wenn man sich das Verhalten dieser Generation aus heutiger Sicht ansieht (oder selbst heute noch mit denen umgeht) ist das durchaus gut zu wissen.
Gruss
Kater
Das ist ein interessantes Phaenomen.
Ich fuehre das darauf zurueck, dass die Kriegsgeneration, die in Deutschland geblieben ist, eben mit der Zeit diese emotionelle Komponente und vor allen Dingen die moralische Komponente aufgenommen hat. Ich sehe das an meinen Bruedern , die eigentlich mit den Jahren wegen dieser Zeit traumatisiert wurden,nicht als ich sie konmtemporaer gesehen habe. Diese emotionell/ moralische Komponente hat mit den 68ern angefangen, meine Brueder waren enthusiastische 68er Grabenarbeiter, also zu einer Zeit, als ich nicht mehr von denen beeinflusst worden bin.
Als ich in den Mitte Sechzigern gelandet bin unter Physikern, der Direktor und seine Frau sind aus gut buergerlichen Verhaeltnissen, als schon bekannte Physiker, Establishment koennte man sagen, 1936 aus Wien verschwunden, als besitzlose Fluechtlinge, nach New York, das zu dem Zeitpunkt alles andere als judenfreundlich war. Well, sie haben sich wieder eine Karriere aufgebaut und er ist Direktor geworden. Fuer seine Frau habe ich Experiment-Komputer entwickelt, und bin damit viel mit ihr zusammengekommen.
Er konnte abschalten, und ist in seiner neuen Karriere aufgewachsen. Sie hat diese Schmach nie ueberwunden, aus ihrem Leben geworfen zu werden und Heimatlos zu werden. Sie war jedoch eine sehr baaknnte Physikerin. Sie ist dann gestorben, immer noch bitter.
Wikipedia sagt nichts, dass er gestorben sei. Also, vermute ich dass er als Pysiker noch in Bookhaven arbeitet. Die Physik war sein Leben. Er ist heute 96.
Ich verfolge die Ereignisse in meinerm ehemaligen Arbeitsplaetzen nicht, nachdem ich fort bin vom Arbeitsplatz. Gehoert zu einer anderen Zeit. Wuerde die Events heute, nachdem sich diese Artbetsplaetze auch kontinuierlich der Zeit anpassen, auch nicht mehr richtig verstehen.
Kodo, ich habe Wikepedia gesagt, weil solche Event, wie geboren, gestorben, und welche Preise bekommen kein Judgement braucht. Da hat Wikipedia recht.
Wenn man Wikipedia ueber das Physiker Ehepar liest, war das ein Leben, das in Friede, Freude, Eierkuchen dahergeplaetschelt ist.
Well, es war anders. Eine Zeitspanne davon kenne ich selbst. Das, Kodo, ist der Vorteil von Erfahrung. Man hat einen Kontext.
Es komtm immer darauf an, ob man sich in den Kontext der Zeit versetzt, an der man sich erinnert.
Was die 68er gemacht haben, die haben diese Kriegs generation an die damalige Zeit erinnert mit ihrem derzeitigen Kontext. Das ist, wie man so sagt "powerful trauma", und das fuehrt zum Schaden.
Nicht das Ereignis selbst schadet emotionell, denn beim Ereignis hat man keine Referenz, was ein "Normales" Leben ist. Das Leben fuer deine Grossmutter war damals genau so normal, als deines heute, aber nach heutigem Kontext war es eben nicht mehr "normal".
"Das Leben fuer deine Grossmutter war damals genau so normal, als deines heute, aber nach heutigem Kontext war es eben nicht mehr "normal"."
Nein, wie ich schon schrieb, galt das nur im relativ sicheren Westen. Es geht hier auch nicht um den Verlust der Heimat. Das ist als Kind relativ egal. Bis ich 9 war bin ich 5 mal umgezogen.
Aber im tiefsten Winter 500km unter Beschuss zu laufen und zuzusehen wie die eigene Mutter vergewaltigt wird, war zu keiner Zeit normal.
Gruss
Kater
Rocky
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14.01.2008 16:31
#6Wenn Geschichtsprofessoren Geschichte schreiben,
Ich moechte sonnenklar machen, wir reden von solchen, die beim Ereignis Kinder waren, nicht von Erwachsenen, die traumatisiert werden von Ereignissen.
Kinder, so ist meine These, nehmen alles, was sie sehen als "normal" auf. Die Traumatisierung kommt mit dem Zueruckdenken ohne den Kontext der damaligen Zeit, sondern den kontemporaeren Kontext anzuwenden.
