Das US-amerikanische GPS bekommt Konkurrenz: Mit insgesamt 30 Satelliten soll Galileo ab 2013 genauer sein, vielfältigere Möglichkeiten anbieten – und wird anders als GPS unter ziviler Leitung stehen. Kosten: 3,4 Milliarden Euro.
Erstmals wird ein solches Milliarden-Projekt unter der Leitung der EU-Kommission sowie der Mitgliedstaaten und des EU- Parlaments verwirklicht. Als Bauleiterin wird die europäische Weltraumagentur ESA für die Ausschreibung und Vergabe der Aufträge zuständig sein.
Ist ja schon ordentlich Geld, was es kostet. Die Ortungsgenauigkeit soll dem Vernehmen nach deutlich über der des US-Systems GPS liegen, womit sich ganz neue Anwendungen erschließen.
Die Genauigkeit ist ein interessantes Thema. Für zivile Zwecke stellt GPS eine niedrigere Genauigkeit zur Verfügung. Das US-Militär bekommt dagegen ein paar Meter. Ob Gallleo nochmal grundsätzlich besser ist, weiß ich aus dem Gedächtnis nicht. Vielleicht kann uns jemand aufklären.
Goleo war das Fussball-WM Maskottchen. Dessen Produzent ist pleite gegangen und weist damit Übereinstimmung mit dem privaten Betreiberkosortium von Galileo auf, das ja auch das zeitliche gesegnet hat.
Wieso ist Goleo genauer? Das US-Verteidigungsministerium hat in 2000 die Signalverschlechterung abgeschaltet, seitdem sind 3-5m Genauigkeit Standard. Noch besser geht es mit DGPS-Diensten. Ohne diese Abschaltung wären die meisten heutigen GPS-gestützen Dienste gar nicht möglich.
Möglicherweise war die Massnahme des Verteidigungsministeriums eine Reaktion auf den Galileo-Beschluss um das Unternehmen möglicherweise noch zu torpedieren, wer weiss?
Auf jeden Fall hat sie zu den Schwierigkeiten des kommerziellen Galileo Projekts geführt. Warum sollen GPS-Nutzer noch zu den gebührenpflichtigen Galileo-Diensten wechseln, wenn GPS das gleiche kostenlos liefert? Von den Hardwareumrüstungen ganz zu schweigen. Zusätzlich sind die Russen und die Chinesen an ähnlichen Projekten dran, die Konkurrenz für Satelliten-Navi wird also steigen.
Auch wenn die Verkehrsminister Galileo mit Getöse aus der Taufe gehoben haben, die treibende Kraft hinter dem Projekt und der Übernahme der Kosten durch den EU-Agraretat sind wohl die Verteidigungsminister gewesen, die die Abhängigkeit vom US-GPS beenden wollen.
Ackerschlepperhersteller bieten die Ausrüstung mit Navis mit einer Genauigkeit von +/- 2cm an, damit bei der Aussaat keine Furche verloren geht. Das Navi steuert den Schlepper selbsttätig wie ein Autopilot.
Die Grundgenauigkeit von Galileo wird in der Tat geringfügig besser sein als die von GPS - der normale User wird davon aber nichts bemerken.
GPS hat verschiedene Frequenzen (L1, L2 und L5 genannt), wobei der "zivile" Code (C/A = coarse acquisition) ja ursprünglich nur dazu gedacht war, den militärischen (ehemals P= precision) schneller verfügbar zu machen.
Wen's interessiert, L1 ist 1575,42 MHz, L2 1227,60 Mz und L5 ist 1175,42 MHz.
Allerdings ist GPS ein System, das sich sehr schnell weiterentwickelt und das mit jeder neuen Satellitengeneration neue Dienste einführt. Derzeit sind das C/A- und P(Y)-Code auf L1 und L2. Demnächst wird der c/A-Code auf L2 von einem neuen zivilen Code, C-Code genannt, abgelöst. P(Y) ist der seit einiger Zeit eingeführte, besser verschlüsselte P-Code. Dann werden 2-Frequenz-GPS-Empfänger auch 2-Frequenz-Galileo-Empfängern in nicht viel nachstehen. GPS liefert demnächst auch einen neuen militärischen Code, den M-Code, dessen Verwendung aber noch strenger limitiert ist als bisher schon P(Y)
Galileo arbeitet auf 3 Frequenzen, E1, E5 und E6. E1 und L1 von GPS sind übrigens exakt gleich. Einer der Vorteile von Galileo ist sicherlich, dass die Umlaufbahnen höher sind und damit die Empfangsmöglichkeiten im hohen Norden besser sein werden als mit GPS alleine.
