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Dieses Thema hat 7 Antworten
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Frank2000 Offline

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Beiträge: 242

12.03.2008 11:44
DIW-Studie zur Einkommensverteilung Antworten
Eine Studie des DIW hat ziemliches Medienecho erzeugt: die Mittelschicht schrumpfe, so die Medien, und gleichzeitig gehe es den Deutschen immer schlechter und überhaupt wäre Marktwirtschaft böse. Einfach mal googeln nach "Mittelschicht schrumpft". Beispiele sind:

rp-online: Soziale Ungleichheit: Mittelschicht schrumpft - Spitzenverdiener legen zu
SPOn: UNGLEICHHEIT Deutschlands Mitte schrumpft dramatisch - Top-Verdiener legen zu
Frontal 21: Mittelschicht: Streiks gegen den Abstieg

Da sich alle Medien samt und sonders auf eine einzige Quelle beziehen (die DIW-Studie) können wir getrost 99% des medialen Donnerhalls ignorieren und uns direkt mit dem Original beschäftigen:

http://www.diw.de/documents/publikationen/73/79586/08-10-1.pdf

Ich finde es immer wieder bedrückend, wie ausgehend von einer EINZIGEN Quelle die Tagesmedien einen Feldzug starten und die unbedarften Leser zum Schluss kommen müssen, da müsse was dran sein - wenn´s doch alle schreiben... man, wir bräuchten so dringend Medienerziehung in der Schule...

Ich muss mir die Studie erst in Ruhe durchlesen, bevor ich dazu etwas sagen kann. Aus dem Bauch heraus ist erkennbar, dass die Einkommensspreitzung zugenommen hat - aber das allein sagt noch gar nichts über den realen Wohlstand der Deutschen aus. Denn bekanntermaßen ist das Einkommen in Kuba und Nordkorea viel gleicher verteilt als in Deutschland - aber die wenigstens wollen dort freiwillig leben, weil es zwar allen gleich geht, aber eben gleich dreckig.
Nur als Beispiel, an welchen Stellen man ganz genau hinsehen muss: es wird in den Medien vom "dramatischen schrumpfen der Mittelschicht" gesprochen. Aber diese Aussage impliziert, dass die Gesamtemntwicklung von 64% zu 59% schlecht wäre (was von diesen Prozentzahlen zu halten ist, ist noch zu prüfen - nehmen wir sie jetzt mal hin).
Aber das ist schlicht falsch: etwa weniger als die Hälfte des "Schrumpfens" geht auf eine AUFSTIEG zurück, soll heissen: den Leuten ging´s besser, sie verdienten mehr als vorher und zählen deswegen nicht mehr zur Mittelschicht, sondern zur Oberschicht.
In der medialen Darstellung wird dieser Aufstieg aber zum Problem, weil die Mittelschicht ja "schrumpft". Solche Formulierungen sind schon nicht mehr links angehaucht; das ist an sich schon Sozialismus pur: niemand darf mehr verdienen als vorher, weil dann die "Gleichheit" gefährdet würde.

Selbst dem unbedarftem Leser fällt außerdem in den statistischen Diagrammen die Wirkung der Wiedervereinigung auf, dieser Punkt wäre also gesondert zu untersuchen.

Das nur für den Anfang.
Ich melde mich wieder, wenn ich die Studie in Ruhe gelesen habe.
MfG Frank
DP Offline



Beiträge: 5.248

12.03.2008 12:16
DIW-Studie zur Einkommensverteilung Antworten
Ich muss mir das auch erst noch durchlesen. Vielleicht könnte man zu Anfang mal definieren, was ist überhaupt Mittelschicht und definiert die sich absolut oder relativ? Typisches Beispiel ist hier die Definition für Armut. Ich habe neulich auf so einer Grünen Seite gelesen, dass jeder 6. Haushalt in der Schweiz unter der Armutgrenze ist. ?? Man nachgeschaut kam heraus, dass Armut definiert wurde mit einem Einkommen von unter 50% des Durchschnitts. Danach wäre in der Gruppe der 1000 Forbes Milliardäre das untere Drittel dann auch verarmt.
Lexx Offline



Beiträge: 3.730

12.03.2008 12:49
DIW-Studie zur Einkommensverteilung Antworten
DP:
Das Problem bei solchen Dingen ist, dass die Leute Zahlen wollen. WIEVIELE sind denn arm?