Das war der 68er Trick, mit dem sie die kriegsgeneration in die Defensive getrieben haben.
Gesunde Kinder sind Dauerlerner. Die halten sich nicht auf mit gut/schlecht/moralisch/unmoralisch Beurteilungen . Sie haben dazu auch noch keinen background als Refernz. Auch sind sie in jeder Sekunde zu busy zum schlicht lernen. Das ist fuer Kinder ein full time Job.
"Kinder, so ist meine These, nehmen alles, was sie sehen als "normal" auf."
Meine These ist, dass das vollkommener Quatsch ist.
Das mag noch bis zu einem bestimmten Grad gelten, z. B. wenn Kinder hart mitarbeiten müssen, um die Familie durchzubringen, in erbärmlichen Verhältnissen leben usw. und wenn sie das bereits in sehr jungen Jahren nicht anders kennenlernen.
Die meisten Kinder, die den Krieg aber wissentlich erlebt haben, sind über diesen Punkt hinaus. Sie haben sich auf einen gewissen Standard eingestellt, sie wissen, wer ihre Eltern sind und entsprechend merken sie, wenn die nicht mehr da sind und leiden darunter. Sie können also durchaus ein "Vorher" und "Nachher" unterscheiden.
Davon abgesehen gibt es natürlich Unterschiede in der Fähigkeit, sich in die Lage anderer zu versetzen. Mein Sohn z. B. hat sehr viel Mitgefühl mit leidenden Tieren, er kann sich (zu?) gut in diese hineinversetzen. Ähnliches gilt auch, wenn er Menschen leiden sieht. Anderen Kindern ist das Leiden anderer dagegen vollkommen egal, die stört es nicht, wenn die Mutter dran ist. Die haben natürlich auch in so einem Umfeld keine Probleme.
Ansonsten haben wir hier wohl eine ähnliche Situation, wie bei der Prügelstrafe. Die ganzen Leute, die behaupten, dass ihren Kindern ein paar Schläge guttun, weil es ihnen selbst schliesslich auch nicht geschadet habe, beweisen mit dieser Aussage das Gegenteil.
"Well, wenn Dein Sohn einen Menschen leiden sieht, dann weiss er doch nicht, wie das der Mensch selbst sieht, oder doch? Es ist doch die Referenz Deines Sohnes, die das Leiden ausmacht. "
Das spielt aber für das Erleben der Situation durch meinen Sohn überhaupt keine Rolle. Der kann trotzdem traumatisiert sein, während andere das eher gelassen sehen. Und es geht ja hier vor allem darum, wie die Kinder das damals erlebt haben.
Mein Eindruck ist sogar, dass die Grossmutter, die damals am meisten auszuhalten hatte, da noch am besten mit klarkam. Die Kinder sind es, die auch heute noch sehr emotional damit umgehen.
Geht mir übrigends ähnlich. Eigene Schmerzen kann ich viel besser vertragen als wenn ich sehe, dass meine Frau welche hat.
Natürlich haben viele Menschen im Krieg schreckliches erlebt wie Katers Grossmutter und tragen das ein Leben lang mit sich herum.
Andererseits wird heute auch übetrieben. Die Kinder werden heute von allen Schlechtigkeiten der Welt abgeschirmt, jedes aus dem Rahmen des Alltagstrotts herausfallende Ereignis oder Erlebnis wird zum behandlungsbedürftigen Trauma hochstilisiert.
Martins << Mich wundert da sehr, dass es noch Grimms Märchen gibt.>> ist ja kein Scherz. In der „modernen“ Pädgagokik der 60er und 70er Jahre gab es ja Bestrebungen, die Märchen neu zu schreiben weil die Originalfassungen oder Geschichten wie Hoffmanns Struwwelpeter oder Buschs Max und Moritz zartbesaiteten Kinderseelen nicht zuzumuten seien.
Nach meinem Gefühl hat das die gleiche Wirkung wie die übertriebene Sagrotan-Hygiene. Hie werden die Kinder anfälliger für Infektionen und Allergien, da sind sie nicht mehr in der Lage seelischen Stress zu bewältigen.
Wenn Kinder so extrem von den Realitäten des Lebens ferngehalten werden, darf man sich auch nicht wundern, wenn sie dann als Pubetrierende nicht mehr Fiktion von der Realität unterscheiden können und Ballerspiele sie möglicherweise tatsächlich überfordern.