Wie gesagt, E1 = L1 = 1575,42 MHz, E5 1191,795 MHz und E6 1278,75 MHz. Da bei Galileo auch die Seitenbänder unterschiedliche Signale haben, spricht man zumindest bei E5 von E5a/b.
Bei Galileo gibt es prinzipiell 3 verschiedene Dienste, OS (=Open Servive), SOL (= Safety of Life) und PRS (=Public Regulated Service).
OS ist für alle zugänglich und wird auf E1 und E5 verbreitet und entspricht in etwa dem C/A bzw. C-Code von GPS, SOL ist ein Dienst, der 2-Frequenz-Empfänger voraussetzt und ein paar Besonderheiten aufweist, PRS ist ein verschlüsseltes Signal, mit dem Galileo auch Geld einspielen soll.
Es wird sicherlich in wenigen Jahren für die üblichen Anwendung fast ausschließlich Mehr-Signal-Empfänger geben, denn auch das chinesische COMPASS-System wird auch hauptsächlich auf L1 verbreitet werden.....
Der Vorteil für den Anwender wird z.B. sein, dass mit mehreren Systemen bei schlechten Empfangsbedingungen (man stelle sich die berühmte Strassenschlucht vor) schlicht mehr Satelliten als bisher zu empfangen sein werden.
Im Übrigen sind die Fertigstellungkosten von jetzt ab mit 3,4 Mrd € zu beziffern (wird - natürlich - noch deutlich teurer werden), die EU hat über die ESA und das GJU (Galileo Joint Undertaking - warum mußte ich dabei immer an undertaker = Totengräber denken???) schon eine Menge Geld ausgegeben. Das GJU ist, aus welchen Gründen auch immer, vor einiger Zeit von der GSA (Galileo System Agency ??) abgelöst worden, die jetzt federführend in Bezug auf Galileo ist.
Das ist ja (fast) besser als ein Lexikon!
Danke für die Infos, WRL.
Ich ergänze das mal aus Wikipedia:
Die "Menge Geld", die bereits ausgegeben wurde sind 1,5 Mrd. €. Wohl auch ein Grund, warum man das Projekt unbedingt vollenden wollte.
"Galileo wird, entgegen früheren Planungen, zumindest zu dem dann modernisierten NAVSTAR-GPS-System (GPS III; ab 2010) kompatibel sein."
"Folgende Staaten außerhalb der Europäischen Union beteiligen sich ebenfalls:
* China ist mit 280 Mio. Euro am Projekt beteiligt, ein gemeinsames Trainingszentrum für Satellitennavigation wurde an der Pekinger Universität eröffnet.
* Indien konnte im Januar 2004 Verhandlungen aufnehmen, und im September 2005 wurde eine Übereinkunft über Zusammenarbeit unterzeichnet. Im Oktober 2006 hatte Indien allerdings die Zusammenarbeit und die angebotene Mitfinanzierung von 300 Mio. Euro aufgrund sicherheitsrelevanter Aspekte wieder in Frage gestellt. (Siehe auch IRNSS.)
* Israel
* Marokko
* Saudi-Arabien
* Schweiz (Mitglied der ESA) mit 30 Mio. Euro und liefert die extrem genauen Rb- u. H-Maser-Atomuhren
* Norwegen (Mitglied der ESA)
* Südkorea
* Ukraine
Folgende Staaten verhandeln über eine Teilnahme (nach Alphabet):
* Argentinien
* Australien (Stand 2007-01)
* Brasilien
* Chile
* Kanada
* Malaysia
* Mexiko
* Russland "
Gelöschtes Mitglied
Beiträge:
01.12.2007 02:13
#8EU baut eigenes Satellitennavigationssystems auf
"China ist mit 280 Mio. Euro am Projekt beteiligt, ein gemeinsames Trainingszentrum für Satellitennavigation wurde an der Pekinger Universität eröffnet."
Für diese vergleichsweise lächerliche Summe hat China den Zugang zu praktisch allen Galileo-Daten bekommen. Sie arbeiten seit einiger zeit an ihrem eigenen System, COMPASS, das ebenfalls auf L1/E1 senden wird (und auf E5 - wenn ich mich nicht irre) Galileo gewaltig Konkurrenz machen wird. Frequenz- und Modulationsartenvergleiche zeigen, dass COMPASS offensichtlich Galileo und nicht GPS rein physikalisch das Leben schwer machen will...
