Mehr als dreihundert Grüne kamen zur Mitgliederversammlung in die Aula der Max-Brauer-Schule in Ottensen. Es gab ein Verkehrschaos im Viertel, denn "erstaunlich viele Grüne kamen mit dem Auto." Wie bezeichnend.
Thema des Abends: Soll die Partei die Einladung der Hamburger Union annehmen, sich zu Sondierungsgesprächen zu treffen? Der Termin ist schon ausgehandelt: Es wäre der kommender Mittwoch.
Für die Grünen muss das einer Zerreissprobe gleich kommen. Die Union ist die Partei, die sie jahrelang bekämpft hatten; der Feind Nr. 1. In den Wahlkampf zog man mit rot-grün auf den Fahnen.
Im Gegensatz zu Hessen ist das Klime der politischen Grössen aber nicht vergiftet, somit offen. Ole von Beust hat aus einer schwarz-grünen Allianz nie einen Hel gemacht und Christa Goetsch von der GAL hat das Bündnis zwar nie protegiert aber auch nicht ausgeschlossen. Nun treibt die politische Not zum Bündnis. Aber was sagt die Basis?
Die ersten sieben Redner- und Rednerinnen votieren klar für Gespräche mit der Union, was schon etwas seltsam anmutet, angesichts der Pfiffe während der Wahlsendungen der Öffis bei den Grünen für das gute Resultat der CDU und Applaus bei den Grünen und dem SPD Ergebnis. Erst von der achten Rednerin des Abends war ein striktes Nein zu hören. Sie habe den Wählern im Wahlkampf anderes versprochen und wolle kein grünes Feigenblatt auf schwarzem Grund sein. Als sie dann noch sagte, ihre Partei würde in einer schwarz-grünen Koalition mit der CDU eine 'grün angestrichene FDP' sein, ertönten Buh-Rufe.
Mehr als zweieinhalb Stunden wurde diskutiert. Wie das bei den Grünen so ist, mit gesetzten und ausgelosten Redebeiträgen (alle sieben Kreisverbände kamen zu Wort), streng gegliedert nach Geschlechtern. Schließlich entschied sich die Partei dafür, das Angebot der CDU für Sondierungsgespräche anzunehmen, und gleichzeitig dagegen, mit der SPD und der Linkspartei zu reden.
Schon am Donnerstag wollen die Grünen auf der nächsten Mitgliederversammlung entscheiden, ob die Sondierung mit der CDU ihnen etwas gebracht hat. Dann wird es möglicherweise wirklich ernst für Schwarz-Grün.
Und welche Partei würde von einer schwarz-grünen Kooperation profitieren? Richtig!
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„Manchen Völkern genügt eine Katastrophe, sie zur Besinnung zu bringen. Deutschen, so scheint es, bedarf es des Untergangs.” --Arthur Moeller van den Bruck
„Wenn man so darüber nachdenkt ist es eigentlich erschreckend, wie wenig Politiker aufgeknüpft werden.” --G. K. Chesterton
„Manchmal frage ich mich, ob die Welt von klugen Menschen regiert wird, die uns zum Narren halten, oder von Schwachköpfen, die es ernst meinen.” --Mark Twain
Schwarz-grün gibt es schon lange in vielen Kommunen.
Ein Feinddenken gibt es in unserer politischen Szene nicht; abgesehen von extremen Igitt-Parteien.
Die Grünen sind lange etabliert.
Ihre Wähler sind überwiegend aus dem bürgerlichen Lager.
Schwarz-Grün halte ich für etwas ganz Normales.
Wieso die Linken davon profitieren sollen, erschließt sich mir nicht.
Es gibt zwar wenige Übertritte von den Grünen zur Linken.
Aber das sind Ausnahmen.
Beide Parteien fischen jedoch in völlig verschiedenen Gewässern.
Die Linken schnappen hauptsächlich der SPD Stimmen weg.
Wieso die Linken davon profitieren sollen, erschließt sich mir nicht.
Ökologisch, sozial, pazifistisch, basisdemokratisch - so haben die Grünen mal angefangen.
Übrig geblieben ist davon nichts.
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„Manchen Völkern genügt eine Katastrophe, sie zur Besinnung zu bringen. Deutschen, so scheint es, bedarf es des Untergangs.” --Arthur Moeller van den Bruck
„Wenn man so darüber nachdenkt ist es eigentlich erschreckend, wie wenig Politiker aufgeknüpft werden.” --G. K. Chesterton
„Manchmal frage ich mich, ob die Welt von klugen Menschen regiert wird, die uns zum Narren halten, oder von Schwachköpfen, die es ernst meinen.” --Mark Twain
Kodo schrieb am 02.03.2008 18:15
Wer sich nicht entwickelt, ist schnell weg vom Fenster.
Ob in der Politik oder im Privaten.
Richtig, das gilt dann aber auch fuer eine SPD (und auch gruene Partei), die nicht bemerkt, dass Linkswaehler halt Linkskoalitionen wollen und kein Verstaendnis fuer ideologische (oder gar primaer persoenliche) Anti-Schmuddelkinder-Taktiken haben.
Hamster:
Das Problem ist, dass man sich zwischen den Linken-Wähler entscheiden muss und denen, die bei einer Zusammenarbeit mit der Linken als Wähler verloren gingen. Ist ja nicht so, dass die Linke bei den Politikern verhasst ist. Man will sich nur nicht zu ihnen in die Ecke stellen, weil dann die Mitte zur CDU läuft.
Lexx schrieb am 04.03.2008 02:08
Hamster:
Das Problem ist, dass man sich zwischen den Linken-Wähler entscheiden muss und denen, die bei einer Zusammenarbeit mit der Linken als Wähler verloren gingen.