Sowas würdest du hier auch fragen, wenn es darum geht, dass die Armut zugenommen hat. Also müssen messbare Kriterien her. Hinter der 50%-Grenze steckt natürlich die Annahme, dass das Preisniveau/die Lebenshaltungskosten mit dem Durchschnittsverdienst korrellieren und diejenigen unter der 50%-Grenze daher wesentlich vom Gesellschaftsleben abgeschnitten sind und sich nur wenig Konsum leisten können - eben arm sind.

Ich vermute mal, die Mittelschicht wird ähnlich definiert - Durchschnittslohn ±x%.

Übrigens dazu passens ist die Auswertung des Steuerzahlerbundes, nach dem die Steuerbelastung seit 1990 für die Mittelschicht um knapp 10% gestiegen ist, während die hohen und die niedrigen Einkommen entlastet wurden.
kater_5 Offline

Besucher

Beiträge: 1.018

12.03.2008 13:07
DIW-Studie zur Einkommensverteilung Antworten
Nun, wenn ich mir die Abbildung 4 ansehe, spielt es eigentlich gar keine Rolle, wo man die Grenze nun zieht. Es fällt auf, dass die Kurven auf der linken Seite ein deutlichen Rechtsschwenk machen, also der Zahl der Leute mit eher niedrigen Einkommen deutlich zunimmt, während sie auf der rechten Seite insgesammt längst nicht so stark wächst, wobei es eine erhebliche Steigerung im Bereich über 200% gibt.

D. h. wer tendentiell im unteren Mittelfeld war, ist eher abgerutscht, und das obere Mittelfeld und die Reichen haben ihre Position leicht ausbauen können. Die Wahrscheinlichkeit aus dem Mittelfeld abzurutschen ist jedenfallls deutlich stärker als die Wahrscheinlichkeit aufzusteigen.

Und ich würde derzeit nicht daon ausgehen, dass das daran liegt, dass die Durchschnittsgehälter so exorbitant gestiegen sind.

Gruss
Kater

kater_5 Offline

Besucher

Beiträge: 1.018

12.03.2008 13:15
DIW-Studie zur Einkommensverteilung Antworten
Übrigends ein interessanter Beitrag aus der Wirtschaftswoche dazu. Die schreiben, dass die enorme Zunahme der unteren Einkommensgruppen vor allem am drastisch gestiegenen Anteil an Frauen liegt, die überwiegendTeilzeit arbeiten und früher nicht gearbeitet haben.

Damit ziehen die zum einen den Durchschnitt runter und zum anderen sorgen sie für einen deutlichen Anstieg im unteren Bereich.

Gruss
Kater
MartiS2 Online



Beiträge: 7.145

13.03.2008 08:35
DIW-Studie zur Einkommensverteilung Antworten
Ich bin bereits in der Fußnote auf Seite 1 hängengeblieben: Hier werden nicht tatsächliche Einkommen verglichen, sondern sogenannte Äquivalenzeinkommen, d.h., das Haushaltseinkommen wird geteilt durch 1 + 0,5*Personen >=14 + 0,3*Personen <14 (die Fußnote deckt Personen zwischen 14 und 18=erwachsen nicht ab). Das heißt, dass zwei kinderlose in einem Haushalt Lebende ein höheres Einkommen haben als zwei in getrennten Haushalten Lebende, usw. Ist da nicht das Potential für einige Prozentpunkte Verzerrung je nach Demographie und Verhalten in Bezug auf das Zusammenleben?

Dazu kommt ein fiktives Einkommen, das für selbstgenutzten Wohnraum angesetzt wird. Wenn also ein bisheriger Mieter eigenen Wohnraum anschafft, und die Miete in Zins und Tilgung eines Darlehens steckt, steigt sein Äquivalenzeinkommen.

Nichts gegen Standardisierung der Einkommensvergleiche, aber wenn schon, dann sollten potentielle Einflussfaktoren aus der Standardisierung deutlicher diskutiert werden.

Gruß, Martin
Gelöschtes Mitglied
Beiträge:

15.03.2008 10:26
DIW-Studie zur Einkommensverteilung Antworten

Zitat:

kater_5 schrieb am 12.03.2008 13:15
Übrigends ein interessanter Beitrag aus der Wirtschaftswoche dazu. Die schreiben, dass die enorme Zunahme der unteren Einkommensgruppen vor allem am drastisch gestiegenen Anteil an Frauen liegt, die überwiegendTeilzeit arbeiten und früher nicht gearbeitet haben.

Damit ziehen die zum einen den Durchschnitt runter und zum anderen sorgen sie für einen deutlichen Anstieg im unteren Bereich.

Gruss
Kater




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