Mirk hätte es gefreut; In Frankreich müssen Manager immer häufiger persönliche Übergriffe befürchten. Das Modell "Bossnapping" ist inzwischen zu einem richtigen Volkssport geworden. Die Serie von Geiselnahmen bei Firmenmanagern reißt nicht ab.
Neuestes Beispiel: Angestellte des US-Autozulieferers Molex haben in Südfrankreich zwei ihrer Manager gefangenen genommen, um gegen die für Juni geplante Schließung ihres Werkes mit 283 Beschäftigten zu protestieren. Gewerkschaftsvertreter kündigten in dem Werk in Villemur-sur-Tarn, nördlich von Toulouse, sie würden den Ko-Geschäftsführer der Frankreich-Filiale und die Personalchefin so lange festhalten, bis diese zu Verhandlungen bereit seien.
Der gefangene Ko-Chef Marcus Kerriou lehnte jedoch Gespräche in Gefangenschaft ab. "Wir haben zwei Stunden geschlafen, wir sind müde, aber die Antwort ist Nein, solange wir gegen unseren Willen gefangen gehalten werden." Die Arbeiter fordern unter anderem eine Entschädigung von 100 Millionen Euro, weil Molex ihnen zufolge die Fabrik durch die Übertragung von Know-how auf andere Werke und fehlende Investitionen hat ausbluten lassen.
Vorher hat das sog. Bossnapping Mitte März in einem Werk des japanischen Elektronikkonzerns Sony begonnen. Es folgten Manager-Geiselnahmen beim US-Mischkonzern 3M, beim US-Baumaschinenhersteller Caterpillar, dem britischen Klebebandherstellers Scapa und beim französischen Autozulieferer Faurecia. Caterpillar hatte sich erst am Montag bereiterklärt, nach gewaltsamen Protesten weniger Stellen als geplant zu streichen. Arbeitgebervertreter fürchten, dadurch könnten die Mitarbeiter anderer Firmen zu drastischen Maßnahmen ermutigt werden. (aus sueddeutsche.de)
Nun, grundsätzlich stelle ich mir unter sozialem Dialog etwas anderes vor aber selbst wenn Bossnappings auch zum Erfolg führen; wer so konfrontativ miteinander umgeht braucht sich nicht zu wundern wenn das Management dann jeden erdenklichen Trick anwendet, um die Mitarbeiter wiederum zu benachteiligen wo es geht.
"wer so konfrontativ miteinander umgeht braucht sich nicht zu wundern wenn das Management dann jeden erdenklichen Trick anwendet, um die Mitarbeiter wiederum zu benachteiligen wo es geht. "
Also ich will diesen Aktionen jetzt nicht zustimmen, aber hier verdrehst Du die zeitlichen Abläufe der Geschehnisse doch etwas.
Du bist also der Meinung, das Management ist allein dazu da, arbeitnehmerfreundliche Arbeitsplätze zu gestalten? Jede Form von Rationalisierung oder des Arbeitsplatzabbaus, weil vielleicht nicht mehr genügend Arbeit vorhanden ist, ist abzulehnen?
Die Franzosen haben nunmal eine ganz andere öffentliche Streitkultur als wir.
Ich habe mir mal überlegt, in welchen Grenzen ich das gerechtfertigt fände:
1. Es gibt einen objektiven und großen Misstand im Unternehmen, der konkret auf die Verantwortung des betroffenen Managers zurückzuführen ist.
2. Die menschlichen Grundbedürfnisse an Nahrung, persönlicher Hygiene, Kommunikation und Schlaf sind jederzeit in vollem Umfang erfüllt
3. Die Aktion dauert für den Betroffenen maximal 24 Stunden.
Alles darüber hinausginge, wäre nach meiner Auffassung dann Sache des Staatsanwaltes.
Nee Spock, auch dann wäre es Freiheitsberaubung. Deine Kriterien sind ja völlig willkürlich. Wer entscheidet denn was ein 'objektiv grosser Misstand' ist? Die Gewerkschaft? Das Kommittee der grossen Gerechtigkeit? Die Frau von Reverent Lovejoy?
Wer entscheidet denn was ein 'objektiv grosser Misstand' ist?
Ja, ich weiß, das ist der Knackpunkt an meiner Checkliste. Damit müsste das auf jeden Fall erstmal vor Gericht, weil der Frau von Reverend Lovejoy kann man das nicht auch noch aufhalsen.