Sorry, vielleicht falsch ausgedrueckt: Ich meinte wirklich Linkswaehler (alle, die links waehlen) und nicht nur "Linken-Waehler". Solche Waehler wollen halt linke Politik durch linke Parteien oder Koalitionen. Wenn also SPD oder Gruene mit den Rechten, wie Gelb oder Schwarz, koalieren, kann man sie als Linker wohl kaum noch waehlen.
Natuerlich darf die SPD spekulieren, beim Fischen im rechten Teich mehr Waehler hinzuzugewinnen, als sie dadurch an Waehlern im linken Teich verliert. Aber rechts gibts mehr Konkurrenz - und es droht, dass sie damit unglaubwuerdig wird (noch mehr, als durch Hartz und Schroeder).
Zitat:
Ist ja nicht so, dass die Linke bei den Politikern verhasst ist. Man will sich nur nicht zu ihnen in die Ecke stellen, weil dann die Mitte zur CDU läuft.
Die besagte Partei ist schon bei manchen SPDlern verhasst - das ist aber eher eine persoenliche Geschichte als eine sachliche, ideologische o.ae.
Weit oben duerfte mancher wegen Oskar verschnupft sein - und an der Basis wurds oft persoenlich, wenn sich ploetzlich einer als "Abtruenniger" absetzte.
Nun ist also der Koalitionsvertrag ausgehandelt und es sieht so aus, als sei die erste schwarz-grüne Koalition bald in Sack und Tüten. In den einen oder anderen Onlinegazetten wird noch vom Strich geschrieben, den die grüne Basis hier noch durch die Rechnung machen könnte. Aber das ist wenig wahrscheinlich.
Am überraschendsten fand ich die Zahlen des Politbarometers von gestern. Gefragt, was halten sie von schwarz-grün in Hamburg, sagten:
52% gut
19% schlecht
(Rest egal)
Von den Unionsanhängern sagten:
58% gut
19% schlecht
(Rest egal)
Und die besprochene Grünenbasis antwortete:
73% gut
15% schlecht
(Rest egal)
Bisher sah das eher so aus, als ob die Union die Grünen überzeugen müsste. Dabei ist das eher umgekehrt!
Amüsant fand ich gestern das Interview von Künast in den Tagesthemen. Da hat sie erstaunlich oft darauf hingewiesen, dass auf Bundesebene die Sache ja vollkommen anders liege und dort die Positionen von Union und Grünen völlig unvereinbar seien. Dann hat sie drei oder vier Punkte aufgezählt, die sie auch als sie mit der SPD zusammen regierten nicht durchgesetzt haben...
Auch Trittin bläst ja ins gleiche Horn. Am Ende kommt es mir vor, wie wenn außer ein paar Spitzenfundis viele Grüne (und insbesondere deren Wähler) der CDU nicht feindlicher gesonnen sind als der SPD.
Bei den Zahlen des Politbarometers sollte man beachten, dass von Grünen-Anhängern die Rede ist. Nicht von Mitgliedern. Diesen Unterschied halte ich für sehr wichtig.
Ich glaube zwar nicht, dass die HH-Parteibasis ihrer Führung bei der Koalition noch einen Strich durch die Rechnung machen wird, aber so überwältigend wie bei ihren Wählern wird die Zustimmung bei den Mitgliedern nicht werden. Auch wenn mit dem o.k. zu den Koalitionsverhandlungen die Weichen wohl schon gestellt waren.
Ich denke schon, dass die Selbstwahrnehmung der Grünenbasis sich stark von der Aussenwahrnehmung durch Wähler/Anhänger oder auch Nichtwähler unterscheidet. Was der Basis noch grosses prinzipielles Bauchgrimmen bereitet, ist für Aussenstehende zum reinen taktischen Spiel geworden.
Natürlich macht das noch einen Unterschied, aber letztenendes muss sich die Basis nach den Wählern richten und nicht umgekehrt. Und die Grünen sind nicht mehr so fundamentalistisch wie auch schon und nicht mehr gewillt, aufgrund von Grundsatzfragen weite Teile der Wählerschaft zu verprellen.
DP: "Und die Grünen sind nicht mehr so fundamentalistisch wie auch schon und nicht mehr gewillt, aufgrund von Grundsatzfragen weite Teile der Wählerschaft zu verprellen."
Wie ich schonmal gesagt habe: Die Grünen sind pragmatisch.
Und das ist ein großes Plus gegenüber anderen "Profil"-Parteien.
Lexx schrieb am 19.04.2008 08:58
DP: "Und die Grünen sind nicht mehr so fundamentalistisch wie auch schon und nicht mehr gewillt, aufgrund von Grundsatzfragen weite Teile der Wählerschaft zu verprellen."
Wie ich schonmal gesagt habe: Die Grünen sind pragmatisch.
Und das ist ein großes Plus gegenüber anderen "Profil"-Parteien.
Ist das nicht eher opportunistisch!?
Und was ist daran "Plus", wenn man einer Partei nicht ueber den Weg trauen kann, weil sie alle Aussagen vergisst, sobald es um Stimmen geht?
Das kommt darauf an. Ein paar Prinzipien haben die Grünen ja schon. Wenn die verraten würden, wäre es Opportunismus - gegenüber den anderen Parteien. Opportunistisch ist es aber genauso, wenn man einen Standpunkt einnimmt, nur weil man meint, dass er bei den Wählern gut ankommt - Opportunismus gegenüber den Wählern.
"wenn man einer Partei nicht ueber den Weg trauen kann, weil sie alle Aussagen vergisst, sobald es um Stimmen geht? "