Daneben darf man natürlich nicht das russische system GLONASS vergessen. Im Gegensatz zu den anderen Systemen sendet derzeit jeder GLONASS-Satellit auf einer eigenen Frequenz. Dies soll aber in einigen Jahren geändert werden. GLONASS wird derzeit heftig aufgerüstet, gerzeit sind 15 (oder 18?) Satelliten im Orbit, bis Ende des Jahres sollen noch 3 dazu kommen. Präzisionsempfänger sind heute schon sehr oft GPS/GLONASS-Empfänger, weil man gerade unter schwierigen Empfangsbedingungen damit hervorragende Ergenbnisse erzielen kann.
Eigentlich sind solche Systeme mit 5mrd € gar nicht so teuer, wenn man es mal mit anderen Technologie- oder Infrastrukturprojekten vergleicht. Wie Transrapid oder auch nur die Autobahnen und andere Logistikhardware wie Brücken, Tunnel oder auch Flugzeuge und Schiffe.
So kostet der St. Gotthard Basistunnel nach heutigem Stand ca. 14 Mrd Euro, der Eurotunnel hat 15 Mrd. gekostet die auf 50 bzw. 57 km vergraben wurden/werden und "nur" regionale Verkehrsprobleme lösen.
Auch in Bezug zur Grösse der beteiligten Volkswirtschaften handelt es sich eigentlich nur um Peanuts. Oder im Vergleich zu konsumptiven Haushaltsposten, wie z.B. dem europäischen Agraretat, aus dessen Einsparungen von ganz wenigen Jahren Galileo ja schliesslich auch finanziert wird.
Es wäre ein Witz, wenn Galileo aus Kostengründen scheitert, selbst wenn die Kosten noch auf das doppete ausreissen sollten.
FW
Gelöschtes Mitglied
Beiträge:
01.12.2007 18:11
#11EU baut eigenes Satellitennavigationssystems auf
- Es werden landläufig nur die funktionierenden gezählt
- Ich war bis vorgestern auf einer Konferenz, bei der GPS, Galileo und Glonass ein sehr wichtiges Thema waren; die Meldung von den 15/18 stammt von den Glonass-Betreibern und wenn ich richtig hingehört habe dann sind es 18 zum Ende des Jahres.
Kleine Spitze am Rande: Ein paar führende Wissenschaftler scheiterten an der US-Visa-Behörde, entweder hatten sie die Visa-Anträge reichlich spät eingereicht oder (definitiv in einem Fall) wurde der Antrag so lange zwischen verschiedenen Dienststellen hin- und hergeschoben, bis der gute Mann die Lust verloren hat und zu Hause geblieben ist.
Gruß
WRL
Gelöschtes Mitglied
Beiträge:
01.12.2007 18:16
#12EU baut eigenes Satellitennavigationssystems auf
Anonymer User schrieb am 01.12.2007 18:11
Kleine Spitze am Rande: Ein paar führende Wissenschaftler scheiterten an der US-Visa-Behörde, entweder hatten sie die Visa-Anträge reichlich spät eingereicht oder (definitiv in einem Fall) wurde der Antrag so lange zwischen verschiedenen Dienststellen hin- und hergeschoben, bis der gute Mann die Lust verloren hat und zu Hause geblieben ist.
Gruß
WRL
So ähnlich wie bei den wegen Vis-Problemen zu Hause gebliebenen OSZE-Wahlbeobachter in Russland?
F-W schrieb am 01.12.2007 12:03
Es wäre ein Witz, wenn Galileo aus Kostengründen scheitert, selbst wenn die Kosten noch auf das doppete ausreissen sollten.
ITER wurde rund 15 Jahre verzögert, weil ein paar Mrd. gefehlt haben - und da sind ja auch nicht gerade wenige beteiligt. Beinahe wäre das Dingens gecancelt worden.
Die Priorisierung der Politik ist meist doch unverständlich.
WRL:
Also entweder sind es 21/24 oder du solltest den Wikipedia-Artikel mal korrigieren: "Vollausbau (1996) mit 24 Satelliten (21 Standard + 3 Reservesatelliten),"
"Also entweder sind es 21/24 oder du solltest den Wikipedia-Artikel mal korrigieren:
"Vollausbau (1996) mit 24 Satelliten (21 Standard + 3 Reservesatelliten),"
Erstens denke ich nicht im traum daran, irgend etwas in Wikipedia zu korrigieren, zweitens wurde der Vollausbau von Glonass niemals erreicht und drittens funktionieren Satelliten dieser Art, die 1996 im Orbit waren, überwiegend heute nicht mehr.
Bin ab Mittwoch wieder in D und werde, wenn ich ausgeschlafen habe, mal in meinen Unterlagen im Büro nachschauen.