Es ist eigentlich erstaunlich, dass Kinder die noch miterlebt haben, wie auf ihren Höfen selbst geschlachtet wurde nicht komplett zu psychopathischen Gewaltverbrechern wurden, sondern diese Erlebnisse ganz offensichtlich seelisch unbeschadet überstanden haben. Wenn ich heute die Zeitung so durchblättere fällt mir auf, dass bei jedem grösseren Unfall heute mehr Notfallpsychologen und –Seelsorger ausrücken als Sanitäter. Aber die können ihre Einsätze ja auch über die KK abrechnen.
FW
Rocky
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15.01.2008 13:41
#10Wenn Geschichtsprofessoren Geschichte schreiben,
F-W schrieb am 14.01.2008 17:21
Es ist eigentlich erstaunlich, dass Kinder die noch miterlebt haben, wie auf ihren Höfen selbst geschlachtet wurde nicht komplett zu psychopathischen Gewaltverbrechern wurden, sondern diese Erlebnisse ganz offensichtlich seelisch unbeschadet überstanden haben. Wenn ich heute die Zeitung so durchblättere fällt mir auf, dass bei jedem grösseren Unfall heute mehr Notfallpsychologen und –Seelsorger ausrücken als Sanitäter. Aber die können ihre Einsätze ja auch über die KK abrechnen.
FW
Das Schlachten wurde in Knielingen noch bis in die 70er praktiziert. Ich war einmal eingeladen von der Schwester meiner Frau, an so einem Schlachtfest teilzunehmen.
Ich muss sagen, das war das kollektiv emotionell gesuendeste Ereignis, das ich je erlebt habe. Klare Zeitplaene , bis auf die Minute, Effizienz, jede Hand wusste was zu tun ist zu welchem Zeitpunkt, Kinder gehoren dazu, die hatten am meisten Spass, und am Ende, als alles versteckelt war und alles blitzsauber war, keine Spur, dass da mal geschlachtet worden ist, ein befreiender Schlachtschmaus mit Kesselfleich usw.
Heute beschaeftigt man, fuer die gleiche kollektive emotionelle Gesundheitsuebung Psychologen, Sozialarbeiter, die alle viel besser bezahlt werden als die Haende damals beim Schlachfest, mit katastrophalen Resultaten. Die Kinder werden noch mehr verbogen, als sie vor der Uebung waren.
Gelöschtes Mitglied
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17.01.2008 12:09
#11Wenn Geschichtsprofessoren Geschichte schreiben,
Rocky schrieb am 14.01.2008 16:31
Ich moechte sonnenklar machen, wir reden von solchen, die beim Ereignis Kinder waren, nicht von Erwachsenen, die traumatisiert werden von Ereignissen.
Kinder, so ist meine These, nehmen alles, was sie sehen als "normal" auf. Die Traumatisierung kommt mit dem Zueruckdenken ohne den Kontext der damaligen Zeit, sondern den kontemporaeren Kontext anzuwenden.
Das war der 68er Trick, mit dem sie die kriegsgeneration in die Defensive getrieben haben.
Gesunde Kinder sind Dauerlerner. Die halten sich nicht auf mit gut/schlecht/moralisch/unmoralisch Beurteilungen . Sie haben dazu auch noch keinen background als Refernz. Auch sind sie in jeder Sekunde zu busy zum schlicht lernen. Das ist fuer Kinder ein full time Job.
Da schließe ich mich Kater an.
Rocky, das ist die falscheste und dümmste Behauptung, die ich jemals von Dir gelesen habe.
Gerade Kinder werden leichter traumatisiert durch Kriege, Gewalttaten, Mißbräuche, Unfälle oder Naturkatastrophen als Erwachsene.
Vielleicht ist das (die Leugnung),
Deine Art, mit Deiner Traumatisierung umzugehen.
Gerade Kinder werden leichter traumatisiert durch Kriege, Gewalttaten, Mißbräuche, Unfälle oder Naturkatastrophen als Erwachsene.
Das ist wieder eine Behauptung von dir, eine These, die nett klingt wie die von Religion und Kunst, aber die du nicht beweisen kannst.
Ich kann genauso behaupten, dass Kinder noch unbelastet und flexibel genug sind, um sich auf ungünstige Lebensumstände einzustellen, schon allein, weil sie es nicht anders kennen.
Gelöschtes Mitglied
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17.01.2008 12:55
#13Wenn Geschichtsprofessoren Geschichte schreiben,
Gerade Kinder werden leichter traumatisiert durch Kriege, Gewalttaten, Mißbräuche, Unfälle oder Naturkatastrophen als Erwachsene.