DP schrieb am 21.04.2009 17:19
Du bist also der Meinung, das Management ist allein dazu da, arbeitnehmerfreundliche Arbeitsplätze zu gestalten? Jede Form von Rationalisierung oder des Arbeitsplatzabbaus, weil vielleicht nicht mehr genügend Arbeit vorhanden ist, ist abzulehnen?
Woher erkennst du das ?
Du suggerierst, dass die MA die Manager aus Jux und Tollerei als Geiseln genommen haben, und dann die Manager mit Werksschliessungen reagiert haben.
Aber Tatsache ist nun mal, dass ERST die Manager die Schliessung des Werkes beschlossen haben und DANN die Mitarbeiter sie als Geiseln genommen haben.
Und es gibt sicher viele Fälle, wo diese Werksschliessungen nicht nur aus Sicht der AN, sondern auch der Aktionäre äusserst fragwürdig sind. Eine Rationalisierungsmassnahme ist nicht alleine deswegen sinnvoll, weil sie ein Manager beschlossen hat.
Ich hab mir mal sagen lassen, dass Nötigung in Frankreich nicht strafbar ist. Das war, als die Bauern mit ihren Treckern die Straßen blockiert hatten. Weiß nicht ob das (noch) stimmt, aber wenn, spräche es ebenfalls für diese "andere Streitkultur".
kater_5 schrieb am 21.04.2009 20:08
Eine Rationalisierungsmassnahme ist nicht alleine deswegen sinnvoll, weil sie ein Manager beschlossen hat.
Doch genau das. Ein normales Unternehmen ist schliesslich aus gutem Grund kein direktdemokratischer Laden in dem per Voting der MA die Firma geführt wird. Dafür ist das Management da.
Woraus liest du denn nun das wieder? Ich sage nur, dass per Definition jeder strategische Entscheid im Unternehmen der vom Management gefällt wird sinnvoll ist, sprich einer Abwägung oder Analyse entspringt. Ob er sich dann auch als richtig erweist steht auf einem ganz anderen Blatt und kann neben externen Faktoren wie unvorhergesehenen Kosten auch internen wie z.B. die Inkompetenz eines Teils des Managements beinhalten. Meist ist es ja ein Mix aus allem. Aber dass (um aufs Thema zurückzukommen), eine ganze Werksschliessung oder Massenentlassungen oder andere weitreichende Umstrukturierungen durchgeführt werden allein beruhend auf den Verfehlungen einzelner Mitarbeiter glaube ich einfach nicht. Und gehäuft und gerade in Frankreich wäre auch recht zufällig.
"Ich sage nur, dass per Definition jeder strategische Entscheid im Unternehmen der vom Management gefällt wird sinnvoll ist,"
Dann scheinen wir grundsätzlich andere Definitionen von "sinnvoll" zu haben.
Ich würde allenfalls zustimmen, wenn man schriebe "sinnvoll erscheint".
"wie unvorhergesehenen Kosten"
Das macht die Strategie des Bossnapping ja schon wieder sinnvoll. Man erhöht die unvorhergesehenen Kosten so weit, dass es billiger ist, die Fabrik weiter zu betreiben.
"Aber dass (um aufs Thema zurückzukommen), eine ganze Werksschliessung oder Massenentlassungen oder andere weitreichende Umstrukturierungen durchgeführt werden allein beruhend auf den Verfehlungen einzelner Mitarbeiter"
Das passt aber nicht zu Deiner Aussage, dass jede Entscheidung des Managements sinnvoll ist. Diese Entscheidung trifftletztlich nur eine Person, wenn diese fehlt, ist die Entscheidung für die Tonne. Dass das mehr als einmal vorkommt, ist ja nicht so unwahrscheinlich.
Dazu sind Manager ja Moden unterworfen. wenn einer Mist baut, machen alle anderen das nach, vorausgesetzt es steht in der richtigen Zeitung.
Das passt aber nicht zu Deiner Aussage, dass jede Entscheidung des Managements sinnvoll ist. Diese Entscheidung trifftletztlich nur eine Person, wenn diese fehlt, ist die Entscheidung für die Tonne. Dass das mehr als einmal vorkommt, ist ja nicht so unwahrscheinlich.
Du verwechselst ´Entscheidungen treffen´ mit ´klugscheissern´. Das eine passiert immer im vor- das andere im nachhinein.