Ulrich Tilgner hat seinen Vertrag als Leiter des ZDF-Büros in Teheran und Sonderkorrespondent des Zweiten für den Nahen und Mittleren Osten nicht verlängert – um seine journalistische Unabhängigkeit zu wahren. Ab 1. April berichtet der erfahrene wie renommierte Kriegsreporter hauptsächlich für das Schweizer Fernsehen SF. Tilgner sieht die kleine Alpenrepublik als letzte Oase kritischer Berichterstattung. Im Migros-Magazin erklärte der Nahost-Epxerte, er fühle sich in Deutschland in seiner Arbeit zunehmend eingeschränkt, »gerade auch was die Berichterstattung aus Afghanistan angeht, jetzt, wo dort deutsche Soldaten sterben«. Es gebe Bündnisrücksichten, die sich in der redaktionellen Unabhängigkeit der Sender widerspiegelten. Gleichzeitig werde Politik immer mehr in Nischen verdrängt. »In der Schweiz hingegen sind Sendungen wie ›Tagesschau‹ oder ›10vor10‹ Institutionen«, so Tilgner. Dort habe er noch keine Eingriffe in seine Arbeit erlebt
Im Migros-Magazin kritisiert Tilgner die hiesige Berichterstattung über den US-besetzten Irak. Von einer »erfolgreichen Mission« zu sprechen, wie dies – nicht nur amerikanische – Medien immer häufiger täten, sei angesichts von drei Millionen Flüchtlingen und 150000 Ermordeten ein »unglaublicher Zynismus«. »In Bagdad hat nahezu jede Familie Verwandte verloren. Wenn man da von Erfolg spricht, weiß ich nicht, was dann ein Mißerfolg wäre«, so Tilgner.
Quelle: Junge Welt
Schade, in Zukunft gibt's also im Zweiten noch mehr "embäddede" Kriegs-Propagandisten. Heia Safari!
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„Manchen Völkern genügt eine Katastrophe, sie zur Besinnung zu bringen. Deutschen, so scheint es, bedarf es des Untergangs.” --Arthur Moeller van den Bruck
„Wenn man so darüber nachdenkt ist es eigentlich erschreckend, wie wenig Politiker aufgeknüpft werden.” --G. K. Chesterton
„Manchmal frage ich mich, ob die Welt von klugen Menschen regiert wird, die uns zum Narren halten, oder von Schwachköpfen, die es ernst meinen.” --Mark Twain
Klingt für mich nicht überzeugend. Immerhin wird Tilgner durch Antonia Rados ersetzt, eine Journalistin mindestens gleichen Kalibers die auch nicht im Ruf steht, allzu grosse Bündnisrücksichten zu nehmen.
In dem Zusammenhang schrumpelt Tilgners lamoryante Klage über den angeblichen Verlust journalistischer Unabhängigkeit wohl auf internen Personal-/Gehalts-/Karriere-Zoff zusammen.
Ich muss sagen, Tilgner fand ich zwar sehr kompetent aber er hatte auch einen Hang zur Interpretation, um nicht das böse Wort Demagogie benutzen zu wollen. Natürlich ist Beschreibung und Wertung nicht zu trennen, gerade in den Gebieten in denen sich Tilgner journalistisch bewegt, aber bei ihm stand seine Meinung stets im Vordergrund der Reportage. Grundsätzlich ist das auch kein Problem, dann nämlich nicht, wenn man etwa 10 Journalisten mit dem Format und der finanziellen Ausstattung Tilgner gehabt hätte und sich so eine eigene Meinung bilden kann. Aber das ist hier nicht der Fall. Tilgners Berichte haben den Touch von Staatsfernsehen und quasi Regierungsmeinung. Das kann man Tilgner nicht vorwerfen und sein Schritt ist deshalb honorig.
Ich bezweifel deshalb auch, dass es hier um Gehaltsvorstellungen ging (Tilgner berichtete ja bereits seit Jahren auch schon für SFDRS, deshalb glaube ich wird der Schritt Tilgner finanziell eher schaden), er wird einfach seine Meinung nicht mehr 1:1 so durchbekommen haben und das hat ihn gewurmt. Das ZDF hingegen muss schauen, dass sein politisches Erscheinungsbild im Nahen Osten nicht allzu tendenziell ist.
Mit Scholl-Latour gabs dasselbe Problem.