Das ist wieder eine Behauptung von dir, eine These, die nett klingt wie die von Religion und Kunst, aber die du nicht beweisen kannst.
Ich kann genauso behaupten, dass Kinder noch unbelastet und flexibel genug sind, um sich auf ungünstige Lebensumstände einzustellen, schon allein, weil sie es nicht anders kennen.
Schon mal was davon gehört, dass Erwachsene in jeder Hinsicht, also geistig, seelisch, körperlich voll entwickelt sind; jedenfalls meistens.
Und das Kinder sich mitten in diesen Entwicklungen befinden?
Erfährt das Kind ein Trauma, werden diese Entwicklungen gestört und es kommt oft zu Rückentwicklungen (beispiel: bettnässer).
Und zwar um so mehr, wenn die erwachsenen Bezugspersonen gleichzeitig Schaden nehmen oder sterben oder auch nur nicht gegenwärtig oder gar Auslöser des Traumas sind.
Willst Du etwa behaupten, z.B., sexuelle mißbrauchte Kinder wären flexibel genug, mit den Übergriffen von Erwachsenen umzugehen?
Viele der aus diesen Überlegungen ableitbaren Spätfolgen früherer Traumatisierung
sind inzwischen empirisch belegt:
• Verringertes Hirnvolumen, erweiterte Ventrikel
• Verringerte Dicke des Corpus callosum
• Verringertes Volumen des Hypocampus
• Defizite der Frontalhirnentwicklungen besonders im Bereich der rechten
Hemisphäre
• Defizite auf der Ebene der sensorischen Integrationsfähigkeit, z.B.
Köperempfinden, Schmerzempfinden, Bewegugnskoordination
• Vielfältige Verhaltensstörungen
• Defizite auf der Ebene von Lernen und Gedächtnis
• Dissoziative Symptome
• Gestörte Affektregulation
• Manifestation unterschiedlicher psychiatrischer Störungsbilder: Hyperaktives –
Syndrom, Somatisierungsstörungen, Borderline – Persönlichkeitsstörung,
Drogenabhängigkeit, selbstverletzenden Verhalten, Depressionen,
Zwangsstörungen, Ess – Störungen, Angst – Störungen
Die Behauptung von Rocky, die berühmten 68-er hätten ihren Eltern die Traumata eingeredet, ist ebenso unterirdisch wie die Behauptung, Kinder wären flexibel genu usw.
Allein ein Satz von Rocky ist eine große Weisheit:
Das Leben ist wie es ist, nicht gut, nicht schlecht, nicht falsch, nicht richtig einfach so wie es ist.
"Gerade Kinder werden leichter traumatisiert durch Kriege, Gewalttaten, Mißbräuche, Unfälle oder Naturkatastrophen als Erwachsene."
Also bei der Auswahl an Ursachen würde ich das auch unterschreiben. Eine Hausschlachtung ist ja nun doch etwas anderes. Von daher hinken die Vergleiche.
Wobei man natürlich noch über das Alter der Kinder reden müsste. Ein Säugling wird sich an sowas ja nicht mal mehr erinnern, bei sehr kleinen Kindern ist das wohl ähnlich. Aber ich denke so im Rahmen von 5 - 12 Jahren ist das sicher richtig. Darüber wird es dann interessant.
Die Frage ist natürlich, was überwiegt. Das Alter, der Character oder evtl. auch eine besondere Religiosität. Meiner Tochter würde ich erstmal viel besser zutrauen mit solchen Dingen umzugehen als meiner Frau, wobei ich bei dem längerfristigen Umgang damit keine Voraussage machen würde. Meinen Sohn haut sowas sofort um.
Und wer besonders religiös ist und u. U. sogar darin noch den Wink seines Gottes sieht der dafür zu besonderen Verzückungen im Jenseits qualifiziert (etwas krass asugedückt) mag das noch anders sehen.
"Gerade Kinder werden leichter traumatisiert durch Kriege, Gewalttaten, Mißbräuche, Unfälle oder Naturkatastrophen als Erwachsene."
Und damit klinke ich mich aus dieser Diskussion aus, da die These in jeder Hinsicht so haarsträubend verallgemeinernd ist, dass jedes Wort dazu nur bla bla wäre. Kater hat versucht, zu differenzieren (Alter und Charakter des Kindes, Art des konkreten (!) Ereignisses...). Aber mit dieser Differenzierung funktioniert ja die schöne plakative These nicht mehr.